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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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verstreut ihre äußerst primitiv gebauten Hütten. Eine niedrige Thür führt in einen runden, manchmal in zwei Abteilungen geteilten Raum, welcher nur durch ein Loch in der Decke Licht erhält und auch keinen anderen Ausweg für den Rauch des Herdes besitzt. Diese Hütten bilden insgesamt eine Vorstadt Sitkas, eine Vorstadt
extra muros
. Nach Sonnenuntergang hat kein Indianer das Recht, in der Stadt zu verweilen, – ein durch die oft bedenklichen Beziehungen zwischen Indianern und Weißen gerechtfertigtes Verbot.
    Außerhalb Sitkas mußte die Belle-Roulotte vorerst mit Hilfe dazu bestimmter Fähren über eine Anzahl schmaler Flüsse setzen, um an das geschlängelte Ufer eines Golfes zu gelangen, welcher in eine Spitze ausläuft und als Lyan-Kanal bekannt ist.
    Von da an war man auf festem Lande.
    Der Reiseplan, oder eigentlich die Marschroute, war sorgfältig von Herrn Sergius und Jean auf den großen Landkarten studiert worden, die ihnen im Gardens-Klub leicht zugänglich gewesen. Da Kayette die Gegend kannte, hatte man auch sie um ihre Meinung befragt. Ihr lebhafter Geist gestattete ihr, die Zeichen der vor ihr ausgebreiteten Karte zu begreifen. Sie drückte sich abwechselnd in indianischer und russischer Sprache aus und ihre Bemerkungen erwiesen sich als sehr nützlich für die Besprechung. Man mußte, wenn nicht den kürzesten, so doch jedenfalls den leichtesten Weg nach dem auf der östlichen Küste der Meerenge gelegenen Port-Clarence wählen. Demnach beschloß man, daß die Belle-Roulotte direkt auf den großen und bedeutenden Fluß Youkon zusteuern solle, welchen sie bei dem gleichnamigen Fort, fast auf der Hälfte des Weges, cirka zweihundertfünfzig Meilen von Sitka, erreichen würde. Auf diese Weise wich man den Schwierigkeiten aus, die eine Reise längs der teilweise gebirgigen Küste geboten hätte. Dagegen breitete das Youkon-Thal sich zwischen den verworrenen Höhenzügen des Westens und den Rocky-Mountains aus, welch letztere Alaska von dem Flußgebiete des Mackenzie und von Britisch-Amerika trennen.
    Demzufolge sah die Familie Cascabel einige Tage nach ihrer Abreise die regellosen Umrisse der Küste mit den hohen Gipfeln des Schönwetter-und des Elias-Berges im Südwesten verschwinden.
    Die sorgfältig geregelten Marsch-und Raststunden wurden streng eingehalten. Man hatte keinen Grund zur Eile und es war besser,
piano
zu gehen, um
sano
zu gehen. Die Hauptsache war, die beiden Pferde zu schonen, die nur durch ein Renntiergespann ersetzt werden konnten, falls man sie verlöre, – eine Eventualität, der man um jeden Preis ausweichen mußte. So brach man denn jeden Morgen gegen sechs Uhr auf, machte mittags zwei Stunden lang Halt, und fuhr bis sechs Uhr abends weiter, um dann die ganze Nacht hindurch zu rasten. Auf diese Weise legte man durchschnittlich fünf bis sechs Meilen pro Tag zurück.
    Wenn man übrigens Eile gehabt hätte, so wäre nichts leichter gewesen, als bei Nacht zu fahren, denn die Sonne von Alaska war, wie Herr Cascabel bemerkte, durchaus nicht träge.
    »Kaum ist sie untergegangen, so geht sie schon wieder auf!« sagte er. »Dreiundzwanzig Stunden Beleuchtung und sie wird darum nicht besser bezahlt als anderswo!«
    In der That sank die Sonne in dieser Epoche, nämlich zur Zeit der Sommersonnenwende, und in dieser hohen Zone, um elf Uhr siebzehn Minuten abends, und ging um elf Uhr neunundvierzig Minuten wieder auf, so daß sie nur zweiunddreißig Minuten lang hinter dem Horizonte verschwunden blieb, und die auf ihren Untergang folgende Abenddämmerung ohne Unterbrechung in den neuen Morgenschein hinüberfloß.
    Was die Temperatur betrifft, so war sie heiß und manchmal sogar erstickend schwül. Unter diesen Umständen wäre es mehr als unvernünftig gewesen, nicht während der glühenden Mittagsstunden Rast zu halten. Menschen und Tiere litten sehr empfindlich von dieser außerordentlichen Hitze. Wer würde glauben, daß das Thermometer an der Grenze des Polarkreises manchmal auf dreißig Grad Celsius über Null steigt? Und dennoch ist dem so.
     

    Die Belle-Roulotte mußte eine Anzahl enger Fahrwasser passieren. (Seite 109.)
     
    Obgleich die Reise sicher und ohne große Schwierigkeiten von statten ging, klagte die von der unausstehlichen Hitze arg mitgenommene Cornelia, und nicht ohne Grund.
    »Sie werden sich bald nach dem sehnen, was Ihnen jetzt so schwer zu ertragen scheint!« sagte Herr Sergius eines Tages zu ihr.
    »Nach einer solchen Hitze?… niemals!« rief sie

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