Cäsar Birotteau (German Edition)
Verzierungen; die Möbel waren mit blau bemaltem, weißem Seidenstoff überzogen. Auf dem weißen Marmorkamin prangte eine Standuhr mit einer sitzenden Venus. Ein türkischer Teppich trennte diesen Raum von Cäsarines grünblauem, sehr kokett gehaltenen Zimmerchen. Ein Klavier, ein niedlicher Glasschrank, ein schmales Bett mit einfachen Vorhängen und alle die kleinen Möbel, die junge Mädchen so gern haben, standen darin.
Das Eßzimmer lag hinter dem Schlafzimmer des Ehepaares und hatte seinen Eingang von der Treppe aus. Es war im Stil Louis-Quatorze. Das Büfett zeigte Einlagen von Kupfer und Perlmutter, die Wände waren mit Stoff bespannt und mit vergoldeten Nägeln verziert. Eine prächtige Standuhr tickte im Zimmer.
Das Glück der drei Menschen läßt sich nicht beschreiben. Es erreichte bei Frau Birotteau den Höhepunkt, als sie in ihrem Schlafzimmer auf dem Bett das spitzenbesetzte kirschfarbene Samtkleid liegen sah, das ihr Cäsar schenkte und das Virginie, auf den Fußspitzen gehend, hineingetragen hatte.
»Herr Grindot, die Wohnung wird Ihnen viel Ehre, machen! Wir werden morgen über hundert Personen bei uns sehen und Sie werden von jedermann Lob ernten!«
»Ich werde Sie empfehlen!« setzte Cäsar zu diesen Worten seiner Frau hinzu. »Sie werden sich morgen der Elite der hiesigen Kaufmannschaft präsentieren und in einem Abend bekannter werden, als wenn Sie zwanzig Häuser gebaut hätten!«
Konstanze dachte nicht mehr an die Ausgaben, noch daran, ihrem Mann Vorwürfe zu machen. Der Grund war folgender:
Als Anselm Popinot, von dessen Intelligenz Konstanze eine hohe Meinung hatte, am Morgen »Hero und Leander« brachte, hatte er ihr hoch und heilig den glücklichen Erfolg des »Kephalol« versichert, an dessen Herstellung und Vertrieb er mit beispiellosem Eifer arbeitete. Er hatte bestimmt erklärt: trotz der hohen Summe, die Birotteaus Torheiten kosteten, würden die Ausgaben binnen eines halben Jahres durch seinen Anteil am Ertrage des neuen Artikels gedeckt werden. Nach neunzehnjähriger Mühe und Sorge war es friedsam, sich einmal einen einzigen Tag der Freude zu überlassen! Konstanze versprach ihrer Tochter, das Glück des Familienhauptes durch keinen Vorwurf zu trüben und sich selbst ganz und gar dem Glück hinzugeben.
Als sich Grindot gegen elf verabschiedete, warf sich Konstanze ihrem Manne um den Hals und stammelte unter Freudentränen: »Ach, Cäsar, du machst mich überglücklich!«
»Wenn das nur immer so bliebe, nicht wahr?« fragte Birotteau lächelnd.
»Es wird immer so bleiben! Ich habe keine Angst mehr.«
»Na, endlich lernst du mich recht kennen!«
Wer das Leben und die Schwächen der Menschen kennt, wird verstehen, daß die einstige arme Waise, die vor achtzehn Jahren Verkäuferin gewesen war, und der ehemalige arme Bauernbursche aus der Touraine, der mit Knotenstock und Nagelschuhen in Paris eingewandert war, wie berauscht sein mußten, ein großes Fest in solchen Räumen geben zu können.
»Gott, ich würde gleich hundert Francs geben, wenn wir jetzt einen Besuch bekämen!« schmunzelte Birotteau.
Abbé Loraux erschien. Jetzt Vikar an der Saint-Sulpice-Kirche, war er ein Priester von echtem Seelenadel. Er machte auf alle, die ihn kennenlernten, einen unvergeßlichen Eindruck. Er hatte ein häßliches Gesicht, das aber nicht abstoßend wirkte, sondern im Gegenteil durch den himmlischen Frieden, der darüber lag, anzog. Seine Reinheit, seine Aufrichtigkeit, seine Milde und Menschenfreundlichkeit tilgten jedweden Mangel seines Äußeren. Seine Stimme war sanft, ruhig und eindringlich. Er trug sich wie alle Priester in Paris; nur erlaubte er sich einen kastanienbraunen Überrock.
Mit friedsamen Augen betrachtete er den Luxus, lächelte über die drei entzückten Menschenkinder und schüttelte sein weißes Haupt.
»Liebe Kinder«, sagte er, »es kommt mir nicht zu, Festen beizuwohnen; mein Beruf ist es, die Bekümmerten zu trösten. Ich wünsche Herrn Cäsar Glück! Einmal werde ich aber gern zu einem Fest hierherkommen: Zur Hochzeit unserer lieben Cäsarine!«
Nach einer Viertelstunde entfernte sich der Abbé, ohne daß der Parfümeur oder seine Frau es gewagt hatten, ihm alle Zimmer zu zeigen. Seine ernste Erscheinung dämpfte die freudige Stimmung etwas. Man begab sich zur Ruhe, und alle schliefen ein, um von den Freuden des kommenden Tages zu träumen.
Nichts hatte je Frau Birotteau besser gestanden als das kirschfarbene spitzenbesetzte kurzärmelige neue Samtkleid.
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