Cäsar Cascabel
Gassen, unbequeme Häuser, Gasthöfe, deren Lob den Reisenden nie in den Sinn gekommen zu sein scheint.
Schließlich waren bauliche Fragen von geringer Wichtigkeit für die Familie Cascabel. War doch ihr rollendes Haus jedem andern vorzuziehen! Sie würde es weder mit dem Saint-Nikolashotel in Newyork, noch mit dem Grandhotel in Paris vertauscht haben.
»Man bedenke!« sagte er wiederholt. Die Belle-Roulotte ist von Sakramento bis Perm gefahren!… Nichts geringeres, wenn’s gefällig ist!… Man zeige mir doch ein Pariser, Londoner, Wiener oder Newyorker Hotel, das je etwas ähnliches vollbracht hätte!«
Was kann man auf Argumente dieser Art erwidern?
An jenem Tage hatte Perm sich also um ein Haus vermehrt, welches mitten auf seinem Marktplatze stand, und zwar mit Erlaubnis des Civilgouverneurs, einer Persönlichkeit, deren Funktionen denen eines französischen Departementspräfekten gleichkommen. Diese Persönlichkeit hatte nichts Verdächtiges in den Papieren der Truppe Cascabel gefunden.
Die Ankunft der Belle-Roulotte hatte sofort die öffentliche Neugier erregt. Französische Gaukler, die mitten aus Amerika kamen, in einem von Renntieren gezogenen Wagen!… Der geschickte Direktor hoffte denn auch großen Vorteil aus der Begeisterung des Publikums zu ziehen.
Der Jahrmarkt zu Perm war in vollem Gange und sollte noch einige Tage währen. Da waren also ein paar reichliche Einnahmen gesichert. Aber man durfte keine Zeit verlieren, da es sich darum handelte, erst in Perm und dann in Nischni das zur Rückkehr nach Frankreich nötige Geld zu verdienen. Später würde man schon sehen. Man stellte das der Gnade des Himmels anheim, der sich ohnehin der Familie Cascabel gegenüber immer äußerst gnädig erwiesen hatte.
Demzufolge war alle Welt zu sehr früher Morgenstunde auf den Beinen. Jean, Xander, Clou und die beiden russischen Matrosen wetteiferten mit einander in gutem Willen bei den Vorbereitungen zur Vorstellung. Was Herrn Sergius betrifft, so war er nicht zurückgekehrt, wie er versprochen – was Ortik lebhaft verdroß und Herrn Cascabel sehr beunruhigte.
Gleich anfangs hatte man die Vorstellung durch nachstehendes Plakat angekündigt – ein nach dem Diktate des Herrn Sergius mit großen Buchstaben in russischer Sprache geschriebenes Plakat:
Familie Cascabel.
Französische Truppe auf der Rückkehr aus Amerika.
Gymnastik. Taschenspielerei, Equilibristik, Kraft-und Geschicklichkeitsproben, Tanz, Grazie und Sinnenreize.
Personen:
Herr Cascabel , Herkules ersten Ranges in allen Genres. Frau Cascabel , Ringkämpferin ersten Ranges in allen Genres, Besitzerin des großen Preises vom internationalen Wettringen zu Chicago. Herr Jean , Equilibrist in allen Genres. Herr Xander , Clown in allen Genres. Fräulein Napoleone , Tänzerin in allen Genres. Herr Clou-de-Girofle , Hanswurst in allen Genres. Jako , Papagei in allen Genres. John Bull , Affe in allen Genres. Wagram und Marengo , Hunde in allen Genres.
Große Attraktion .
Die Räuber des Schwarzwaldes.
Pantomime mit Verlobung, Hochhzeit, Überraschungen und Lösung. Ungeheuerer Erfolg, erwiesen durch 3177 Aufführungen in Frankreich und im Ausland.
Zur Beachtung : Da die gesprochene Rede aus dieser Pantomime verbannt und durch Gebedenspiel in allen Genres ersetzt ist, so ist dieses Meisterwerk der dramatischen Kunst selbst für Personen, welche an beklagenswerter Taubheit leiden, verständlich.
Zur Bequemlichkeit des Publikums ist der Eintritt gratis gestattet. Der Preis der Plätze wird erst behoben werden, nachdem dieselben besetzt worden sind.
Preis: 40 Kopeken ohne Unterschied.
Die Vorstellung ward solcherart angekündigt. (Seite 320.)
Gewöhnlich gab Herr Cascabel seine Vorstellungen unter freiem Himmel, nachdem er eine kreisförmige Zeltleinwand vor der Belle-Roulotte aufgespannt hatte. Aber es fand sich, daß der große Platz von Perm einen aus Brettern gezimmerten Cirkus besaß, welcher zu Reiterei-Übungen diente. Obgleich dieser Bau ziemlich verwittert war und Wind und Regen einließ, stand er noch fest und konnte zweihundert bis zweihundertundfünfzig Zuschauer fassen.
So wie er eben war, paßte er Herrn Cascabel doch besser, als die Zeltleinwand. Er ersuchte daher den Bürgermeister um die Ermächtigung, ihn während seines Aufenthaltes in der Stadt benützen zu dürfen, und diese Ermächtigung wurde ihm gnädigst erteilt.
Die Russen waren wirklich wackere Leute – wenn sich auch
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