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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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aus.
    »In der That, Mutter,« bestätigte Jean. »Jenseits der Beringstraße, in den sibirischen Steppen, wirst du noch ganz anders von der Kälte leiden!«
    »Einverstanden, Herr Sergius,« antwortete Herr Cascabel. »Aber während man sich der Hitze nicht erwehren kann, ist es doch wenigstens möglich, sich mit Hilfe des Feuers vor der Kälte zu schützen.«
    »Allerdings, mein Freund,« erwiderte Herr Sergius, »und das werden Sie auch in einigen Monaten thun müssen, denn die Kälte wird schrecklich sein, vergessen Sie das nicht!«
    Nachdem die Belle-Roulotte sich durch die »Canons,« enge, kapriziös zwischen die mittelhohen Berge eingezwängte Schluchten, hindurchgewunden, sah sie am dritten Juli nur mehr weite Ebenen mit spärlichen Wäldern vor sich.
    An jenem Tage fuhr sie an einem kleinen See, dem Dease-See entlang, welchem der Lewis-Rio, einer der bedeutendsten Nebenflüsse des unteren Youkon, entsprang. Kayette erkannte denselben.
    »Ja,« sagte sie. »Das ist der Cargu, der sich in unseren großen Fluß ergießt!«
    Und sie erklärte Jean, daß »Cargu« in alaskischer Sprache wörtlich »kleiner Fluß« bedeute.
    Aber vernachlässigten es die Künstler der Cascabelschen Truppe während dieser Reise ohne Hindernisse und Anstrengungen ihre Übungen zu wiederholen, sich die Kraft ihrer Muskeln, die Geschmeidigkeit ihrer Glieder, die Geschicklichkeit ihrer Hände zu erhalten? Gewiß nicht; wenn die Hitze es gestattete, verwandelte der abendliche Rastplatz sich in eine Arena, welche nur Herrn Sergius und Kayette zu Zuschauern hatte. Dann bewunderten beide die Heldenthaten dieser tapferen Familie – die junge Indianerin nicht ohne einiges Erstaunen, Herr Sergius mit Wohlwollen.
    Herr und Frau Cascabel übten sich abwechselnd im Heben schwerer Gewichte und im Werfen und Auffangen von Hanteln; Xander erging sich in den Verrenkungen, die seine Spezialität bildeten; Napoleone betrat das zwischen zwei Pfosten aufgespannte Seil und entfaltete ihre Anmut als Tänzerin, während Clou vor einem vermeintlichen Publikum paradierte.
    Freilich hätte Jean es vorgezogen, bei seinen Büchern zu bleiben, sich im Geplauder mit Herrn Sergius zu bilden, oder Kayette zu unterrichten, welche unter seiner Leitung sehr schnelle Fortschritte in der französischen Sprache machte; aber der Vater verlangte, daß er nichts von seiner bemerkenswerten Geschicklichkeit als Equilibrist einbüße, und so schnellte er aus Gehorsam seine Gläser, Ringe, Kugeln, Messer und Stäbchen umher, – derweil er an ganz andere Dinge dachte, der arme Junge!
    Übrigens empfand er große Befriedigung darüber, daß Herr Cascabel seinen Wunsch aufgeben mußte, Kayette zur Jahrmarktskünstlerin heranzubilden. Da das junge Mädchen von Herrn Sergius, einem reichen, gelehrten, der besten Gesellschaft angehörenden Manne, adoptiert worden, war ihre Zukunft in achtbarster Weise gesichert. Ja! Das freute ihn, diesen wackern Jean, obgleich ihm andererseits der Gedanke, daß Kayette die Seinen verlassen werde, sobald sie die Beringstraße erreichten, ernstlichen Kummer bereitete. Und dieses Leid hätte man vermieden, wenn sie als Tänzerin bei der Truppe geblieben wäre!
    Aber Jean hegte eine zu aufrichtige Freundschaft für sie, um sich nicht über ihre Adoption seitens des Herrn Sergius zu freuen. Empfand er doch selber das glühende Verlangen, seine Lage zu ändern! Fühlte er sich doch vermöge seiner höheren Instinkte zu etwas anderem als zu dieser Gaukler-Existenz geschaffen! Und er hatte sich doch auf den öffentlichen Plätzen unzähligemale der Bravos geschämt, welche ihm seine wunderbare Geschicklichkeit eingetragen!
    Als er eines Abends mit Herrn Sergius spazieren ging, öffnete er diesem sein Herz mit all seinem Sehnen und Bedauern. Er sagte, was er zu werden gewünscht hätte, zu welchem Ehrgeiz er sich berechtigt glaube. Indem sie auch weiterhin durch die Welt streiften, sich auf Jahrmärkten zur Schau stellten, ihrem Gymnastiker-und Akrobatengewerbe oblagen und sich mit Gauklern und Clowns umgaben, würden seine Eltern es vielleicht zu bescheidenem Wohlstande bringen, würde er selber vielleicht mit der Zeit ein wenig Vermögen erwerben. Aber bis dahin würde es zu spät sein, eine achtbarere Laufbahn zu betreten.
    »Ich schäme mich meiner Eltern nicht, Herr Sergius,« fügte er hinzu. »Nein. Das wäre undankbar. Innerhalb der Grenzen dessen, was sie thun konnten, haben sie nichts unterlassen! Sie sind gut gegen ihre Kinder gewesen! Aber ich

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