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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Nouveaux riches, die sich Gladiatorenkasernen hielten. Dort lebten die Kämpfer hinter Gittern, trainierten tagaus tagein, wurden verladen, wenn sie irgendwo aufzutreten hatten, kehrten zurück oder auch nicht zurück und wurden wieder aufgefrischt. Die Besitzer solcher »Ställe« waren fast nie selbst Veranstalter von Circus-Spielen, sondern vermieteten die Gladiatoren an die Unternehmer. Von Quittungen aus einer Provinzstadt wissen wir, daß man zwanzig Denare pro Mann verlangte, sofern er unversehrt zurückkam, das Doppelte, wenn er verwundet wurde, und tausend Denare für jeden Toten. Um vieles mehr zahlte und erwartete man natürlich in Rom. Die Rechnungen waren nie niedrig, denn je größer die Verluste, desto schöner die Veranstaltung. Zur Zeit des Spartakus traten zweihundert bis dreihundert Paare auf; bei den acht von Kaiser Augustus gegebenen Staatsspielen fochten zehntausend Mann, ebenso viele bei den Volksfesten, die Trajan einhundertdreiundzwanzig Tage lang veranstaltete. Dazu ertönte dezente Musik auf der Ktesibios-Orgel.
    Wenn zu Beginn der Veranstaltung die Schar der Gladiatoren, den federgeschmückten Visierhelm auf dem Kopf, das blanke Schwert in der Faust, zum Parademarsch einzogen, war das ein Anblick, der das Volk von den Bänken riß: Die Morituri, die »Todgeweihten« kamen — ein Schauer ging durch die Menge, und sie dankte es ihnen mit lautem, freudigem Jubel.
    Der schönste Kampf schien den Römern der samnische. Der Gladiator trug den Raupenhelm, Schild und Stoßschwert, Eisenschuppen am rechten Arm und Lederschienen an den Beinen. Helm oder Schild zu zerspalten oder den Arm abzuschlagen, waren Augenblicke höchster Spannung, aber der klassische Sieg war immer noch der Stoß ins Herz. Auch der thrakische Kampf mit dem Sichelschwert war schön. Schön und gruselig auch der Retiarius, der Netzkämpfer, der das Fangnetz über den Kopf des Gegners warf und ihn dann mit dem Dreizack zu töten versuchte. Es gab auch Kämpfer, die von Kopf bis Fuß gepanzert waren. Da gab es nur eine aussichtsreiche Chance: sie durch den Sehschlitz in die Augen zu stechen. Etwas für Feinschmecker.
    In all diesen Sparten kannte das Volk sich fachmännisch aus; es stellte Prognosen an, schloß Wetten ab, erhitzte sich auf der Straße vorher und nachher, feierte, zankte und verfeindete sich, und wenn ein Liebling fiel, war es richtig traurig.
    Was man nicht vermuten sollte, war aber doch der Fall: Es gab auch Feiglinge unter den Gladiatoren, es gab Verwundete, die die Hand hoben als Bitte um Gnade. Da kam es dann darauf an, wie man die Sache ansah: Handelte es sich um einen Neuling, so hatte es wirklich keinen Sinn, ihn zu begnadigen, denn die Prozedur würde sich voraussichtlich dauernd wiederholen. Waren es aber Männer, die bereits schöne Kämpfe geliefert hatten, dann konnte man schon ein Auge zudrücken und die Tücher schwenken zum Zeichen, daß das Volk ihm das Leben schenkte.
    Das Problem, woher die Gladiatoren kamen und wie sie sich rekrutierten, hatte man sehr einfach angepackt und gelöst.
    Die Römer, die ja zu jeder Zeit irgendwo, sei es auch an fernen Grenzen und in bescheidenem Ausmaße, Krieg führten, machten jeden Kriegsgefangenen zunächst einmal prinzipiell zum Sklaven. Gebildete Sklaven, Menschen, die vorher in ihrer Heimat Aristokraten oder Ärzte oder Philosophen gewesen waren, hatten die gute Chance, Hauslehrer oder Erzieher oder Ähnliches bei ihrem Besitzer zu werden. Das Gros fand Verwendung auf dem Lande, in Werkstätten, auf dem Bau, als Ruderer (schlimm), in den Minen (schlimmer), in den Werften oder im Haushalt. Die körperlich besonders imponierenden, die Giganten, die Athletischen, wurden zum Tode verurteilt. Das war natürlich nur eine kleine Finte. Man teilte ihnen mit, daß sie begnadigt würden, wenn sie einwilligten, Gladiator zu werden. Man half da also ein bißchen nach, zugegeben. Alle entschieden sich naturgemäß für die Laufbahn eines Schwertkämpfers. Aber auch Freiwilligen stand dieser Beruf offen, durchaus. Er bot Ruhm und Belohnung, und dem Sklaven schließlich sogar die Befreiung — nicht unbedingt von der Sklaverei, aber zumindest vom Gladiatorenberuf —, wenn ein Kämpfer drei Jahre lang unbesiegt geblieben war. Das soll vorgekommen sein.
    Spartakus war in der Kaserne von Capua zu der Ansicht gelangt, daß drei Jahre gleich tausend Tage und eine lange Zeit seien. Ihm kam der Gedanke, man könne die Frage »Sterben oder Überleben« auch vorverlegen, und zwar

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