Cachalot
Körperfülle fällt auf. Ich bin zierlicher gebaut, und werde daher nicht so auffallen wie Sie. Außerdem wirke ich nicht so gefährlich.«
Mataroreva überlegte und nickte dann langsam. »Das leuchtet ein. Aber wie steht es mit Waffen? Wir können es nicht riskieren, einen von den Tauchern zu überfallen. Die arbeiten wahrscheinlich in Zweier- oder Dreiergruppen, und wenn wir einen angreifen, dann stößt der bestimmt eine Warnung aus.«
»Am Meeresboden gibt es ein paar blaue Echinodermata«, schlug Cora vor. »Die haben drei bis fünf große giftige Stacheln. Wir können sie abbrechen. Die Stacheln sind ziemlich zäh. Selbst wenn das Gift nach dem Abbrechen schwächer wird, eignen sie sich als Messer.«
Mataroreva lächelte mit schmalen Lippen. »Ich hätte nicht geglaubt, daß Ihnen solch blutrünstige Einzelheiten auffallen würden.«
»Das ist Teil meiner Aufgabe. Und ich bin nicht blutrünstig, ich bin wild.«
Als sie auf das Tragflügelboot zuschwammen, hing die Sonne orangerot dicht über dem Wasser, wie ein Feuerball über einer Platte aus versilbertem Wellblech. Mataroreva und Merced schwammen an der Spitze. Ihre Augen blickten besorgt nach dem verräterischen Leuchten herannahender Taucher aus. Aber keiner kam ihnen nahe.
Sie hatten keine Ahnung, wie viele Mannschaftsmitglieder an Bord geblieben waren, aber das Fahrzeug bot nur wenig Platz, um sich zu verstecken. Die Tragflügelboote waren für hohe Geschwindigkeiten gebaut und verfügten nur über eine einzige bescheidene Kabine. Der größte Teil der Fläche war ein offenes Hinterdeck und der Laderaum.
Die Leitern führten zu beiden Seiten des Schiffes wie Strohhalme ins Wasser, eine vorne und eine achtern. Die Schwimmer hatten die Absicht, die vordere Leiter zu nehmen, weil sie näher an der Zentralkabine und dem Sender war. Außerdem hielt sie das fern von der Aktivität, die sich am Heck abspielte, wo das Bergegut verladen wurde.
Jeder von ihnen trug einen zwanzig Zentimeter langen, blauen, vierkantigen Dorn, den sie einem unglücklichen Bewohner des Meeresbodens abgenommen hatten. Die Stacheln eigneten sich nicht für wiederholten Gebrauch. Mataroreva glaubte, wenn sie für jeden Stachel eine Kehle fanden, würde das reichen.
Diesen Wunsch äußerte er bei jeder sich bietenden Gelegenheit und strich mit der Hand über seine Waffe und machte beim Schwimmen mehrmals zustechende Gesten. Cora konnte seine Mordlust nicht teilen, und dies trotz des widerlichen Verbrechens, das hier begangen worden war. Aber sie war durchaus bereit, Wunden zuzufügen.
Sie erreichten den Rumpf des Tragflügelbootes ohne angerufen zu werden und schwammen unter seinen Bug. An die Stelle von Worten traten jetzt Gesten. Merced reckte sich aus dem Wasser und ergriff die unterste Sprosse der backbordseitig vorne angebrachten Leiter. Immer noch kein Anruf.
Als er aus dem Wasser war, legte er seine Flossen ab, behielt sie aber bei sich. Wenn er ohne sie auf Deck erschien, würde er sofort die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wenn er andererseits wie ein normaler Taucher auftrat und aussah, würde er vielleicht ein oder zwei Sekunden länger haben. Außerdem war es möglich, daß die Taucher auf dem einen Boot die auf dem anderen nur beiläufig kannten. Und schließlich war es ja auch finster.
Eine Minute verstrich. Die im Wasser Zurückgebliebenen warteten nervös. Dann tauchte Merced wieder auf, lehnte sich über die Schiffswand und gestikulierte erregt. Mataroreva hetzte die Leiter hinauf, dicht gefolgt von Cora, hinter der Dawn und Rachael nach oben hasteten.
Dann standen sie alle neben der einzigen Kabine auf Deck. Drinnen leuchteten Lichter. Doch es gab keine sich bewegenden Schatten, die den Lichtschein unterbrachen. Das einzige, was darauf hindeutete, daß das Schiff bewohnt war, war eine reglose Gestalt zu ihren Füßen auf dem Deck. Ihr Kopf war unnatürlich zur Seite gedreht, und aus dem weit offenstehenden Mund tröpfelte Blut. Merceds Stachelmesser zeigte keine Flecken. Mataroreva sah neugierig zuerst die Leiche und dann Merced an.
»Ich hab’ ihm den Hals gebrochen. Dazu bot sich Gelegenheit«, flüsterte der Kleine. Dann drehte er sich um und huschte geduckt weiter wie eine Spinne.
Cora trat an der Leiche vorbei und staunte über die unerwarteten tödlichen Talente des drahtigen Ozeanographen. Seine athletischen Fähigkeiten hatte er schon reichlich unter Beweis gestellt. Mataroreva, der mehr von solchen Dingen verstand, war zu dem Schluß gelangt,
Weitere Kostenlose Bücher