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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wolle,« sagte er, »wir müssen die Insel Diomedes noch heute erreichen und dann dort den Eintritt neuer Fröste abwarten!«
    »Wie weit glauben Sie, daß wir davon entfernt sind?« fragte Jean.
    »Etwa anderthalb Meilen, Jean. Da wir noch zwei Stunden lang Tageslicht oder vielmehr jenes Halbdunkel haben werden, welches uns gestattet, die Richtung einzuhalten, so müssen wir unser möglichstes thun, um vor völliger Dunkelheit dort einzutreffen.«
    »Herr Sergius, soll ich vorauseilen, um die Lage der Insel zu ermitteln?…«
    »Nein, Jean, nein!« Du würdest Gefahr laufen, dich in diesem Schneegestöber zu verirren, und das wäre eine noch ärgere Verwicklung! Suchen wir uns nach dem Kompaß zu orientieren. Denn wenn wir die Insel Diomedes verfehlen sollten, so weiß ich nicht, was aus uns werden würde…«
    »Hören Sie, Herr Sergius?« rief Jean, der sich gebückt hatte.
    Herr Sergius folgte seinem Beispiel und vernahm ebenfalls das dumpfe, dem Brechen von Glas ähnliche Krachen, welches über das Eisfeld hinlief. War es der Vorbote eines Eisbruches oder doch einer teilweisen Auflösung? Trotzdem durchschnitt kein Riß die Fläche, soweit man sehen konnte.
    Die Lage war äußerst gefährlich geworden. Wenn die Nacht sie unter diesen Umständen überraschte, so liefen die Reisenden Gefahr, irgend einer Katastrophe zum Opfer zu fallen. Die kleine Insel Diomedes war der einzig mögliche Zufluchtsort und man mußte um jeden Preis dort an Land gehen. Wie tief Herr Sergius bedauern mochte, sich nicht noch einige Tage in Port-Clarence geduldet zu haben!
    Jean und Sergius kehrten zum Fuhrwerk zurück und Herr Cascabel wurde von der Sachlage unterrichtet. Es war überflüssig, die Frauen mit der etwaigen Gefahr bekannt zu machen. Man würde sie unnütz erschreckt haben. Man beschloß also, sie im Wagen zu belassen, und die Männer stemmten sich an die Räder, um die erschöpften, im Winde schwitzenden Pferde zu unterstützen.
    Gegen zwei Uhr ließ der Schneefall merklich nach. Bald fielen nur mehr einzelne Flocken, die der Wind durch die Luft wirbelte. So fiel es leichter, das Gefährt zu lenken. Man trieb die Pferde kräftig an. Herr Sergius war fest entschlossen, nicht eher Halt zu machen, als bis die Belle-Roulotte auf dem Felsen der Insel Diomedes ruhen würde.
    Seiner Berechnung gemäß mußte die Insel jetzt kaum mehr eine halbe Meile gen Westen entfernt sein; und vielleicht würde man, wenn das Gespann tüchtig anzog, binnen einer Stunde das Ufer derselben erreichen.
    Zum Unglück wurde das bereits unsichere Licht immer schwächer, bis kaum mehr ein matter Widerschein übrig blieb. War man auf dem rechten Wege oder nicht?… Sollte man die eingeschlagene Richtung verfolgen?… Wie konnte man’s wissen?
    In diesem Augenblick schlugen die Hunde heftig an. Meldeten sie die Nähe einer Gefahr? Hatten sie etwa eine auf dem Übergang begriffene Eskimo-oder Tschuktschenbande aufgespürt? In diesem Falle würde Herr Sergius nicht zögern, die Hilfe dieser Eingeborenen in Anspruch zu nehmen, sich wenigstens von der genauen Lage der kleinen Insel zu unterrichten.
    Inzwischen hatte sich eines der Wagenfensterchen geöffnet und man hörte Cornelia fragen, warum Wagram und Marengo so wütend bellten.
    Man antwortete ihr, daß man es noch nicht wisse, daß aber kein Grund zu Besorgnis vorhanden sei.
    »Sollen wir aussteigen?« fügte sie hinzu.
    »Nein, Cornelia!« antwortete Herr Cascabel. »Ihr seid da drinnen am besten geborgen!… Bleibt wo ihr seid!«
    »Aber wenn die Hunde irgend ein Tier… zum Beispiel einen Bären… wittern?«
    »Nun, dann werden wir es schon erfahren! Halte die Flinten in Bereitschaft! Aber steigt nicht aus!«
    »Schließen Sie Ihr Fenster, Frau Cascabel,« sagte Herr Sergius. »Es ist keine Minute zu verlieren…. Wir fahren gleich weiter!«
    Das Gespann, das beim ersten Gekläff der Hunde stehen geblieben war, setzte seinen mühseligen Weg fort.
    Eine halbe Stunde konnte die Belle-Roulotte etwas schneller vorwärts kommen, da die Oberfläche des Eismeeres weniger holperig war. Die wirklich überarbeiteten Pferde zogen aus allen Kräften, mit gesenktem Kopfe und gespanntem Knie. Man fühlte, daß das eine letzte Anstrengung war und daß sie bald unterliegen würden, wenn die Sache noch länger dauerte.
    Es war fast ganz finster. Was noch von Licht durch den Luftraum zitterte, schien eher von der Eisfläche als vom Himmel herzurühren.
    Und die beiden Hunde bellten unaufhörlich, indem sie

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