Cachalot
tadelt sie jetzt das Kind. Sie versucht es vor den bösen Einflüssen menschlicher Geschöpfe fernzuhalten.«
In dem Augenblick tauchte eine riesige Masse neben dem Schiff auf. Ein mächtiger Schädel, größer als die meisten Geschöpfe, die je auf der Erde oder in ihren Gewässern gelebt hatten, ragte über die Wellen auf. Cora erkannte sofort die Narben und Runzeln, die ihn wie die Markierungen an einem uralten Baum durchzogen.
»Sei gegrüßt, Alter«, rief Mataroreva, der ihn ebenfalls erkannte.
»Mensch Ich Kenne Dich«, sagte eine laut hallende, seufzende Stimme in Coras Ohr. Das Auge unmittelbar über dem runzligen Kiefer blitzte über der Reling. »Ich Kenne Die Meisten Von Euch. Wir Haben Vor Nicht Langer Zeit Mit Wenig Sinn Miteinander Gesprochen.« Knollenkiefer hielt inne und überlegte, wie er fortfahren sollte.
»Wir Haben Damals Alles Gesagt, Was Zu Sagen War. Warum Störst Du Uns Schon Wieder?« Niemand konnte das Drängen in seiner Stimme verkennen, noch die angedeutete Drohung, die dahinterstand. Aus normal catodontischer Gleichgültigkeit drohte Verärgerung zu werden.
»Du Stellst Die Geduld Der Herde Auf Die Probe. Wir Werden Nicht Mehr Mit Euch Sprechen. Geht – Jetzt!« schloß er entschieden. »Sonst Übernehmen Wir Keine Verantwortung Mehr. Wir Kennen Die Gesetze Und Werden Sie Gebrauchen! Und Verlasse Dich Auch Nicht Auf Deine Kleinen Diener, Daß Sie Dir Helfen. Sie Sind Weit Von Diesem Ort Entfernt Und Würden Dir, Selbst Wenn Sie Könnten, Nicht Helfen, Denn Auch Sie Kennen Die Gesetze.«
»Gegen was sollten sie uns denn helfen?« fragte Mataroreva mit einer Gelassenheit, die er nicht empfand. »Wenn wir keine Freunde sind, sind wir zumindest keine Feinde, denn wir haben euch nichts zuleide getan.«
»Du Unterbrichst Gedanken. Du Durchbrichst Ein Gespräch. So Wie Du Es Mit Diesem Jungen Getan Hast, Verlängerst Du Die Große Reise!« ereiferte sich der erzürnte alte Wal.
»Das wissen wir, und es tut uns leid«, erwiderte Mataroreva schnell. »Wo wollen bloß…«
Ein mächtiges Paar Schwanzflossen klatschte in gefährlicher Nähe des Schiffes auf die Wellen und überschüttete alle an Bord mit Wasser. »Keine Reden Mehr! Keine Zeitvergeudung Mehr! Das Leben Ist Kurz!« Cora überlegte, wie die Catodonten wohl die Zeit empfinden mochten. Schließlich konnte ein gesunder Angehöriger ihrer Spezies mehr als hundert Jahre alt werden, so wie dieser Patriarch es wahrscheinlich bereits war.
»Wir Gehen Auf Diese Seite Des Lichtgebers, Geht Ihr Die Entgegengesetzte Richtung. Jetzt!«
»Das genügt«, brummte Hwoshien so, daß der Translator es nicht übertragen konnte. »Wir müssen uns eine andere Herde zur Befragung suchen oder ganz woanders nachsehen.« Dann rief er enttäuscht zum Rudergänger: »Langsame Drehung nach Steuerbord und Viertelgeschwindigkeit voraus!«
»Ja, Sir«, bestätigte der Rudergänger; man brauchte ihn nicht zu überreden, diesem Befehl nachzukommen.
»Warten Sie!« bat Cora den Kommissar. »Wir dürfen nicht so schnell aufgeben. Wir müssen nur noch ein oder zwei Fragen stellen.«
»Ein vernünftiges Risiko gehe ich ein«, erwiderte er vorsichtig, »so zum Beispiel das, daß wir in den Bereich dieser Herde eindringen. Eine Warnung, wie wir sie gerade empfangen haben, schlage ich jedoch nicht in den Wind.« Hinter ihnen heulten die Maschinen auf.
Sie sah Mataroreva hilfesuchend an, fand aber auch dort keine Unterstützung. »Er hat recht, Cora.« Er wandte sich von ihr ab und meinte zu seinem Vorgesetzten gewandt: »Vielleicht bekommen wir die Chance und entdecken eine isolierte…«
Cora blickte wild in die Runde. Überall waren die Matrosen damit beschäftigt, den Kurswechsel vorzubereiten. Mataroreva unterhielt sich mit leiser Stimme mit Hwoshien. Rachael strich über ihr Neurophon und redete mit Merced. Nur Dawn schien unbeschäftigt und starrte interessiert zur Herde hinüber, sah Cora nicht.
Enttäuschung, Verlust, Silvio, Rachael, Stolz, und der ewig brennende Drang, die Ignoranz zu bekämpfen, die sie so oft plagte, sie alle vereinten sich und trieben dieses Bestreben über die Vernunft hinaus – und der Impuls des Augenblickes überwand die Vernunft.
An der Reling hing eine Rettungsscheibe. Sie packte sie, stützte sich mit der anderen Hand auf die Reling und flankte über das Geländer. Das letzte, war sie hörte, war ein erschreckter Schrei ihrer Tochter und ein polynesischer Fluch Sams.
15. Kapitel
Die Arme wurden ihr fast aus den
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