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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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auf oder leugnete gar seine Verwundung bei Saint-Roch. Der Ball gab Anlaß zu allerhand Intrigen. Die Freunde verhielten sich ruhig, aber die Forderungen der bloßen Bekanntschaften waren ungeheuer. Jedes Glück lockt Schmarotzer herbei. Eine ansehnliche Anzahl von Leuten lief sich die Beine ab, um eine Einladung zu ergattern. Die Familie Birotteau war starr über die Menge von Freunden, von deren Existenz sie bis dahin keine Ahnung gehabt hatte. Der Andrang versetzte Frau Birotteau in Furcht und Schrecken; ihre Miene ward von Tag zu Tag düsterer. Sie gestand Cäsar, daß sie absolut nicht wisse, wie sie sich verhalten solle. All die Einzelheiten vor dem Feste machten sie geradezu kopflos. Woher sollten die Gläser, das viele Silberzeug, das Tischzeug, das Porzellangeschirr genommen werden? Wer sollte alles überwachen?
    Zehn Tage vor dem Fest gab Grindot die Versicherung, die Wohnung werde prompt zum Festtage, zum 17. Dezember, fertig sein. Nunmehr fand in dem bescheidenen Salon des Zwischenstocks eine Konferenz statt, an der Cäsar, seine Frau und seine Tochter teilnahmen. Man setzte die Gästeliste auf und füllte die Einladungskarten aus. Der Drucker hatte sie in der üblichen Fassung auf schönes rosa Briefpapier gedruckt.
    »Daß wir nur niemand vergessen!« seufzte Birotteau.
    »Und wenn auch, so wird sich der Betreffende schon melden!« beruhigte ihn Konstanze. »Frau Derville, die uns noch nie einen Besuch gemacht hat, ist gestern nachmittag in einer Staatskarosse vorgefahren.«
    »Eine sehr nette Frau! Sie hat mir riesig gut gefallen!« meinte Cäsarine.
    »Vor ihrer Verheiratung war sie noch weniger als ich einmal: Näherin in der Rue Montmartre. Sie hat früher für deinen Vater Hemden genäht«, erzählte Konstanze.
    »Fangen wir mit unserer Liste an!« ermahnte Birotteau. »Die Vornehmsten schreiben wir zuerst mal auf! Also Cäsarine: Herzog und Herzogin von Lenoncourt...«
    »Mein Gott, Cäsar, lade doch nicht Leute ein, die du nur kennst, weil du ihnen Waren lieferst! Willst du etwa auch die Fürstin von Blamont-Chauvry einladen, die mit deiner verstorbenen Patin, der Marquise von Uxeltes, verwandt war? Und die Herren von Vandenesse, von Marsay, von Ronquerolles, d'Aiglemont, kurz, alle deine adligen Kunden? Du bist verrückt. Die Namen haben dir den Kopf verdreht!«
    »Na, aber doch den Grafen von Fontaine und seine Familie? Weißt du, er kam unter dem Namen ›Grand-Jacques‹ mit dem ›Gars‹ – das war der Marquis von Montauron – und mit Herrn de la Billardière, der vor der großen Affäre vom 13. Vendémiaire ›le Nantais‹ hieß, in die ,Rosenkönigin‘. War das damals ein Händedrücken! ›Mein lieber Birotteau, Mut! Gehen Sie mit uns für die gerechte Sache in den Tod! Wir sind alle Kameraden bei der Verschwörung!‹ hieß es.«
    »Na ja, schreib ihn auf!« sagte Konstanze; »denn wenn unser Herr Oberbürgermeister kommt, muß er auch jemand haben, mit dem er sich unterhalten kann.«
    »Weiter, Cäsarine! Ob er kommt oder nicht, ist egal. Er ist der Höchste! Ehre, wem Ehre gebührt! Also: Herr Oberbürgermeister de la Billardière nebst Sohn. Dann: mein Kollege, der Stadtverordnete Granet nebst Frau. Sie ist zwar häßlich, doch das kommt hier nicht in Frage! Wir können sie nicht übergehen ...«
    »Juwelier Curel, Oberst der Bürgergarde, nebst Frau und zwei Töchtern. So, das wären die Spitzen. Nun kommen die großen Tiere! Graf und Gräfin von Fontaine und Tochter Komtesse Emilie ...«
    »Eine hochmütige Person, die mich bei jeder Witterung an den Wagenschlag kommen läßt, um ihre Bestellungen entgegenzunehmen!« bemerkte Frau Birotteau. »Wenn die kommt, so tut sie es nur, um sich über uns lustig zu machen!«
    »Sie wird schon kommen«, antwortete Cäsar, der möglichst viele Gäste haben wollte. »Weiter, Cäsarine! Graf und Gräfin von Granville, unsere Hausbesitzer. Er ist der schlaueste Kopf bei Hofe, wie Derville sagt... Da fällt mir eben ein: Herr de la Billardière, unser Oberbürgermeister, läßt mich ja morgen durch den Grafen von Lacépède persönlich zum Ritter schlagen. Es schickt sich also, daß ich dem Großmeister eine Einladung zum Ball und Diner sende. Also: Graf von Lacépède! Dann Herr Professor Vauquelin! Schreib: Ball und Diner, Cäsarine, und vergiß nicht: die ganze Familie Chiffreville und. ebenso die Familie Protez! – Herr Kreisrichter Popinot nebst Frau. – Herr Thirion, Hofportier, nebst Frau und Tochter. Das sind Freunde von Ragons

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