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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Privilegium der Linken; ihr und niemandem andern gehörte das Volk. Der Ruin eines Schützlings des Hofes, eines Konservativen, eines unverbesserlichen Royalisten, der am 13. Vendémiaire die Freiheit beschimpft und gegen die glorreiche französische Revolution gekämpft hatte, dieser Fall erregte die Freude und den Beifall der Börsenmenschen.
    Pillerault wollte die Stimmung bis auf den Grund kennenlernen. So gesellte er sich zu einer der belebtesten Gruppen. Da standen zusammen: du Tillet, Gobenheim-Keller, Nucingen, Guillaume senior und sein Schwiegersohn Joseph Lebas, Claparon, Gigonnet, Mongenod, Camusol, Gobseck, Adolf Keller, Palma, Chiffreville Matifat, Lourdois und andere mehr.
    »Man muß hinter allen her sein wie der Teufel!« bemerkte Gobenheim gerade zu du Tillet. »Es hat gar nicht viel gefehlt und mein Schwager hätte dem Birotteau Kredit gewährt.«
    »Ich bin mit zehntausend Francs interessiert«, meinte du Tillet. »Birotteau hat mich vor vierzehn Tagen darum angegangen, und ich habe sie ihm auf seine bloße Unterschrift hin gegeben. Er ist mir früher einmal gefällig gewesen. Ich werde das Geld bei ihm ohne Bedauern einbüßen.«
    »Er hat's getrieben wie alle andern«, sagte Lourdois zu Pillerault. »Er hat große Feste gegeben! Natürlich! Der Schelm wollte den Leuten Sand in die Augen streuen. Das macht vertrauensselig. Aber ein Mann, der zur Elite der anständigen Leute zählen will, hätte seine Zuflucht nicht zu so einer abgedroschenen Bauernfängerei nehmen sollen! Ja, ja, die Leute fallen eben immer wieder darauf hinein!«
    »Wie die Hammel!« lachte Gobseck.
    »Man darf den Leuten nich übern Weg traun, wenn sie nicht in alten Buden wohnen wie Claparon!« brummelte Gigonnet.
    »Sagen Se mal, du Tillet«, sprudelte der dicke Nucingen, »wollten Se sich 'n Witz erlauben, als Se mir den Birotteau schickten?« Zu Gobenheim gewandt fuhr er fort: »Warum hat er von mir nich fuffzigtausend Francs holen lassen? Er hätt' se auf der Stelle gekriegt!«
    »Nein, nein, Herr Baron, das hätten Sie nicht getan«, widersprach ihm Joseph Lebas. »Sie werden sehr wohl wissen, daß die Bank seine Akzepte zurückgewiesen hat. Haben Sie nicht selbst im Diskont-Ausschuß diesen Antrag gestellt? In der Angelegenheit des armen Birotteau, für den ich nach wie vor hohe Achtung hege, sind ganz sonderbare Umstände zu konstatieren ...«
    Pillerault drückte ihm die Hand.
    »Ich kann mir die Sache nicht gut anders erklären«, fuhr Lebas fort, »als daß man annehmen muß: hinter Gigonnet stecken Geldleute, die das Geschäft mit den Grundstücken um die Madeleine in einer ganz bestimmten Absicht vereiteln wollen ...«
    Claparon äußerte sich zu Mongenod: »Die alte Geschichte: Schuster, bleib bei deinem Leisten! Hätte Birotteau sein Haaröl weiter fabriziert, anstatt uns die Baustellen in die Höhe zu treiben, so wäre er nicht pleite gegangen, selbst wenn er die hunderttausend Francs bei Roguin verloren hätte. Man sagt, er wird nunmehr unter der Firma Popinot weitermachen ...«
    »Müssen wir dem Popinot auf die Finger sehen!« hetzte Gigonnet.
    Als Gigonnet die Börse verließ, nahm er seinen Weg durch die Rue Perrin-Gasselin und ging in den Laden der Frau Madou.
    »Na, Mutter«, sprach er sie in seiner heuchlerisch-gutmütigen Art an, »geht denn Ihr Gurkenhandel?«
    »So so! Man muß die Zeiten nehmen wie sie sind, bester Herr!« versetzte die Alte gottergeben, als ob der liebe Herrgott vor ihr stände, und bot dem Wucherer ehrerbietig ihren Schemel an. Sie hatte eine Heidenangst vor diesem Manne. Die Leute aus dem Volk haben vor niemandem mehr Respekt als vor dem Henker. Und dieser Wucherer war ein Henker der kleinen Geschäftsleute.
    »Wollen Sie was von mir wissen ?« fragte die Alte ängstlich, die sonst vor niemandem zitterte.
    »Es is ein Unglück. Es wäre die Möglichkeit, daß Sie selber den Wechsel des Herrn Birotteau einlösen müßten. Der gute Mann is hops gegangen.«
    Frau Madous Augen wurden ganz schmal wie die einer Katze; dann aber spien sie Flammen.
    »So ein Lump! So ein Saujunge! Er ist selber zu mir gekommen und hat mir gesagt, er sei Stadtverordneter, also bloß um mich zu beschummeln! Hol mich der Teufel! Das bringt einem der ganze Handel ein! Solche Gauner regieren nun die Stadt! Man zieht uns noch das Fell über die Ohren...«
    »Jeder sieht, wo er bleibt!« war die Antwort.
    »Freilich! Warten Sie nur! Ich werde schon zu meinem Gelde kommen! Der Kerl soll sich gratulieren! Ich werd

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