Cäsar läßt grüssen
Verändern aber ist nun mal die Domäne der Linken. Solange Adam und Eva ihren Zustand für akzeptabel hielten und konservierten, waren sie »rechts«. Als sie ihre Ansicht änderten, waren sie »links«. Der Erfolg ist bekannt.
Im Herbst 71, als es zur Wahl der Konsuln für das nächste Jahr kam, bewies »Rechts« eine Ahnungslosigkeit und Dummheit, die sich sofort rächten: Pompeius und Crassus wünschten sich vom Weihnachtsmann für ihre Verdienste das Konsulat und fanden dafür bei »Rechts« nur basses Erstaunen. Wo war die Amtslaufbahn, die sie hätten vorweisen können?
Warum wollten sie übrigens durchaus Konsuln werden? Beide Fälle sind klar. Crassus wollte es aus demselben Grunde werden, aus dem sich auch heute finanziell kräftige Kohlenhändler und Illustriertenverleger den Titel kaufen — wenn auch nicht von Rom, dann wenigstens von Guatemala oder Hindustan. Bei seinem Gelde wollte Crassus »sich das gönnen«. Pompeius dagegen strebte wirklich nach Macht. Das Konsulat sollte nur das Trampolin für ganz andere Ziele sein. Er hat es nie ausgesprochen, aber der Preis, den er für das Konsulat zu zahlen bereit war, beweist es. Kein Geldpreis, sondern etwas viel schwerer Wiegendes, viel Gravierenderes: seine politische Anschauung. Als er sah, daß die Optimaten, Patrizier und Ritter, ihn ablehnten, schlich er sich in die Volksversammlungen, machte sich an die Tribunen heran und verkaufte sich mit Haut und Haaren für »dreißig Silberlinge«.
Crassus eilte ihm, als er das Manöver sah, sofort hinterher; die beiden politischen Kümmelblättler versprachen der Plebs die Beseitigung der gesamten Sullanischen Verfassung und die Wiederherstellung der alten Macht der Volkstribunen.
Na, mehr kann man nicht bieten, nicht wahr? Freudig gingen die Komitien auf den Handel ein und stiegen sogleich auf die akustischen Barrikaden. Gnaeus Pompeius und Licinius Crassus wurden auf Druck der Plebs Konsuln. Ehrenmänner halten Wort: Nach einem Jahr war von der Sullanischen Verfassung nichts mehr übrig. »Damit jeder sah, daß Sulla der Vergangenheit angehörte«, schreibt ein moderner Historiker befriedigt. »Hinfort war es wieder möglich, das Volkstribunat zu einem eigenen Aktionszentrum zu machen. Der Weg war wieder frei für Agitation und Entfesselung der Massenleidenschaft.«
Mit großem Interesse hatte Gaius Julius diesen Salto mortale beobachtet. Er war der erste, der den Herren gratulierte. Wahrscheinlich zum »mortale«.
Etwas unheimlich, dieser junge Mann von dreißig Jahren, der soeben Senator geworden war; schmaler, knochiger Kopf, schütteres Haar, ironischer Mund, verhangene Augen, hohe Stimme, leise Sprache — wenn überhaupt. Er konnte so geschickt schweigen wie reden oder schreiben. Unterschätzen Sie seinen »Bellum Gallicum« nicht, den er zwanzig Jahre später schrieb! Das ist kein »Adenauer-Deutsch«, das ist »Luther-Deutsch«, Berechnung vom ersten bis zum letzten Buchstaben, Quartaner-Latein, einfache Sätze, alltägliche Vokabeln, klarer Inhalt. Ein Meisterwerk an kunstvoller Kunstlosigkeit.
Aber das liegt erst in einer Zeit, als er begriffen werden wollte. Im Augenblick legte er noch keinen Wert darauf. Er wollte nicht als Dreijähriger ins Derby gehen, sondern als Fünfjähriger, die bekanntlich ein höheres Stehvermögen haben. Infolgedessen trat er, als Pompeius und Crassus an die Staatsführung kamen, keineswegs ins Rampenlicht. Treu und brav ging er 68 als Quästor nach Spanien und übernahm 65 ebenso geduldig das Amt eines Ädilen. Das war nicht gerade erschütternd. Pompeius hatte sich zum Beispiel nie mit solchen Finger-Übungen abgegeben. Als Ädil hatte Gaius Julius die Ordnungs- und Marktpolizei unter sich und war gleichzeitig Circus-Direktor — das ist natürlich unhöflich ausgedrückt, aber er selbst hätte es sicher so genannt. Dennoch muß man diese Zeit im »Amt für öffentliche Vergnügungen« aus einem interessanten Grunde erwähnen: Er veranstaltete ungewöhnlich viele und ungewöhnlich prächtige Spiele ohne, zum Staunen des Senats, besonders tief in die Staatskasse greifen zu müssen. Nicht etwa, daß die Julier reich gewesen wären, nein; diese Spiele, die seinen Namen besonders beim Pöbel so ungemein beliebt machten, bezahlte in Wahrheit sein Freund Crassus, bei dem er so verschuldet war, daß man ihn dort schon fast als stillen Teilhaber der Familie behandeln mußte.
Pompeius’ Stern stieg indessen immer höher. Mit Recht übrigens, wäe eine Bewährungsprobe
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