Cäsar Cascabel
haben?…«
»Hm! hm!«
Herr Cascabel äußerte sich nicht weiter. Aber welch ein Lächeln flog über seine Lippen, welch ein Blitz leuchtete in seinen Augen auf!
Als sie von dieser Antwort ihres Mannes hörte, sagte Cornelia denn auch:
»Cäsar hat sicher etwas erdacht!… Was?… ich weiß es nicht! Aber schließlich war das von einem solchen Manne vorauszusehen!«
»Der Vater ist schlauer als Herr Tschu-Tschuk!« versetzte die kleine Napoleone.
»Habt ihr bemerkt,« fragte Xander, »daß er die Gewohnheit angenommen hat, ihn einen wackern Alten zu nennen?… Ein freundschaftlicher Spitzname!«
»Wenn es nicht etwa gerade das Gegenteil ist!…« meinte Clou-de-Girofle.
Während der zweiten Hälfte des Februar stieg die Temperatur sehr fühlbar. Dank dem Südwinde verbreiteten sich einige minder kalte Luftströmungen durch die Atmosphäre.
Es war also keine Zeit zu verlieren. Nachdem man infolge der verspäteten Winterfröste mit dem Eisbruch in der Beringstraße gekämpft hatte, würde es wirklich etwas stark sein, sich durch verfrühtes Frühlingstauwetter denselben Gefahren ausgesetzt zu sehen.
In der That, wenn Herrn Cascabels Plan gelingen sollte, wenn er Tschu-Tschuk dazu bewog, ihn mitsamt seinem Personal und Material ziehen zu lassen, so mußte die Abreise stattfinden, während das gleichmäßig gefrorene Eisfeld sich noch von der Liakhossgruppe bis an die sibirische Küste erstreckte.
Ein gutes Renntiergespann würde diesen Teil der Reise unter verhältnismäßig günstigen Umständen zurücklegen können und die Reisenden brauchten keine neue Eiskalamität zu befürchten.
»Sagen Sie, mein lieber Cascabel,« fragte Herr Sergius eines Tages, »Sie hoffen also, daß jener alte Schelm von einem Tschu-Tschuk Ihnen die Renntiere stellen werde, die Sie zur Beförderung Ihres Wagens auf das Festland brauchen?«
»Herr Sergius,« antwortete Herr Cascabel ernst »Tuck-Tuck ist kein alter Schelm. Er ist sogar ein würdiger und vortrefflicher Mann! Wenn er sich dazu versteht, uns ziehen zu lassen, so wird er uns erlauben, die Belle-Roulotte mitzunehmen, und wenn er das erlaubt, so kann er nicht weniger thun, als uns zwanzig, fünfzig, hundert, tausend Renntiere anzubieten – falls ich es verlange!«
»Also sind Sie Ihrer Sache gewiß?…«
»Ob ich meines Tuck-Tuck gewiß bin?… Jawohl, so gewiß, als hielte ich seine Nasenspitze zwischen meinen Fingern, Herr Sergius!… Und ich habe einen festen Griff!«
Noch immer jene sichere Haltung, noch immer jenes selbstzufriedene Lächeln! Und an jenem Tage legte er noch obendrein Zeige-und Mittelfinger an die gekräuselten Lippen und sandte einen Kuß an die Adresse Seiner einheimischen Majestät ab. Da Herr Sergius indessen sah, daß er die absoluteste Zurückhaltung bezüglich seiner Pläne zu beobachten wünschte, so hatte er den guten Geschmack, nicht weiter in ihn zu dringen.
Inzwischen begannen die Unterthanen Tschu-dank der milderen Temperatur, wieder ihren gewohnten Beschäftigungen, der Jagd auf Vögel und auf die von neuem auf der Eisfläche erscheinenden Seehunde, nachzugehen. Auch die während der großen Fröste unterbrochenen religiösen Ceremonien wurden wieder aufgenommen und riefen die Andächtigen, wie früher, in die Götzengrotte.
Es war am Freitag einer jeden Woche, wo das Zusammenströmen des ganzen Stammes diesen Ceremonien den größten Glanz verlieh. Die Freitage scheinen die Sonntage Neusibiriens zu sein. Der neunundzwanzigste Februar – das Jahr eintausendachthundertachtundsechzig war ein Schaltjahr – war ein solcher Freitag und sollte mit einer allgemeinen Prozession der Eingeborenen gefeiert werden.
Am Vorabend dieses Festes begnügte Herr Cascabel sich, beim Schlafengehen einfach zu sagen: »Morgen werden wir der Ceremonie im Vorspük in Gesellschaft unseres Freundes Tuck-Tuck anwohnen.«
»Wie?… Das willst du Cäsar?…« antwortete Cornelia.
»Ich will es!«
Was hatte dieser so kategorisch formulierte Vorschlag zu bedeuten? Hoffte Herr Cascabel etwa den Inselherrscher zu besänftigen, indem er sich an seinen abergläubischen Andachtsübungen beteiligte? Gewiß, Tschu-Tschuk würde es gern sehen, wenn die Gefangenen den Göttern des Landes huldigten. Aber es war etwas viel verlangt, daß sie dieselben anbeten und sich zur einheimischen Religion bekennen sollten; Herr Cascabel würde schwerlich bis zur Apostasie gehen, um Seine neusibirische Majestät zu ködern!… Pfui!…
Wie dem auch sein mochte, am nächsten
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