Caesar erwacht!
Luxuskarosse an diesem Morgen bedrohlich. Heute wählte der Fahrer die erste Fahrtstrecke und gab auch den neuen Gästen Zeit, um sich in diesem herrlichen Ambiente zu verlieren.
Jo bemerkte trotz großer Nervosität, dass sie an einer bestimmten Figurengruppe vorbeifuhren. Dem legendären Triumvirat: Caesar, Pompejus und Crassus hatten als Statuen einen angestammten Platz erhalten und standen im Halbkreis umher. Ein deutlicher Hinweis auf Sentimentalität?
Sovrano befand sich bereits draußen vor dem Haus, und im Gegensatz zur modernen Kleidung von gestern trug er nun eine komplette römische Kampfausrüstung. Und einen sehr berühmten, blutroten Feldherrenüberhang. Eine Filmkamera verewigte gerade seinen Auftritt.
Jo und Jean-Luc waren von seinem Anblick unendlich fasziniert. Jeder hatte eine andere Motivation, vor Ehrfurcht zu erblassen oder zu erröten: Jo sah einen mystischen Helden, Jean-Luc einen starken maskulinen Kämpferkörper.
Nicole beobachtete die zwei und musste innerlich grinsen. Das haben sie nun davon. Gestern war kein Respekt bei Jean zu spüren, und Jo ist endlich am Ziel seiner Träume. Aber erstarrt.
Sie stand neben der Gruppe wie ein Beobachter.
Sovrano stoppte die Aufnahmen, nahm seinen Helm ab und ging sehr energisch auf die Männer zu. Beide erhielten einen festen Händedruck, den Jean-Luc mit einem kapriziös gehauchten „Bon jour“ und Jo mit einem zaghaften „Salve“ erwiderte. Sovrano lächelte über das seltsame Duo und schaute Nicole verwundert an.
Sie wurde von ihm überaus herzlich, wie eine alte Freundin, begrüßt, sogar mit Küssen rechts und links; wieder zog er sie an der Hand ins Haus.
Jo und Jean-Luc folgten befangen. Wie schon Nicole zuvor, bestaunten sie die Größe des Gebäudes und die innere Ausstattung. Hier hatte wohl ein echter Baumeister der Antike gewirkt und kein Fassadenschänder der Neuzeit? Sovrano bot Getränke an und zog sich dann zurück, um sich umzuziehen.
„Nicole, wo gibt’s hier ein Klo?“ Jos nervöse Blase meldete sich wie so oft. Er tippelte hin und her.
„Reiß dich zusammen, Jo! Ich kann doch bei der Größe des Gebäudes nicht auf die Suche gehen. Ich weiß es nicht“, herrschte sie ihn an.
Sovrano benötigte nicht lange, um wieder als normal gekleideter Mensch vor ihnen zu erscheinen, und so musste Nicole diese peinliche Frage an ihn richten. Für Sovrano war das Anliegen keineswegs peinlich. Er rief mit gewaltiger Stimme: „Lucius, bring den Herren hier auf einen Lokus und uns etwas Wein und Wasser!“
Lucius, ein Diener, erschien, wieder im römischen Gewande, und geleitete den armen Jo, dessen Blase bald zu platzen drohte, an den Ort der Erleichterung. Er brachte auch die gewünschten Getränke und verabschiedete sich dann artig. Sovrano bat seine Gäste, Platz zu nehmen.
Jean-Luc saß etwas verloren, mit verschränkten Beinen, auf einem riesigen, roten Diwan, genoss aber sichtlich den Anblick des mächtigen Mannes gegenüber. Auch er spürte die charismatische Ausstrahlung und war entsprechend eingeschüchtert. Kein humorvoller Kommentar wollte heute über seine Lippen kommen.
Nur Nicole wagte es, Fragen an Sovrano zu richten: „Wohin werden Sie uns heute entführen?“
Sovrano lächelte über ihre Wortwahl. „Warten Sie es ab! Lassen Sie sich überraschen! Es lohnt sich.“
Nachdem Jo den langen Weg zu diesem Raum zurückgefunden hatte, wobei er unterwegs unzählige Male falsch abgebogen war, erteilte Sovrano die Anweisung, seine Gäste zum Landeplatz eines Helikopters zu geleiten.
Jo flüsterte auf dem Weg dorthin Nicole zu: „Auf dem Klo gab’s kein Papier. Nur feuchte Schwämme auf Stiele gespießt …!“
Nicole starrte ihn fragend an. Was wollte er ihr denn damit sagen?
Die Maschine war groß und nahm leicht sechs Personen auf. Der Hubschrauber brachte sie außerhalb Roms zu einem kleinen Flughafen, der sich wohl in Privatbesitz befand. Im Hangar wartete ein startbereiter, recht neuer, geräumiger Großjet auf die Gruppe. Nicole tippte auf eine Art Frachtmaschine. Sovrano bat an Bord, und innerhalb von fünf Minuten waren sie gestartet. Sovrano verschwand danach sofort im Cockpit. Gefangen in einer kleinen Personen-Kabine, spürten seine drei Gäste plötzlich eine große Müdigkeit, und tiefer Schlaf umfing sie bereits nach zehn Minuten. Das Gas, welches sein Pilot in den Passagierraum leitete, wirkte augenblicklich.
Endlich enthüllte Sovrano sein wahres Gesicht!
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