Cäsar Birotteau (German Edition)
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»Cäsar, vergiß den kleinen Horaz Bianchon nicht! Weißt du, Popinots Neffen und Anselms Vetter!«
»Nein, nein! Cäsarine hat schon eine Vier hinter Popinots gesetzt! – Weiter: Herr Kanzleidirektor Rabourdin mit Frau. – Herr Cochin nebst Frau und Sohn. – Herr Matifat mit Frau und Tochter ...«
»Matifats haben eine Einladung erbeten für ihre Freunde, die Familien Colleville, Thuillier und Saillard«, warf Cäsarine ein.
»Wir wollen sehen. Erst mal: Herr und Frau Julius Desmarets ...«
»Oh! Frau Desmarets wird Ballkönigin sein!« rief Cäsarine. »Ich mag sie furchtbar gern, sie gefällt mir viel besser als alle andern!«
»Weiter! Derville und seine Frau ...«
»Schreib doch auch Herrn und Frau Coquelin auf, die Nachfolger Onkel Pilleraults«, sagte Konstanze. »Sie rechnen so fest darauf, eingeladen zu werden, daß sich die arme kleine Frau bei meiner Schneiderin schon ein prachtvolles Ballkleid machen läßt, das Unterkleid aus weißem Satin, darüber eine gestickte Tüllrobe. Beinahe hätte sie sich eine Hofschleppe dranmachen lassen. Wenn wir sie übergehen, werden sie uns spinnefeind!«
»Schreib sie auf, Cäsarine! Wir müssen den Handelsstand ehren, denn wir gehören selber dazu! – Herr und Frau Roguin!«
»Na, Frau Roguin wird sicher ihre Halskette, all ihre Brillanten und ihr Kleid mit den Brüsseler Spitzen tragen!« spottete Cäsarine.
»Herr und Frau Lebas. – Dann der Herr Präsident des Handelsgerichts mit Frau und zwei Töchtern. Ich habe ihn vorhin bei den Spitzen vergessen! – Herr und Frau Lourdois nebst Tochter. – Herr Bankier Claparon, Herr du Tillet, Herr Grindot, Herr Molineux, Onkel Pillerault und sein Hausbesitzer, Herr und Frau Camusol, die reichen Seidenhändler mit ihren Kindern, Herr Cardot, Camusols Schwiegervater nebst allen Kindern! Halt! Und die Familie Guillaume in der Rue du Colombier, Lebas' Schwiegereltern, alte Leute, die als Staffage dienen. – Alexander Crottat, Cölestin Crevel ...«
»Papa, vergiß Herrn Andochius Finot nicht und Herrn Gaudissart, die beide Herrn Anselm sehr nützlich sind.«
»Gaudissart! Der hat schon mit dem Staatsanwalt zu tun gehabt! Aber das macht nichts. In ein paar Tagen reist er ab als unser Kephalol-Agent. Aber was geht uns Andochius Finot an?«
»Herr Anselm sagt, er würde mal ein sehr angesehener Mann werden; er sei witzig wie Voltaire!«
»Ein Schriftsteller! Das sind alles gottlose Kerle!«
»Lad ihn nur ein, Papa! Wir haben noch nicht Tänzer genug. Übrigens ist der schöne Prospekt von eurem Kephalol von ihm!«
»Er glaubt an unser Kephalol! Gut! Schreib ihn auf!«
»Auch meine Schützlinge!« bat Cäsarine.
»Schreib auf: Herr Mitral, Herr Haudry, unser Hausarzt. Der Form wegen, er kommt doch nicht.«
»Cäsar, ich hoffe, du wirst den Abbé Loraux zum Diner einladen.«
»Ich habe bereits an ihn geschrieben.«
»Vergeßt die Schwägerin von Herrn Lebas nicht, Frau Augustine von Sommervieux! Die arme Frau! Sie ist immer leidend, sie stirbt vor Gram, meint Lebas.«
»Das kommt davon, wenn eine einen Künstler heiratet!« eiferte der Parfümeur. »Sieh mal an: deine Mutter ist eingeschlafen!« sagte er ganz leise zu seiner Tochter. »Wünsche wohl zu ruhen, Frau Birotteau! – Kind, wie steht's eigentlich mit Mutters Toilette?«
»Es wird alles zur rechten Zeit fertig sein, Vater! Mutter glaubt, sie bekäme bloß ein Crêpe-de-Chine-Kleid wie ich. Die Schneiderin liefert das Kleid bestimmt ohne Anprobe!«
»Wieviel Personen sind es im ganzen?« fragte Cäsar laut, als er seine Frau die Augen wieder öffnen sah.
»Hundertundneun mit den Kommis.«
»Wo sollen wir die alle unterbringen?« fragte Konstanze. »Gott sei Dank! Auf diesen Sonntag wird ein Montag folgen!« fügte sie naiv hinzu.
Bei Leuten, die auf der sozialen Leiter eine Sprosse höher hinauf wollen, darf nichts in schlichter Weise vor sich gehen. Weder Frau Konstanze noch Cäsar selbst, noch sonst wer durfte sich unter irgendeinem Vorwand in den ersten Stock einschleichen. Birotteau hatte dem Lehrling Raguet für den Balltag einen neuen Anzug versprochen, wenn er gut Wache halte und seinen Auftrag treu ausführe. Gleich dem großen Napoleon, als er Schloß Compiègne zu seiner Hochzeit mit Marie Louise von Österreich restaurieren ließ, wollte Birotteau nichts teilweise sehen, er wollte sich an der vollendeten Überraschung weiden. Die beiden ehemaligen Gegner trafen also, ohne ihr Wissen freilich, noch einmal miteinander
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