Cademar-Günstling der Magie
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Das Grollen im Berg war verschwunden, und Stille beherrschte nun die Zuflucht … bis sich von unten Stimmen erhoben.
Es waren fröhliche Stimmen, in denen sich immer wieder ein Lachen erhob. Cademar wünschte sich nichts sehnlicher, als den Kopf zu wenden und zu sehen, wer die Treppe heraufkam. Und in den Augen von Zahru sah er das gleiche Verlangen – oder war das einzig Traurigkeit?
Nun konnte Cademar wenigstens Fetzen der Gespräche aufschnappen von denen, die sich ihm näherten:
»… nicht gedacht, dass es so leicht wird …«
»… hat der Bewahrer gewarnt. Er wird zufrieden sein.«
»Wie sollen wir die alle runterschaffen? Das wird ja ewig …«
Die Gespräche überlappten sich, es mussten viele Leute sein. Die meisten Stimmen waren männlich, aber es waren auch einige Frauen darunter. Ein Rascheln war zu hören, gelegentlich ein Kratzen auf Stein und ein Stöhnen, das von großer Anstrengung herrühren musste. Eine Cademar endlos erscheinende Zeit verging, und dann waren die Stimmen in seiner Nähe.
Unvermittelt wurde Cademar hochgehoben und aufgestellt. Er blickte in das Gesicht eines jungen Mannes, der nur einige Jahre älter als er selbst sein musste. Und sein Gegenüber grinste. »Noch ein Frischling!«, rief er aus. »Einer liegt hier noch, dann haben wir alle.« Zwei Magier trugen ihn wie ein Brett die Treppe hinab.
Das Licht hatte eine magische Wachstarre über alle Flüchtigen gelegt. Die Magier, die die Zuflucht eingenommen hatten, schleppten alle zum Höhleneingang, bei dem Cademar den Mentalmagier Senro getroffen hatte. Auf dem Plateau vor dem Höhleneingang wurden die starren Magiebegabten abgelegt.
Der Wind blies kräftig den Berg hinab, zerrte an Cademars Kleidung und Haaren, und es musste kalt sein, doch das fühlte er nicht. Erst jetzt bemerkte er, dass er auch nicht atmete, seine Lungen waren so erstarrt wie der Rest seines Körpers, und ein Gefühl von Panik regte sich in ihm. Doch er lebte noch. Die Starre schien ihn nicht nur vor körperlichen Verletzungen zu schützen, sondern auch seine Atmung anzuhalten, ohne dass dadurch sein Leben in Gefahr geriet.
So, wie Cademar nun lag, in dem Durcheinander menschlicher Glieder, konnte er sehen, wie die Magier sich versammelten und ihr Werk begutachteten. Sie trugen dicke Fellmäntel über ihren schwarzen Roben, die sie gegen den kalten Wind schützten. Wahrscheinlich hatten sie ihre vereinte magische Kraft für den gewaltigen Starrezauber aufgebraucht und konnten nun keine Wärme mehr in ihren Körpern herbeirufen. Cademar zählte vierundzwanzig Magier. So wenige hatten ausgereicht, um die Zuflucht einzunehmen und allen Flüchtigen die Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit zu nehmen. Die Magier waren Männer und Frauen jedes Alters. Das war ein zusammengewürfelter Trupp, der hier zugeschlagen hatte. Doch eines verstand Cademar nicht: Wie hatte der magische Kristall, über den Senro den magischen Schild aufrechterhielt, seine Kraft verlieren können, was überhaupt erst möglich gemacht hatte, dass die Magier in die Zuflucht eindringen konnten? Die Magier mussten gewusst haben, wo sich die Zuflucht befand und sich schon in der Nähe des Eingangs versammelt haben, als der Schutzschild fiel. Der Starrezauber war direkt nach dem Verschwinden des magischen Schildes durch die Zuflucht gefegt. Es war ein geplanter Angriff gewesen, keine zufällige Entdeckung.
Doch wie …
Cademars Gedanken brachen ab, als er am Rand seines Gesichtsfeldes zwei Personen aus dem Höhleneingang herauskommen sah. Die Magier bemerkten die Neuankömmlinge und reichten ihnen die schwarzen, mit Gold bestickten Roben und Fellmäntel.
Es waren Purko und Flana.
Purko sah erschöpft aus, aber auch sehr erleichtert, und Flana schaute verschämt zu Boden. Kurz glitt ihr Blick herüber zu den Flüchtigen, und ihre Augen begegneten denen Cademars. Der glaubte, einen Anflug von Scham in ihrem Gesicht zu sehen. Doch schon drehte Flana wieder den Kopf, bekam eine Felljacke gereicht und verschwand zwischen den Magiern.
Der Anblick der beiden Verräter erzeugte in Cademars Mund einen sauren Geschmack. Doch er konnte ihn nicht runterschlucken.
Sie warfen die Flüchtigen, deren erstarrte Körper keine Verletzungen erleiden konnten, einfach den Berg hinab.
Schließlich war Cademar an der Reihe. An Armen und Beinen wurde er gepackt, zum Rand des Plateaus geschleppt und in die Tiefe gestürzt. Er fiel kopfüber hinab und hätte gern seine Augen geschlossen, krachte gegen
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