Cäsar Cascabel
beschränkt erschien. Besser, die zwanzig Meilen der Meerenge in fünfzehn Tagen zurückzulegen, als bei ungenügender Beleuchtung blindlings vorwärts zu streben.
Der Schnee, der vierundzwanzig Stunden lang gefallen war und einen ganz dicken Teppich bildete, hatte sich unter der Einwirkung der Kälte krystallisiert. Diese Schicht erleichterte die Bewegung auf der Oberfläche des Eisfeldes. Wenn nicht etwa ein neuer Schneefall eintrat, würde der Übergang keine Schwierigkeiten bieten. Indessen stand zu befürchten, daß dort, wo die beiden in entgegengesetzter Richtung fließenden Strömungen einander begegneten, die während des Eistreibens zusammengestoßenen Eisschollen sich übereinander getürmt haben und die Reise durch zahlreiche Umwege verlängern würden.
Wie bereits erwähnt, hatten Cornelia, Kayette und Napoleone im Wagen Platz genommen. Um ihn möglichst wenig zu belasten, sollten die Männer ihn zu Fuß begleiten.
Der festgestellten Marschordnung gemäß war Jean als Vorhut mit der Rekognoscierung des Eisfeldes betraut; man durfte sich auf ihn verlassen. Er war mit einem Kompaß versehen und obgleich er dabei nicht sehr genau verfahren konnte, hielt er die westliche Richtung doch präcis genug ein.
Clou hielt sich bei den Pferden, bereit, Vermout und Gladiator beizuspringen, falls sie straucheln sollten, wovor sie übrigens auch der scharfe Beschlag ihrer Hufeisen und die absolute Ebenheit der Eisfläche schützte.
Neben dem Wagen schritten Herr Sergius und Cäsar Cascabel, mit Brillen versehen und gleich ihren Gefährten wohl vermummt, plaudernd einher.
Was den jungen Xander betrifft, so wäre es keine leichte Sache gewesen, ihm einen Platz anzuweisen, oder vielmehr, ihn zum Ausharren darauf zu bestimmen. Er ging und kam, lief und sprang wie die beiden Hunde, und gestattete sich sogar das Vergnügen langer Schleifpartieen. Indessen erlaubte sein Vater ihm nicht, die Eskimo-Schneeschuhe anzulegen, was ihn arg verdroß.
»Mit jenen Schlittschuhen,« sagte er, »könnte man in einigen Stunden über die Meerenge gelangen!«
»Was hilft uns das,« antwortete Cascabel, »da unsere Pferde sich nicht aufs Schlittschuhlaufen verstehen!«
»Ich werde sie’s lehren müssen!« meinte der Junge, indem er einen Purzelbaum schlug.
Unterdessen waren Cornelia, Kayette und Napoleone in der Küche beschäftigt und ein leichter, vielverheißender Rauch stieg aus dem kleinen Ofenrohr in die Luft. Wenn sie im Innern der hermetisch verschlossenen Abteilungen nicht von der Kälte litten, so mußten sie um so sorglicher an die draußen Befindlichen denken. Das thaten sie denn auch, indem sie stets einige Schalen heißen Thees mit einem Zusatze von Wódka, jenem russischen Branntwein, der einen Toten neubeleben würde, bereit hielten.
Die zwei Bunde scheuchten Tausende von Vögeln auf. (Seite 172.)
Was die Pferde angeht, so war ihre Ernährung während des Überganges durch eine genügende Anzahl von Heubündeln gesichert, welche man sich von den Eingeborenen in Port-Clarence verschafft hatte. Wagram und Marengo erhielten reichlich Elentierfleisch, mit dem sie sich zufrieden zeigten.
Übrigens war das Eisfeld nicht so arm an Wild, als man glauben würde. Bei ihren Wettläufen stöberten die Hunde Tausende von Schnee-und Wasserhühnern und anderen, der Polarregion angehörenden Vögel auf. Sorgfältig zubereitet und seines öligen Geschmackes entledigt, vermag dieses Geflügel noch immer ein eßbares Gericht zu liefern. Da Cornelias Speisekammer aber reichliche Vorräte barg, wäre es mehr als überflüssig gewesen, dasselbe zu erlegen, und so beschloß man, die Flinten während der Reise nach Numana ruhen zu lassen.
Was die in diesen Breiten sehr zahlreichen Amphibien, Seehunde und ähnliche Tiere betrifft, so erblickte man während des ersten Tagemarsches kein einziges Exemplar davon.
Wenn die Abreise bei froher Laune vor sich gegangen war, so empfanden Herr Cascabel und seine Gefährten doch bald jene undefinierbare Wehmut, welche über grenzenlosen Ebenen, über unabsehbaren Schneeflächen schwebt. Schon gegen elf Uhr waren die hohen Felsen von Port-Clarence und sogar die Spitzen des Prince-of-Wales-Caps ihren Blicken in dunstiger Ferne entschwunden. Man vermochte nicht über eine halbe Meile hinaus zu sehen und folglich würde es lange dauern, bevor man die Höhen des Ostkaps auf der Tschuktschenhalbinsel erblickte. Und doch würden gerade diese Höhen einen vorzüglichen Orientierungspunkt für die
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