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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Staatsfeind Mithridates verbündete und ein Heer gegen Rom aufstellte.
    Ein langes Kapitel von Unruhen, Mord und Totschlag, Revolten und Ängsten, das einer ganzen Generation den Frieden ihres Lebens stahl.

    *

    In den Beginn dieser Zeit, in das Jahr 73, fällt ein Ereignis, das um vieles gefährlicher war als der ganze andere aufgequirlte Morast, ein Ereignis von der Wucht eines Vulkanausbruchs. Seltsamerweise spricht man nicht gern davon, denn die Wurzeln sind peinlich, und die Gedanken, die einem dabei kommen können, nicht minder. Grund genug, daß wir uns sofort darüber hermachen. Nur bitte ich Sie, über meine Gedanken nicht zu erschrecken.
    Ich spreche vom Spartakus-Aufstand!
    Nehmen wir an, Sie hätten den Namen Spartakus nie gehört, dann will ich Ihnen beim Nachschlagen behilflich sein. Ein zehnbändiges Geschichtswerk widmet ihm vier Zeilen. Es spricht von einem »örtlichen Sklavenaufstand, einer Meuterei einer Gladiatorenbande, die den Umfang eines bedrohlichen Krieges annahm, der zwei Jahre lang die Regierungstruppen in Atem hielt. Erst im Jahre 71 v. Chr. glückte es dem Marcus Licinius Crassus, durch umsichtige Kriegsführung Italien von dieser Geißel zu befreien.«
    In einer französischen Historie Roms, von 1960, stehen zwei Zeilen: »Im Süden Italiens sammelten sich revoltierende Sklaven um den Thraker Spartakus. Zehn Legionen waren nötig, um sie zu vernichten.« Meyers Konversationslexikon, der alte, unbestechliche Meyer, gibt ihm im Drange von zweihunderttausend Stichwörtern noch zwölf Zeilen: »Spartakus, Führer im Sklaven- oder Gladiatorenkrieg 73—71 v. Chr., von Geburt ein freier Thrazier, kam als Kriegsgefangener in die Gladiatorenschule zu Capua, entfloh mit siebzig Genossen, besetzte den Vesuv, schlug den Prätor Varinius und gewann Zulauf bis auf siebzigtausend Mann. Nunmehr bemächtigte er sich Süditaliens, besiegte viermal die Römer, bis ihn, schon hundertzwanzigtausend Mann stark, der Prätor M. Licinius Crassus 71 nach der Südwestspitze Italiens drängte. Er fiel bei Potelia mit sechzigtausend Sklaven. Die Gefangenen wurden gekreuzigt, die Überlebenden, die sich durchgeschlagen hatten, von Pompeius am Fuße der Alpen vernichtet.«
    Hiermit, meine verehrten Leser, wissen Sie alles, was Sie wissen dürfen, ja sogar — durch Meyer — schon etwas zu viel.
    Auf den ersten Blick scheint das Thema so recht nach dem Herzen von Volksfreunden zu sein: Die Ärmsten der Armen stehen auf. Erhebung, Befreiung, Gleichheit, Brüderlichkeit. Ach, möchte man ausrufen, daß das ein Gracchus, ein Marius nicht mehr erlebte!
    Bei genauerem Hinsehen aber erweist es sich als ein Thema von fürchterlicher Strenge, als eine Gewissenserforschung, die den meisten über die Kräfte geht. Dieser Spartakus ist das »Heiss Eysen« der mittelalterlichen Gottesgerichte, von dem Hans Sachs sagt, nur der ganz Wahrhaftige könne es »neun Schritte tragen, ohne daß die Hand verbrenne«. Passen Sie jetzt gut auf, ob ich es neun Schritte tragen kann.
    Die Gladiatoren-»Spiele« gehörten neben den Wagenrennen zu den begehrtesten Volksbelustigungen der Römer. Sie waren nicht ihre Erfindung, aber sie hätten es sein können, jedenfalls schätzten die Griechen ihre Nachbarn so ein und verachteten sie dafür tief. Ursprünglich scheinen es bei den Etruskern Schwertkämpfe bei Leichenfeiern von vornehmen Verstorbenen gewesen zu sein, und auch da wahrscheinlich schon eine Umformung früherer Menschenopfer, die einmal in grauer Vorzeit vorgekommen sein mochten. Von den Etruskern übernahmen es bereitwilligst die Römer, nicht mehr als Riten natürlich, sondern als Belustigung. Der Circus Maximus (das Colosseum gab es noch nicht) faßte anfangs, als die Tribünen noch aus Holz waren, vielleicht zehn- oder zwanzig-, später hundertfünfzigtausend Zuschauer. In der ersten Zeit der Republik waren Gladiatorenschaukämpfe so selten, wie die Festtage überhaupt selten waren. Dann setzten sie sich in der Gunst der Masse immer mehr durch (die Nobilität hat kaum teilgenommen), und um 100 v. Chr. schon bedeuteten sie der Plebs das ganze Glück, Inbegriff dessen, was das Leben lebenswert machte; »das bißchen Freude«, das »unsereins« hatte.
    Nach Sulla, also zur Zeit des Spartakus, waren die Gladiatoren-Veranstaltungen längst nicht mehr an Feste gebunden, sondern Unternehmen, von denen eines das andere jagte, wie bei uns die Renntage. Und wie es heute chic ist, sich einen Stall zu halten, so gab es damals zahlreiche

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