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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Thrakien tatsächlich eine mächtige Familie gegeben, deren Name sehr ähnlich klingt. Aber von Einfluß ist das bestimmt nicht gewesen. Der Thraker war, als es militärisch ernst wurde, schon deshalb unersetzlich, weil er als gepreßter Kriegsgefangener lange im römischen Heer gekämpft und Erfahrung gesammelt hatte. Er kannte ihre Kriegsmaschinerie genau.
    Seine Feuerprobe als Führer folgte auf dem Fuß.
    Der Aufstand war von Capua aus nicht mehr zu bewältigen — Rom schaltete sich ein; ein äußerst dummer Zeitpunkt für die Römer, denn ihre Kerntruppen kämpften in Kleinasien, man war also gezwungen, Miliz zu schicken. Man entschloß sich, die Zahl nicht zu niedrig zu greifen: dreitausend Mann — eine halbe Legion. Gegen vierhundert, das schien eine glatte Rechnung. Den Oberbefehl bekam ein Prätor, Name unwichtig. Der Prätor zog in Eilmärschen los. Den ersten Schreck bekam er, als er von Capua südwärts zog und sich dem Golf näherte, wo die prächtigen, gepflegten Landsitze der reichen Römer und ihre winterlichen »Luftkurorte« Pompeji und Herkulaneum lagen: Die Landsitze verwüstet, die Sklaven verschwunden, alles Eßbare gestohlen. Den zweiten Schreck bekam er, als er am Fuße des Vesuvs angekommen war und feststellen mußte, daß die Empörer in einer steilen Schlucht saßen, deren Zugang so eng war, daß man nur einzeln durchkonnte. Erkennen konnte man aus der Höhe nichts, die Schlucht war bewaldet und mit Sträuchern und Reben bewachsen. Sie ist heute nicht mehr zu identifizieren, denn der Ausbruch des Vesuvs, hundertfünfzig Jahre später, hat die ganze Struktur des Berges verändert.
    Der Prätor beschloß das einzig Richtige: den Zugang zu besetzen. Er schlug davor ein Lager auf und wartete.
    Nicht lange. Mit selbstverfertigten Leitern und Seilen aus den zähen Schlingästen der Reben erkletterte Spartakus die Steilwände, gelangte in der Nacht in den Rücken der unbesorgten Römer und überrumpelte sie im Morgengrauen so überraschend, daß es auf seiner Seite nicht einen Toten gab.
    Eine halbe Legion vernichtet, lautlos, in einer Stunde! Rom war erschrocken, das Volk wutschnaubend gegen den Senat, der »alles falsch« gemacht und dreitausend Familien in Trauer gestürzt hatte. Jetzt galt es zu handeln, und zwar rasch, denn es wurde Herbst.
    Man hob neue Miliz aus, um die Garnisonen zunächst noch intakt zu lassen: zwei komplette Legionen, zwölftausend Mann. Eine Armee. Oberbefehlshaber wurde der Stadtkommandant von Rom, Varinius. (Fataler Name: Alles, was mit Var anfing, hat kein Glück gehabt: Varro, Varus, Varius, Varinius.)
    Spartakus hatte inzwischen den Vesuv verlassen, er war jetzt etwa fünftausend Mann stark — etwas eng in einer Schlucht.
    Varinius sichtete ihn eines Mittags kurz in einer Ebene der Campania. Der Haufe verschwand südwärts und sog die Römer hinter sich her. Im zerklüfteten Bergland der Lucania riß das Heer des Varinius auseinander, und in drei kurzen Schlägen vernichtete Spartakus die zwölftausend Mann. Unter den wenigen, die sich durch Flucht retten konnten, befand sich — wie könnte es anders sein — der unersetzliche General. Eine schicksalsschwere, legendäre Schlacht; jedenfalls nannte es Varinius eine »Schlacht«. Spartakus nicht. Ihm war klar, daß es, wie damals am Vesuv, eine abenteuerliche Improvisation gewesen war. Dieser Abschnitt mußte nun beendet sein, aus der Bande mußte eine Armee werden. Die Zeit, die man ihm lassen würde, war der kurze Winter. Er brauchte ein festes Standquartier und Hinterland. Ehe Kälte, Regen und Schnee kamen, nahm er daher noch eine Reihe von mittleren Städten im Sturm und ließ sich in ihnen nieder.
    Hier brach zum erstenmal der verhängnisvolle Zwiespalt zwischen ihm und Crixus aus. Der Kelte führte ihm vor Augen, wie er sich die Revolution dachte, und was die Welt von ihm zu erwarten hatte. Die Kelten mordeten, brannten, vergewaltigten, raubten, plünderten, rafften Gold und Silber in Körben zusammen und schleppten Zentnerlasten mit sich herum. Im Anblick der Macht und nach dem ersten Tropfen Blut, den Crixus geleckt hatte, beherrschte ihn nur noch ein einziger Trieb: der ewige verächtliche, widerliche Traum des Pöbels — oh nein, nicht gleich zu sein — sondern die Welt umzukehren, die Herren zu Dienern und die Diener zu Herren zu machen. Die Umstülpung erst — die ist süß. Ein Instinkt, den nicht einmal ein Tier besitzt.
    Mit Crixus war zweifellos nicht zu reden. Für ihn war Spartakus nur ein

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