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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die durch das vom Meerwasser bewirkte Abbröckeln ihrer Grundfläche das Gleichgewicht verloren, die gespannteste Aufmerksamkeit auf sich.
    Plötzlich schwankte ein höchstens zwei Tage alter Eisberg, stürzte um und zerschlug in seinem Falle den Rand der Eistafel, die er mit einem ungeheuern Wasserschwall übergoß.
    Alle waren jählings zurückgewichen; aber im nächsten Augenblick erscholl ein Ruf:
    »Hilfe!… Hilfe!… Jean!«
    Es war Kayette… Sie befand sich auf dem abgebrochenen Eisstück, welches die schäumende Flut davontrug.
    »Kayette!… Kayette!…« schrie Jean.
    Aber das Eisstück trieb, von einer Seitenströmung ergriffen, immer weiter, während die Eistafel unter der Wirkung des Zusammenstoßes still stand. Noch einige Sekunden und Kayette würde inmitten der nachdrängenden Eisberge verschwunden sein.
    »Kayette!… Kayette!…« schrie Jean.
    »Jean!… Jean!« wiederholte die junge Indianerin zum letztenmale.
     

    »Zu Hilfe!… Zu Hilfe!… Jean!« (Seite 216.)
     
    Auf diese Rufe waren Herr Cascabel und Cornelia herbeigeeilt…. Nun standen sie schreckensstarr neben Herrn Sergius, der nicht wußte, was er zur Rettung des unglücklichen Kindes thun sollte.
    Auf einen Augenblick brachte die unaufhörliche Verschiebung der Eisblöcke unter einander Kayettens Scholle wieder näher heran; da nahm Jean einen Anlauf und sprang, bevor man ihn zurückhalten konnte, mit einem gewaltigen Satze zu ihr hinüber…
    »Mein Sohn!… Mein Sohn!…« jammerte Frau Cascabel.
    Es war unmöglich, die beiden zu retten. Jeans Sprung hatte der Eisscholle einen heftigen Stoß gegeben. Er und Kayette verschwanden zwischen den Eisbergen und bald verhallten auch ihre Rufe im unendlichen Raume.
    Nach langen Stunden des Harrens in der vollends hereingebrochenen Dunkelheit mußten Herr Sergius, Herr Cascabel, Cornelia und ihre Kinder in das Lager zurückkehren. Welche Nacht die armen Leute verbrachten! Sie irrten ruhelos um die Belle-Roulotte umher, während die Hunde kläglich winselten.
    Jean und Kayette… von den Wellen fortgerissen, obdachlos, ohne Nahrung… verloren! Cornelia war in Thränen aufgelöst; Xander und Napoleone weinten mit ihr. Von diesem neuen Schlage niedergeschmettert, vermochte Herr Cascabel nur unzusammenhängende Worte auszustoßen, in denen er sich die bittersten Vorwürfe machte, all dies Unglück über seine Familie gebracht zu haben. Und Herr Sergius wußte ihnen keinen Trost zu spenden, da er selber untröstlich war.
    Am folgenden Tage, dem vierten Dezember, setzte die Eistafel sich wieder in Bewegung. Zwar verfolgte sie dieselbe Richtung, in welcher Jean und Kayette verschwunden waren; aber letztere hatten einen Vorsprung von achtzehn Stunden, und so mußte man jeder Hoffnung entsagen, sie einzuholen oder aufzufinden. Auch waren sie von zu vielen Gefahren umringt, als daß sie denselben heil und ganz entrinnen konnten; wie sollten sie der heftigen Kälte, dem nicht zu stillenden Hunger, dem Anprall der Eisberge, deren leichtester Stoß ihre Scholle zertrümmern mußte, Trotz bieten?…
    Der Schmerz dieser unglücklichen Cascabels läßt sich nicht schildern. Trotz des Sinkens der Temperatur mochten sie nicht in ihre Zimmer zurückkehren, sondern riefen draußen nach Jean, nach Kayette, die sie nicht hören konnten….
    Der Tag verging, ohne daß die Lage sich gebessert hätte; dann kam die Nacht und Herr Sergius bestand darauf, daß Vater, Mutter und Kinder in der Belle-Roulotte Obdach suchten, wo aber niemand eine einzige Sekunde den Schlummer fand.
    Plötzlich, gegen drei Uhr morgens, erschütterte ein so furchtbarer Stoß den Wagen daß er beinahe umgestürzt wäre. Was bedeutete das?… War irgend ein großer Eisberg an die Eistafel angefahren?… hatte er sie vielleicht gar zertrümmert?…
    Herr Sergius stürzte hinaus.
    Ein schwacher Nordlichtschein erhellte den Raum und man vermochte die Dinge auf eine halbe Meile im Umkreis zu unterscheiden.
    Herr Sergius spähte nach allen Seiten aus.
    Weder Jean noch Kayette waren in Sicht.
    Der Stoß aber war durch das Anfahren der Eistafel an ein Eisfeld verursacht worden. Dank dem neuerlichen Sinken der Temperatur – auf nahezu zwanzig Grad Celsius unter Null – war die Meeresfläche gänzlich zugefroren.
    Dort, wo noch am vergangenen Tage alles in Bewegung gewesen, war starre Ruhe eingetreten. Mit dem letzten Stoße hatte das Wandern der Eistafel sein Ende erreicht.
    Herr Sergius kehrte sofort in den Wagen zurück und verkündete der

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