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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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glauben…«
    »Nun, ich glaube, es wäre besser für mich, bei denen zu bleiben, die mich aufgenommen… mich hingebend gepflegt haben…«
    »Nur so so, mein Herr!« antwortete Herr Cascabel. »Aber Sie müssen doch sofort einen Arzt konsultieren.«
    »Kann er nicht hierher kommen?«
    »Nichts leichter als das; ich gehe selber, um den besten in der Stadt zu suchen.«
    Die Belle-Roulotte hatte am Eingange von Sitka, neben einem mit Bäumen bepflanzten, bis an den Hochwald führenden Spazierwege Halt gemacht. Dort besuchte Doktor Harry, an den man Herrn Cascabel gewiesen, den Russen.
    Nachdem er die Wunde aufmerksam untersucht hatte, erklärte der Arzt, daß sie nicht mehr gefährlich sei, da der Dolchstoß durch eine Rippe abgelenkt worden. Kein edles Organ sei verletzt; und dank den kalten Umschlägen, dank dem Safte der von der jungen Indianerin gesammelten Kräuter, werde die bereits begonnene Vernarbung bald soweit vorgeschritten sein, daß der Verwundete aufstehen könne. Sein Zustand sei durchaus befriedigend und er dürfe von nun an Nahrung zu sich nehmen. Aber wenn Kayette ihn nicht gefunden, wenn die Sorgfalt der Frau Cascabel nicht der Blutung Einhalt gethan hätte, so würde er ganz gewiß einige Stunden nach dem an ihm verübten Attentate gestorben sein.
    Des weiteren sagte Doktor Harry, daß der Mord seiner Meinung nach das Werk gewisser Mitglieder der Karnossschen Bande, oder des Karnoff selber sei, dessen Anwesenheit im Osten der Provinz signalisiert worden. Dieser Karnoff sei ein Missethäter russischen oder eigentlich sibirischen Ursprungs, der an der Spitze eines Trupps von Deserteuren stehe, wie man deren öfter in den russischen Besitzungen Asiens und Amerikas antreffe. Umsonst seien Prämien auf die Gefangennahme der Bande ausgesetzt worden. Diese ebenso gefürchteten wie furchtbaren Schurken seien bisher der Gerechtigkeit entgangen. Und dennoch haben häufige Verbrechen, Diebstähle und Morde, besonders im südlichen Teile des Gebietes, Schrecken verbreitet. Die Sicherheit der Reisenden, der Handelsleute, der Beamten, der Pelzgeselsschaften sei nicht länger gewährleistet, und auch dies neue Verbrechen müsse den Spießgesellen Karnoffs zugeschrieben werden.
    Als er sich empfahl, ließ Doktor Harry die Familie sehr beruhigt über den Zustand ihres Gastes zurück.
    Herr Cascabel hatte von vornherein die Absicht gehegt, in Sitka einige Tage lang der Ruhe zu pflegen, – einer Ruhe, welche seinem Personal nach einer Reise von fast siebenhundert Meilen von der Sierra Nevada an gewiß gebührte. Überdies dachte er seine kleinen Ersparnisse durch zwei, drei gute Einnahmen in dieser Stadt zu vergrößern.
    »Kinder, man ist nicht mehr in England,« sagte er; »man ist in Amerika, und vor Amerikanern darf man arbeiten!«
    Dabei zweifelte Herr Cascabel keinen Augenblick, daß der Ruf seiner Familie bereits zu der alaskischen Bevölkerung gedrungen sei und daß man sich in Sitka sage:
    »Die Cascabels sind in unseren Mauern!«
    Die Pläne des Herrn Cascabel wurden auch durch ein Gespräch. welches zwei Tage später zwischen ihm und dem Russen stattfand, beeinflußt.
    Der letztere – in Cornelias Augen war er zum mindesten ein Fürst – wußte jetzt, daß seine wackeren Retter arme Jahrmarktskünstler seien, welche in Amerika umherzogen. Sämtliche Cascabels waren ihm vorgestellt worden; desgleichen die junge Indianerin, der er sein Leben verdankte.
    Und eines Abends, als das ganze Personal beisammen war, erzählte er seine Geschichte, oder doch wenigstens soviel davon, als für Fremde wissenswert war. Er sprach das Französische so fließend, als ob es seine Muttersprache wäre; nur rollte er das »r« ein wenig – was der moskowitischen Aussprache eine zugleich angenehme und energische Färbung verleiht und das Ohr mit eigentümlichem Zauber berührt.
    Übrigens war seine Erzählung äußerst einfach. Nichts sehr Abenteuerliches und auch nichts Romanhaftes.
    Er hieß Sergius Wassiliowitsch – und von nun an nannte man ihn in der Familie Cascabel mit seiner Erlaubnis nur mehr »Herr Sergius.« Von seinen sämtlichen Verwandten war nur noch sein Vater am Leben, welcher im Gouvernement Perm, unweit der Stadt dieses Namens, auf einem Landgut wohnte. Von Reiselust und Geschmack für Entdeckungen und geographische Forschungen getrieben, hatte Herr Sergius Rußland vor drei Jahren verlassen. Nachdem er die Territorien der Hudsonbai studiert, hatte er sich eben zu einer Forschungsreise durch Alaska, vom

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