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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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gemessen hatte. Als Birotteau diesen Menschen jetzt wiedersah, erinnerte er sich seiner Beobachtung.
    »Herr Birotteau«, begann das Männchen mit seiner süßlichen Stimme, »in der Eile haben wir vergessen, unser kleines Abkommen durch Ihre Unterschrift zu bekräftigen.«
    Birotteau nahm den Mietvertrag, um das Versäumte nachzuholen. Währenddem trat der Baumeister Grindot in den Laden, grüßte den Parfümhändler und ging um ihn herum wie die Katze um den heißen Brei. Schließlich sagte er ihm ins Ohr:
    »Sie wissen: aller Anfang ist schwer! Sie sind zufrieden mit meiner Leistung und so würden Sie mich sehr verbinden, wenn Sie mich honorierten.«
    Birotteau, der sich durch allerlei Zahlungen der Barmittel entblößt hatte, gab dem Kommis Cölestin Crevel den Auftrag, einen in drei Monaten fälligen Wechsel und eine Quittung vorzubereiten.
    »Ich habe mich sehr gefreut«, bemerkte Molineux höhnisch lächelnd, »daß Sie die Wechselchen Ihres Herrn Nachbars diskontiert haben. Mein Hausmann hat mir heute morgen vermeldet, daß der Gerichtsvollzieher infolge des Verduftens von Herrn Cayron seine Wohnung versiegelt habe.«
    Freilich! Sonst käme ich um meine fünftausend Francs! dachte Birotteau bei sich.
    »Aber es hieß doch, sein Schirmgeschäft ginge brillant«, meinte Lourdois, der sich eingestellt hatte, um Birotteau seine Rechnung zu überreichen.
    »Ein Kaufmann ist erst dann vor Unglück geschützt, wenn er sich zur Ruhe gesetzt hat!« predigte Molineux, indem er seinen Vertrag mit peinlicher Sorglichkeit: zusammenfaltete.
    Der Baumeister sah dem alten Knirps mit dem Vergnügen zu, das jeder Künstler bei der Betrachtung einer Karikatur empfindet, die ihm seine Meinung über das Spießbürgertum bestätigt. »So einer handelt nun mit Regenschirmen und wird selber naß!« scherzte er.
    Molineux warf dem Architekten einen feindseligen Blick zu; er verachtete ihn ebenso wie Grindot ihn verachtete. Er blieb nur noch, um eine Gelegenheit zu finden, ihm eine Malice anzuhängen. Durch sein stetes Zusammenleben mit seinen Katzen hatten sein Wesen und seine Augen etwas Katzenartiges angenommen.
    In dem Augenblick traten Ragon und Pillerault ein.
    »Wir haben wegen unserer Sache mit Popinot, dem Richter, gesprochen«, sagte Ragon leise zu Birotteau. »Er macht uns darauf aufmerksam, daß bei einer derartigen Sache ein notarieller oder gerichtlicher und von den Verkäufern unterschriebener Kaufvertrag nötig ist. Erst nach den Eintragungen in das Grundbuch seien wir wirklich Eigentümer und ...«
    »Ah, Sie kaufen die Baustellen um die Madeleine?« fragte Lourdois. »Man redet viel davon. Da wird's Häuser zu bauen geben!«
    Der Dekorationsmaler, der eigentlich um sofortige Zahlung hatte ersuchen wollen, fand es auf einmal in seinem Interesse, nicht zu drängen.
    »Ich habe Ihnen meine Rechnung nur im Hinblick auf den Jahresabschluß überreicht«, erklärte er; »augenblicklich bedarf es keiner Zahlung.«
    »Was fehlt dir denn?« fragte Pillerault, der bemerkt hatte, wie verdutzt Birotteau angesichts der Rechnung gewesen war, und daß er weder Ragon noch Lourdois Rede und Antwort gestanden hatte.
    »Es ist nichts weiter«, erwiderte er. »Ich habe meinem Nachbar, dem Schirmhändler, ein paar Wechsel im Gesamtwert von fünftausend Francs diskontiert. Er hat Pleite gemacht. Wenn auf den Papieren keine guten Aussteller ständen, hätte ich das Nachsehen und wäre der Dumme.«
    »Das ist eine alte Geschichte!« meinte Ragon. »Wenn einem das Wasser überm Kopf zusammenschlägt, hängt man sich an das Bein seines eigenen Vaters und ersäuft mit ihm zusammen. Das habe ich bei so manchem Geschäftszusammenbruch beobachtet. Die Not macht die anständigsten Menschen zu Schelmen.«
    »Ja, ja. So ist's!« bemerkte Pillerault.
    »Wenn ich jemals Abgeordneter würde oder einigen Einfluß bei der Regierung bekommen sollte«, sagte Birotteau, indem er sich auf die Fußspitzen wippte und auf die Fersen zurückfallen ließ, »so ...«
    »Na, was würden Sie dann tun ?« fragte Lourdois. »Sie sind doch ein halber Gelehrter!«
    Molineux, den jede Erörterung von juristischen Dingen interessierte, trat näher an Birotteau heran, indem er sich auf den Ladentisch lehnte. Pillerault und Ragon kannten zwar Cäsars Ansichten, hörten aber gleichwohl wie auf etwas Neues aufmerksam auf das, was er sagte.
    »Es müßte ein ständiges Gericht geben«, dozierte er, »das die in Konkurs Geratenen öffentlich aburteilte. Nach eingehender

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