Cäsar Cascabel
Vorbereitungen zur nahen Abreise. Man durfte nichts unterlassen, um den Erfolg dieser Reise auf einer Strecke von fünfhundert Meilen von Sitka bis zur Beringstraße zu sichern.
Herr Sergius konnte sich zum erstenmale im Freien bewegen. (Seite 104.)
Das ziemlich unbekannte Land bot allerdings keine großen Gefahren, weder von wilden Tieren, noch von wandernden oder ansässigen Indianern; und man würde bei den verschiedenen, von den Beamten der Pelzgesellschaften bewohnten Faktoreien Halt machen können. Die Hauptsache war, sich mit dem täglichen Lebensbedarfe zu versehen, da die Hilfsquellen des Landes mit Ausnahme der Jagd gleich Null sein mußten.
Selbstverständlich besprach die Familie diese Fragen mit Herrn Sergius.
»Vor allem,« sagte Herr Cascabel, »müssen wir den Umstand im Auge behalten, daß wir nicht während der strengen Jahreszeit zu reisen brauchen.«
»Das ist ein Glück,« antwortete Herr Sergius, »denn der alaskische Winter ist grausam unterm Polarkreise.«
»Dann reisen wir auch nicht blindlings ins Land hinein,« fügte Jean hinzu. »Herr Sergius muß ein tüchtiger Geograph sein…«
»O,« erwiderte Herr Sergius, »in einem unbekannten Lande findet auch ein Geograph sich schwer zurecht. Aber mein Freund Jean hat sich mit seinen Landkarten bis hierher recht gut aus der Sache gezogen und so hoffe ich, daß wir auch zu zweien Erfolg haben werden. Überdies habe ich eine Idee, die ich Ihnen später mitteilen will…«
Sobald Herr Sergius eine Idee hatte, konnte es nur eine vortreffliche sein, und man ließ ihr volle Zeit, zu reisen, um sie dann in Ausführung zu bringen.
Da es ihm nicht an Geld gebrach, erneuerte Herr Cascabel seine Vorräte an Mehl, Schmalz, Reis, Tabak und insbesondere an Thee, welcher in Alaska in großen Mengen konsumiert wird. Dann kaufte er auch in der Niederlage der russisch-amerikanischen Gesellschaft Schinken, Rauchfleisch, Zwieback und Konserven ein. Angesichts der Zuflüsse des Youkon würde es unterwegs nicht an Wasser fehlen; aber dasselbe konnte durch einen kleinen Zusatz von Zucker und Cognac, oder eigentlich, »Wódka«, einer Art Branntwein, welche bei den Russen sehr beliebt ist, nur an Güte gewinnen. Daher versah man sich reichlich mit Zucker und Wódka. Was den Brennstoff betrifft, so nahm die Belle-Roulotte, trotzdem die Wälder denselben zu liefern hatten, eine Tonne vortrefflicher Vancouverkohle mit; nur eine Tonne, denn man durfte sie nicht zu schwer belasten.
Unterdessen hatte man in der zweiten Wagenabteilung einen Aushilfsverschlag angebracht, mit dem Herr Sergius sich begnügen wollte und der mit gutem Bettzeug versehen ward. Man kaufte auch Decken ein, sowie jene Hasenpelze, deren die Indianer sich im Winter soviel zu bedienen pflegen. Und für den Fall, daß man unterwegs genötigt wäre, das eine oder andere anzuschaffen, versah Herr Sergius sich mit jenen billigen Glasperlen, Kattunstoffen, Messern und Scheren, welche die gangbare Münze zwischen Händlern und Eingeborenen bilden.
Da man bei dem in jenem Landstriche herrschenden Überflusse an Damwild, Renntieren, Hasen, Auerhähnen, Gänsen und Rebhühnern auf die Jagd rechnen durfte, wurden Pulver und Blei in genügender Quantität angekauft. Herr Sergius konnte sich sogar zwei Flinten und einen Karabiner verschaffen, welche das Arsenal der Belle-Roulotte vervollständigten. Er war ein guter Schütze und würde sich ein Vergnügen daraus machen, in Gesellschaft seines Freundes Jean zu jagen.
Zudem durfte man nicht vergessen, daß die Karnoffsche Bande vielleicht in der Umgebung von Sitka ihr Unwesen trieb, daß man vor einem Angriffe dieser Übelthäter auf der Hut sein und sie gegebenen Falles nach Verdienst empfangen mußte.
»Denn,« bemerkte Herr Cascabel, »auf die Anforderungen, welche diese indiskreten Leute an uns stellen könnten, wüßte ich mir keine bessere Antwort, als eine Kugel vor die Brust…«
»Wenn nicht etwa vor den Kopf!« bemerkte Clou-de-Girofle scharfsinnig.
Mit einem Worte, dank dem Handel, welchen die Hauptstadt von Alaska mit den verschiedenen Städten Kolumbias und den Häfen des Stillen Oceans betrieb, vermochten Herr Sergius und seine Gefährten die zu einer langen Reise durch die Wildnis notwendigen Gegenstände zu nicht allzu übertriebenen Preisen zu erwerben.
Diese Vorkehrungen waren erst in der vorletzten Woche des Juni beendet und die Abfahrt wurde definitiv auf den sechsundzwanzigsten festgesetzt. Da man die Beringstraße nicht
Weitere Kostenlose Bücher