Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
an.«
»Na gut.« Ich schloss die Augen. Dachte einen Moment nach. Dann, ohne die Augen zu öffnen: »Ich bin nicht ohnmächtig, ich ordne nur meine Gedanken.« Er grunzte, schwieg jedoch. Seine Hände waren überall, doch es fühlte sich gar nicht schlecht an. Er strich etwas glatt und untersuchte und tätschelte sogar auf zerstreute Weise, aber es fühlte sich nicht unanständig an. Ich war hier die Unanständige: Ich war benebelt, hatte Schmerzen, fühlte mich elend, hatte Durst und rasende Kopfschmerzen … und wurde scharf. Wenn ich genug Atem gehabt hätte, um wohlig zu stöhnen, hätte ich es getan.
»Es war einmal ein Junge namens George Stinney, der am 16. Juni 1944 vom Staat Carolina ermordet wurde.« Wie alle Anfänge klang auch dieser nicht besonders sensationell. Ich hatte jedoch Glück, denn mein Zuhörer war sichtlich gefesselt. Selbst wenn er es riskiert hätte, die bedauernswerte Schussverletzte von seinem Schoß gleiten zu lassen, um ein Telefon oder Verbandsmull zu suchen, war er von George Stinney ebenso gefesselt wie ich.
»Dann starb Luann mit einem Lächeln auf den Lippen«, beendete ich meine Geschichte wenige Tage später. (Ich muss zugeben, mein Zeitgefühl war ein wenig durcheinander geraten.) »Und das ist alles. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»Aber sicher gibt es das«, widersprach Max. Immer noch war er leichenblass, immer noch roch sein Atem nach Rum und Kokosnuss, doch eine einsame Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange, was er aber nicht zu bemerken schien. »Warum erzählst du mir das? Du hättest mir die gesäuberte FBI -Version erzählen können, ich hätte es nie zu erfahren brauchen.«
»Aber ich hätte es gewusst! Außerdem … « Die Gegenstände wurden unscharf. Entweder versagte die Stromversorgung der Blutbank, oder ich stand mal wieder kurz vor einer Ohnmacht. »Außerdem hast du mich zum Fliegen gebracht. Deine Honda … ist wie eine Sturmwolke auf Rädern.«
»Oje. Eine poetische FBI -Agentin.« Und er feixte, aber auf eine Art, dass ich unmöglich gekränkt sein konnte. Dann wurde er wieder ernst, beugte sich vor und fuhr mir rasch mit den Lippen über die Stirn. »Ich stehe auf ewig in deiner Schuld. Nicht nur, weil du mir Georges traurige Geschichte erzählt hast. Sondern auch, weil du sie erwischt hast. Beide. Wenn du etwas brauchst, dann wende dich auf jeden Fall zuerst an mich.«
Ich hörte Schritte auf dem Korridor. »Ich spüre, dass die Rettung unmittelbar bevorsteht. Wahrscheinlich konnten sie doch nicht umhin, meine Abwesenheit zu bemerken.«
Max lachte und hielt die linke Hand hoch, in der sein Handy lag. »Ich hab sie angerufen, als du gerade nicht hingeschaut hast.«
»Du … heimtückischer … « Ich konnte nicht weitersprechen. Ich war zu gereizt. Und voller Bewunderung. Max Gallo, ein Mann, der in einem anderen Leben ohne MP zur Liebe meines Lebens hätte werden können. »Heimtückischer … Verräter … wunderbarer … «
Glücklicherweise wurde ich ohnmächtig und rettete so meinen Stolz. Denn wer weiß, welche Verrücktheiten mir sonst noch entschlüpft wären?
76
Patrick pfiff erstaunt, als er mich am nächsten Morgen in meinem Krankenbett sah. »Oh, Mann! Cadence wird aber gar nicht erfreut sein.«
»Streu du nur … «, ich seufzte, weil ich mich eher schuldig fühlte, als dass ich mich freute, ihn zu sehen, »… Salz in meine Wunden.«
Ohne hinzusehen stellte er die Kuchenschachtel ab und eilte an mein Bett. »Jesus! Was ist denn passiert? Weißt du was? Ich weiß es längst. Du hast eine Kugel aufgefangen, die für einen anderen bestimmt war, ist es nicht so? Brauchst gar nichts zu sagen. Argh!« Er raufte sich das dichte rote Haar. »Ich glaub’s einfach nicht! Wirst du jemals wieder gesund? Du kannst auf keinen Fall allein in deine Wohnung zurück!«
»Jetzt beruhig dich doch erst mal. Hör auf zu kreischen. Es wird schon wieder. Ich werde vollkommen wiederhergestellt werden.« Gallo war nicht dermaßen ausgerastet, als ich wie ein blutbespritzter Frankenstein durch die Doppeltür der Blutbank gefallen war.
Jetzt bist du aber unfair, hielt ich mir vor. Gallo ist Arzt. Er ist schwere Verletzungen gewöhnt.
»Vollkommene, schmerzhafte Wiederherstellung und viele lästige Physiotherapieanwendungen. Ach ja, und da war noch so ein Blödsinn mit einem Orden. Ich werde zur Verleihung einfach nicht erscheinen, und damit hat sich’s. Was macht Olive?«
»Die ist bei mir«, erwiderte er zerstreut. »Nachdem mir George
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