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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ohne auch nur einmal ihr Haupt nach dem Hause zurückzuwenden, in dem sie den dritten Teil ihres Lebens verbracht hatten. Schweigend setzten sie ihren Weg nach der Rue Bourdonnais fort, wo sie zum erstenmal seit ihrer Trennung mit Cäsar zusammen aßen. Es war eine traurige Mahlzeit. Jeder hatte Zeit zum Nachdenken gehabt, sich den Umfang der übernommenen Pflichten klargemacht und seine Standhaftigkeit geprüft. Sie fühlten sich alle drei wie Matrosen, die bereit sind, mit dem Unwetter zu kämpfen, ohne sich die Gefahr zu verhehlen. Birotteau faßte wieder Mut, als er vernahm, mit welchem Eifer hohe Persönlichkeiten für ihn gesorgt hatten; aber er mußte weinen, als er erfuhr, welche Stellung seine Tochter annehmen sollte. Dann drückte er seiner Frau die Hand, als er sah, mit welcher Tapferkeit sie wieder anfangen wollte zu arbeiten. Dem Onkel Pillerault wurden zum letztenmal in seinem Leben die Augen naß bei dem Anblick des rührenden Bildes dieser drei miteinander vereinigten und verschmolzenen Wesen, von denen das schwächste und niedergeschlagenste, Birotteau, die Hand erhob und sagte: »Wir wollen wieder hoffen!«
    »Der Ersparnis halber«, sagte der Onkel, »wirst du bei mir bleiben und mein Zimmer und mein Brot mit mir teilen. Ich habe mich schon lange so allein gelangweilt, du wirst mir mein armes Kind, das ich verloren habe, ersetzen. Von hier hast du nach der Rue de l'Oratoire zu deiner Kasse auch nur ein paar Schritte.«
    »Gütiger Gott,« rief Birotteau aus, »mitten im Unwetter leitet mich noch ein freundlicher Stern.«
    Wenn der Unglückliche sich in sein Schicksal ergeben hat, dann hat er seinem Unglück eine Grenze gesetzt. Da Birotteaus Sturz nunmehr eine vollzogene Tatsache war, sträubte er sich nicht mehr dagegen und gewann seine Kraft wieder zurück. Ein Kaufmann, der Konkurs angemeldet hat, dürfte sich eigentlich mit nichts anderem beschäftigen, als eine Oase in Frankreich oder im Auslande aufzusuchen, um dort zu leben und sich mit nichts zu befassen, wie ein Kind, das er ja jetzt ist; denn das Gesetz erklärt ihn für minorenn und für unfähig, irgendeinen öffentlich- oder privatrechtlichen Akt zu vollziehen. In Wirklichkeit geschieht das jedoch nicht so. Bevor er sich wieder sehen läßt, wartet er einen Geleitsbrief ab, dessen Ausstellung noch niemals von einem Konkursverwalter oder Gläubiger verweigert worden ist, denn wenn er ohne dieses »exeat« betroffen würde, müßte er verhaftet werden, während er im Besitz dieses Schutzbriefes sich als Parlamentär auf feindlichem Gebiet bewegen kann, nicht aus Neugierde, sondern um den dem Konkursschuldner feindlichen Gesetzesbestimmungen entgegenzuwirken. Jedes Gesetz, das in das Privateigentum eingreift, muß notwendigerweise die Fähigkeit, Betrügereien zu ersinnen, ausgiebig entwickeln. Das Denken des Bankrotteurs wie das eines jeden, dessen Interessen durch irgendein Gesetz geschädigt werden, richtet sich darauf, es in bezug auf sich unwirksam zu machen. Dieser Zustand des bürgerlichen Todes, in dem der in Konkurs Geratene wie eine Schmetterlingspuppe verharren muß, währt etwa drei Monate, welche Zeit für die Formalitäten erforderlich ist, bevor man zu der Versammlung schreitet, in der die Gläubiger und der Schuldner einen Friedensvertrag schließen, eine Transaktion, die der »Vergleich« genannt wird. Diese Bezeichnung zeigt deutlich genug, daß nach dem Sturm, der durch die gewaltsam verletzten Interessen erregt war, nunmehr wieder Einvernehmen herrscht.
    Zur Prüfung der Forderungen ernennt das Handelsgericht nun sofort einen Konkursverwalter, der über die Interessen der Masse der unbekannten Gläubiger zu wachen und den Schuldner gegen vexatorische Angriffe seiner gereizten Gläubiger zu schützen hat; eine Doppelrolle, die zu spielen vortrefflich wäre, wenn die Konkursverwalter die Zeit dazu hätten. Der Konkursverwalter überträgt jetzt einem Agenten das Recht, die Hand auf das Geschäft, die Immobilien, die Waren zu legen und die in der Bilanz aufgeführten Aktiva nachzuprüfen; endlich erläßt der Gerichtsschreiber eine Aufforderung an alle Gläubiger, die mit dem Trompetenton der Annonce in den Zeitungen bekanntgemacht wird. Die angeblichen oder wirklichen Gläubiger werden dadurch verpflichtet, eiligst zusammenzutreten und die provisorischen Syndici zu ernennen, die an die Stelle des Agenten treten, sich die Schuhe des Schuldners anziehen, durch eine Fiktion des Gesetzes der Kridar selber werden, um nun

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