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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht beizustehen. Schiffbrüchige sind einander Hilfe und Unterstützung schuldig. Man würde ihre Lage also nach Möglichkeit erleichtern und wenn sich eine Gelegenheit zur Flucht bot, so würde Herr Sergius sie nicht verlassen. Waren es doch Landsleute von ihm… Waren es doch Menschen wie er!
    Vierzehn Tage vergingen, während deren man sich allmählich in die neue Lage hineinfand. Jeden Morgen war man verpflichtet, vor dem eingeborenen Herrscher zu erscheinen und seine Nergeleien wegen des geforderten Lösegeldes über sich ergehen zu lassen. Er brauste auf, stieß Drohungen aus, schwor bei seinen Götzen… Nicht für sich selber, für sie verlange er den Befreiungstribut.
    »Alter Schelm!« rief Herr Cascabel. »Fang einmal damit an, daß du uns das gestohlene Geld zurückgiebst!… Dann sehen wir weiter!«
    Überhaupt war die Zukunft besorgniserregend. Man mußte immer fürchten, daß er seine Drohungen ausführen könnte, dieser Tschu-Tschuk, oder vielmehr Tuck-Tuck, wie Herr Cascabel ihn nannte, obgleich ein Kosename, ihm ungefähr so gut stehe, wie ein Schäferhut einem gelbhaarigen Englishman!«
    Und er sann noch immer auf irgend ein Mittel, ihm einen Streich nach seinem Geschmack zu spielen. Was für einen?… Er sann und fand nichts. Schließlich fragte er sich, ob sein Sack denn leer sei; unter diesem Sacke verstand er sein Gehirn. In der That, der Mann, welcher sich den schönen, ebenso kühnen als bedauerlichen Einfall gestattet hatte, aus Amerika über Asien nach Europa zu reisen, hatte allen Grund, sich jetzt nur mehr für einen Dummkopf anzusehen.
    »Nicht doch, Cäsar, nicht doch!« sagte Cornelia wiederholt zu ihm. »Du wirst schließlich schon einen seinen Kniff ersinnen!… Du wirst in einem Augenblick darauf verfallen, wo du am wenigsten daran denkst!«
    »Glaubst du?…«
    »Ich bin dessen gewiß!«
    War es nicht rührend, das unerschütterliche Vertrauen zu sehen, welches Frau Cascabel trotz jenes unglückseligen Reiseplanes nach wie vor in das Genie ihres Mannes setzte?
    Überdies war Herr Sergius zur Stelle, um ihnen allen Mut einzuflößen, wenngleich seine Versuche, Tschu-Tschuk von seinen Ansprüchen abzubringen, keinen Erfolg hatten. Übrigens war kein Grund zu allzu großer Ungeduld vorhanden. Selbst wenn der eingeborene Häuptling sich dazu verstanden hätte, ihr die Freiheit zu schenken, so hätte die Familie Cascabel die Kotelnii-Insel nicht im tiefen Winter, bei einer Temperatur von vierzig Grad unter Null, verlassen können.
    Der fünfundzwanzigste Dezember kam heran und Cornelia wollte Weihnachten mit einigem Glanze gefeiert sehen. Der Glanz sollte einfach darin bestehen, daß sie ihren Gästen ein sorgfältiger zubereitetes und reicheres Mahl als gewöhnlich vorsetzte, bei dem die Konserven die Hauptkosten zu tragen hatten. Da es ihr überdies weder an Mehl, noch an Reis und Zucker fehlte, so verwendete die vortreffliche Hausfrau ihre ganze Sorgfalt darauf, einen riesigen Kuchen zu backen, dessen Erfolg im voraus gesichert war.
    Die beiden russischen Matrosen wurden zu diesem Schmause entboten und leisteten der Einladung Folge. Es war das erste Mal, daß sie das Innere der Belle-Roulotte betraten.
    Sowie der eine von ihnen – der sich Kirschef nannte – sprach, fiel der Klang seiner Stimme Kayetten auf. Diese Stimme schien ihr nicht unbekannt. Aber wo sie dieselbe schon einmal gehört, das hätte sie nicht zu sagen vermocht.
    Übrigens fühlten sich weder Cornelia, noch Napoleone, noch auch Clou zu diesen beiden Menschen hingezogen, welche sich in der Gegenwart von ihresgleichen unbehaglich zu fühlen schienen.
    Gegen Ende der Mahlzeit erzählte Herr Sergius auf Ortiks Bitte die Erlebnisse der Familie Cascabel in der alaskischen Provinz, – wie dieselbe ihn halbtot aufgefunden und gerettet habe, als einige Spießgesellen der Karnossschen Bande einen Mordversuch an ihm verübt. Wären ihre Gesichter im vollen Lichte gewesen, so hätte man sehen können, wie die beiden Matrosen bei der Erwähnung jenes Verbrechens einen eigentümlichen Blick tauschten. Aber dieser Blick blieb unbemerkt und nachdem sie ihren gehörigen Anteil an dem Kuchen bekommen hatten, der reichlich mit Wódka benetzt wurde, verließen Ortik und Kirschef die Belle-Roulotte.
    Sobald sie draußen waren, sagte der eine:
    »Ein nettes Zusammentreffen!… Es ist der Russe, den wir an der Grenze angegriffen haben und den wir ohne die Dazwischenkunft jener verdammten Indianerin umgebracht…«
    »Und beraubt

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