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Caesar erwacht!

Caesar erwacht!

Titel: Caesar erwacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Mares
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auf die Tagespresse. „Das da hätte ich auch sein können!“ Sie wies auf das Foto der toten Frau. 
    Fellington blickte sie erschrocken an. „Wieso?“
    „Wieso nicht? Erstens bin ich genau der Typ, und zweitens war ich gestern Abend in der Nähe des Fundorts. Gott sei Dank nicht alleine.“ 
    „Aber Nancy, Sie haben doch ein warmes Dach über Ihrem hübschen Kopf. Dieser Ripper hat ganz offensichtlich eine Vorliebe für Pappkartonbewohner!“ 
    Nancy schüttelte ihren eben gelobten Kopf. „Lesen Sie mal auf Seite zwei, Sir!“, forderte sie ihren Chef auf, die durchaus berechtigten Vermutungen der Medien zur Kenntnis zu nehmen. 
    „Wann wird der Ripper sich nicht mehr nur mit Obdachlosen zufriedengeben? Wann wird er auch in der Oberwelt zuschlagen...?“  
    „Was meinen die wohl mit Oberwelt und zufrieden geben, Sir?“
    Fellington antwortete nicht, weil er darüber nachdenken musste. 
    Nancy gab sich die Antwort selbst. „Irgendwann geht dem bei seinem anscheinenden Faible für Blondinen ja mal der Nachschub aus! Dann sind blonde Frauen wie ich dran!“
    Wertvollere blonde Frauen mit Sozialabsicherung?, sinnierte Fellington. „Darüber habe ich überhaupt noch nicht nachgedacht.“ Er legte den Kopf schief. „Wo ich doch sonst Tag und Nacht an Sie denke …!“ 
    Nancy öffnete lachend die Türe. „Oh, ihr Männer!“ Noch draußen auf dem Flur hörte sie Fellington in seinem Büro lachen. Ihr selbst war es nicht mehr zum Lachen zumute. Nancy dachte an die toten jungen Frauen; sie fröstelte. Was hatte sie selbst soeben im Scherz geäußert? Das hätte auch sie sein können? Mein Gott! Zum Glück war an dem Abend Steven bei ihr gewesen und hatte sie nach dem Tanzen fürsorglich nach Hause begleitet.
     
    Indessen begab sich Fellington in den Verhörraum zu seinem Chef, Superintendent Parker.
    Dort hatte bereits das Kreuzverhör mit dem nächsten Vagabunden, wie Parker Obdachlose stilvoll zu betiteln pflegte, begonnen. 
    Fellington zog sich einen Stuhl heran, nickte seinem Kollegen kurz zu und musterte den Mann, der das fünfte Opfer entdeckt haben wollte. 
    Er hatte angegeben, Amerikaner zu sein. Ein amerikanischer Tippelbruder in England? Das war mal was Neues für Fellington. Das Alter war bei diesem Individuum schwer zu schätzen. Mitte, Ende vierzig? Ein dichter Vollbart verhinderte eine ordentliche Identifikation. Der Mann hatte eingeschüchtert seine Hände in die Taschen seines mit Staub bedeckten und Flecken übersäten Mantels gesteckt und beantwortete stockend die Fragen, die Parker an ihn richtete. 
    Parker war stets bemüht, seine Mitmenschen freundlich zu behandeln, was Fellington in gewissen Situationen nicht immer gelang. Geduldig redete er auf sein Gegenüber ein. „Also, Mr. Leary. Fassen wir mal zusammen: Sie haben die Tote gegen 2:30 Uhr gefunden. Woher wissen Sie eigentlich die genaue Uhrzeit? Haben Sie eine Uhr?“ Parker deutete auf seine freien Handgelenke. Obdachlose lebten zeitlos.
    „Nein, Sir. Schon seit einem Jahr nicht mehr. Im Taxi war eine Uhr.“
    „Sie haben das Taxi angehalten, weil kein Streifenwagen oder Telefon in der Nähe war. Stimmt das so?“ Parker redete mit dem Mann, der ungewöhnlich sanft zu sein schien, wie mit einem Kleinkind. 
    „Ja, Sir.“ 
    „Sie wissen ja, Mr. Leary, alles, was Sie sagen, wird protokolliert und kann gegen Sie verwendet werden!“ 
    „Aber es war so! Wie ich sagte!“ Das klang sehr bestimmt. Parker drang nicht weiter auf ihn ein.
    Fellington schaltete sich unfreundlich dazu: „Wieso haben Sie ausgerechnet auf die Taxiuhr geschaut?“ 
    „Mir ist eingefallen, das könnte für Sie wichtig sein, Sir.“ 
    „Bei diesem Schreck dachten Sie noch an so was? Das kann ich nicht glauben, Mr. Leary.“ Er betonte das „Mister“ besonders spöttisch. 
    „Nein, äh, ja“, Leary geriet ins Stottern und suchte händeringend nach passenden Worten. Er wurde zum Glück aus seiner misslichen Lage befreit. 
    Die Tür öffnete sich, und Nicole Bouvier betrat den Raum: Fellingtons geheime Waffe!
    Ihr Anblick übertraf Nancys bei Weitem. Groß, feminine, schlanke Form – ein zeitlos eleganter Tweedhosenanzug umgarnte diese Traumfigur. Dunkle Locken wellten sich über blauen Augen, umspielt von den ersten Lachfältchen einer über Vierzigjährigen, die sie durch viel Humor angesammelt hatte. Heute war sie jedoch nicht das strahlende Juwel wie sonst. Sie war gerade der Gerichtsmedizin entronnen und wirkte entsprechend

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