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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Untersuchung durch Berufsrichter müßte der Verbrecher entweder für rehabilitierbar zahlungsunfähig oder für einen Bankerotteur erklärt werden. Im ersten Falle müßte er verpflichtet sein, alle seine Schulden zu bezahlen. Er wäre nichts als der Verwalter seines Vermögens und desjenigen seiner Frau. Seine Ansprüche, seine Erbschaften, alles gehörte seinen Gläubigern. Er müßte für ihre Rechnung und unter ihrer Aufsicht arbeiten. Kurz, er müßte sein Geschäft fortführen, jedoch bis zur völligen Befriedigung seiner Gläubiger zeichnen: ›N. N., in Konkurs‹. Im andern Falle, als Bankerotteur, müßte er dazu verurteilt werden, zwei Stunden, wie in der guten alten Zeit, die grüne Mütze auf dem Kopfe, im Börsensaal am Pranger zu stehen. Sein Vermögen sowie das seiner Frau und alle seine Ansprüche müßten seinen Gläubigem zufallen und er selbst müßte aus Frankreich verbannt werden.«
    »Gewiß würde dann die Geschäftswelt solider«, meinte Lourdois; »aber man würde allzu vorsichtig werden und den Unternehmungsgeist verlieren.«
    »Die heutigen Gesetze bekümmern niemanden«, fuhr Birotteau eifrig fort. »Unter hundert Kaufleuten sind mehr als fünfzig, deren Geschäfte nur auf fünfundsiebzig Prozent stehen und die ihre Waren fünfundzwanzig Prozent unter dem Inventurwerte verkaufen. Damit ruinieren sie den Handel.«
    »Herr Birotteau hat vollkommen recht«, bemerkte Molineux. »Das heutige Gesetz ist zu mild. Bankerotteure müßten die bürgerlichen Ehrenrechte verlieren.«
    »Unter Umständen«, sprach Birotteau weiter, »ist ein Kaufmann ein privilegierter Dieb. Mit seiner Wechselunterschrift kann er in jede Kasse langen.«
    »Sie sind etwas streng, Herr Birotteau!« äußerte Lourdois.
    »Er hat aber recht«, meinte der alte Ragon.
    »Wer Pleite macht, ist immer ein verdächtiges Individuum!« rief Cäsar, über den erlittenen kleinen Verlust aufgebracht, dessen Nachricht ihm ins Ohr hallte, wie der erste Halali-Ruf einem gejagten Hirsch.
    In dem Moment brachte der Markthelfer Chevets, des Traiteurs, die Rechnung; kurz darauf wurden weitere überreicht durch einen Kellner aus dem Café Foy und den Klarinettisten des Kapellmeisters Collinet.
    »Die Viertelstunde des Rabelais!« scherzte Ragon.
    »Der Ball war aber auch großartig!« meinte Lourdois.
    »Ich habe augenblicklich keine Zeit!« gab Cäsar den Überbringern Bescheid, die ihre Rechnungen zurückließen.
    Als Lourdois sah, daß der Baumeister einen von Birotteau unterschriebenen Wechsel zusammenfaltete, sagte er zu ihm:
    »Herr Grindot, prüfen Sie bitte, meine Rechnung und unterschreiben Sie sie! Da Sie alle Posten in Herrn Birotteaus Namen mit mir akkordiert haben, braucht sie bloß noch für richtig erklärt zu werden.«
    Pillerault sah die beiden an.
    »Preise zwischen Baumeister und Unternehmer ausgemacht!« flüsterte er Birotteau zu. »Mensch, du bist übers Ohr gehauen worden!«
    Grindot entfernte sich. Molineux folgte ihm und rief ihm in geheimnisvollem Tone zu:
    »Herr Grindot, Sie haben mich gehört, aber nicht verstanden. Kaufen Sie sich ja einen Regenschirm!«
    Grindot wurde ängstlich. Er hatte die Wohnung mit Liebe zur Sache umgebaut und eingerichtet; er hatte ihr viel Zeit und seine ganze Kraft gewidmet und sich für mehr als zehntausend Francs Mühe dabei gegeben. Er hatte seinen Stolz in die Sache gesetzt; aber die ausführenden Handwerker hatten ihn verführt. Auf ihre Drohungen hin, ihm durch Verleumdungen schaden zu wollen, hatte er mit ihnen paktiert. Weniger Eindruck machte die von Lourdois hingeworfene Bemerkung über die Bauspekulation an der Madeleine. In der Tat hegte Birotteau gar nicht die Absicht, daselbst auch nur ein einziges Haus zu bauen; er spekulierte einzig und allein auf das Steigen des Werts von Grund und Boden. Die Baumeister stehen sich zu den Handwerkern wie die Bühnendichter zu den Theaterdirektoren; sie hängen voneinander ab. Von Birotteau bevollmächtigt, die Preise auszumachen, hatte Grindot zu den Leuten seines Metiers gegen den Laien gehalten. Deshalb erklärten ihn auch Lourdois und seine Genossen für einen guten Kerl, mit dem sich famos arbeiten lasse. Jetzt ahnte der Baumeister, daß die Rechnungen, von deren Beträgen er Provision, erhalten sollte, auch nur mit Wechseln bezahlt werden würden. Molineux hatte ihm hinsichtlich ihrer Einlösung einen Floh ins Ohr gesetzt. Die Folge war: Grindot – grausam wie alle Künstler, wenn sie Spießbürgern gegenüberstehen – faßte

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