Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
besichtigen!«
    Drei Arbeiter zündeten sämtliche Kerzen an.
    »Hundertundzwanzig Kerzen!« bemerkte Braschon.
    »Das macht eine Rechnung von zweihundert Francs bei Trudon!« klagte Frau Birotteau, aber der neubackene Ritter brachte sie mit einem Blick zum Schweigen.
    »Ihr Fest wird prächtig, Herr Ritter«, lobte Braschon.
    Cäsar hörte die Schmeichelei wohl, ignorierte aber ihre geheime Absicht. Der reiche Tapezierer aus der Rue Saint-Antoine hatte bereits ein dutzendmal den vergeblichen Versuch gemacht, mit Frau, Tochter, Schwiegermutter und Tante eingeladen zu werden. Als auch dieser letzte Sturm fehlging, wurde er Birotteaus Todfeind. An der Tür nannte er ihn schon nicht mehr »Herr Ritter«.
    Birotteau dachte bei sich: Da haben wir's ja! Der ist auch bloß einer von den Schmeichlern! Der Abbé Loraux hat mich vor ihren Fallstricken gewarnt. Ich will bescheiden bleiben und mich immer an meine geringe Herkunft erinnern!
    Die Hauptprobe begann. Cäsar, Konstanze und Cäsarine verließen den Laden und betraten ihr Haus von der Straße aus. Die neue Haustür war pompös; auf beiden Flügeln waren je drei gleich große viereckige Felder zu sehen, und die Mittelfelder hatten dekorative Metallbeschläge. Das war etwas ganz Neues in Paris, das schnell Nachahmung finden sollte. Im Hintergründe sah man zwei Treppenaufgänge, zwischen denen sich eine kleine Portierskabine befand. Die Diele war mit schwarzen und weißen Marmortäfelchen gepflastert; die Wände ganz von Marmor. Die Beleuchtung ging von einem vierfüßigen antiken Kandelaber aus. Der Architekt hatte Reichtum mit Schlichtheit gepaart. Ein schmaler roter Teppich kontrastierte zu dem Weiß der polierten Steinstufen. Der erste Absatz führte in den Zwischenstock. Die Zimmertüren waren im Stile der Haustür.
    »Wie elegant alles wirkt!« rief Cäsarine; »und doch ist nichts aufdringlich!«
    »Sehr treffend gesagt, gnädiges Fräulein! Die vornehme Wirkung rührt von den ruhigen Proportionen her. Und dann habe ich nichts vergoldet; die Farben sind abgetönt. Sie sehen in der Tat nichts Aufdringliches oder Protziges!«
    »Dazu gehört ja eine richtige Wissenschaft!« meinte Cäsarine.
    Alle betraten nun das parkettierte, geräumige, einfach ausgestattete Vorzimmer. Dann ging es in den nach vornzu gelegenen dreifenstrigen, weiß und rot gehaltenen, prächtigen Salon. Ein paar ernst wirkende Gemälde an den Wänden. Der Kamin mit seinem von Säulen getragenen Aufsatz aus weißem Marmor paßte vorzüglich in die ruhige Stimmung des Ganzen. Allenthalben verriet sich die feine Hand des Künstlers. Nirgends Spießbürgertum! Im Glanze der vierundzwanzig Kerzen des Kronleuchters schimmerte das Rot der seidenen Wandbekleidung. Das Parkett glänzte so verlockend dazu, daß Cäsarine die Lust zum Tanzen ankam.
    Durch ein grün und weiß gehaltenes Zimmerchen kam man in Cäsars Zimmer.
    »Hier habe ich ein Bett eingebaut«, erklärte Grindot, indem er die Tür eines zwischen den beiden Bücherschränken geschickt verborgenen Alkovens öffnete. »Sie oder die gnädige Frau könnten mal krank sein und dann hat jedes einen besonderen Schlafraum!«
    »Mein Gott, die vielen schön gebundenen Bücher! Von dir, Konstanze?«
    »Nicht doch, das ist ja Cäsarines Überraschung für dich!«
    Der Parfümhändler umarmte seine Tochter.
    »Verzeihen Sie die Rührung eines Vaters!« bemerkte er zu Grindot.
    »Oh, bitte, tun Sie sich durchaus keinen Zwang an! Sie sind ja in Ihrem Hause!«
    In Cäsars Zimmer herrschte braun und grün vor; jeder Raum stand in seiner Farbenstimmung in irgendeinem sehr geschickt getroffenen Zusammenhang mit den benachbarten Räumen. So kehrte die Farbe, die den Grundton des einen Zimmers ausmachte, im andern in den ausschmückenden Zutaten wieder, oder umgekehrt. Der Stich »Hero und Leander« hing eingerahmt in des Hausherrn Zimmer.
    »Du sollst das alles bezahlen!« lachte Birotteau dem Bilde zu.
    »Diesen schönen Kupferstich hat dir Herr Anselm geschenkt!« vermeldete Cäsarine ihrem Vater.
    Also auch Anselm hatte sich seine Überraschung erlaubt.
    »Der liebe Junge! Er hat's gemacht wie ich mit Herrn Professor Vauquelin!«
    Nun kam man in Frau Birotteaus Zimmer. Hier hatte der Architekt eine Pracht entfaltet, die die wackern Leute, die er für sich gewinnen wollte, begeistern mußte. Er hatte sein Wort gehalten und den Umbau und die Inneneinrichtung wirklich con amore ausgeführt. Das Gemach war mit himmelblauer Seide ausgeschlagen und hatte weiße

Weitere Kostenlose Bücher