Cäsar
Catullus. »Und damit hat er dann den Beginn seiner Laufbahn bezahlt.«
»Ich nehme es an. In Rom hat er sich zuerst bei Prozessen einen Namen gemacht, als Redner und Verteidiger oder Ankläger, je nachdem. Als seine Tante Iulia starb, die Witwe de» Marius, hat er auf dem Forum eine große Leichenrede gehalten und dabei Bilder und Statuen von Marius gezeigt. Das war verboten - Sulla hatte dafür gesorgt, daß die Erinnerung an Marius mit einem Bannfluch belegt war.«
»Abermals mutig«, sagte Orgetorix. »Wie bei Alesia.«
»Na ja.« Catullus hustete. »Nicht nur mutig, auch schlau. Sulla war ja einer der Vornehmen, einer der Optimaten, und ganz gleich, was Marius an Verbrechen begangen hat, irgendwie galt er - gilt immer noch, soweit ich weiß - als Mann des Volks. Und mit dieser Bildergeschichte hatte Caesar, Neffe des Marius, natürlich alle einfachen Leute hinter sich und war plötzlich einer der Führer der Popularen. Schlau ausgerechnet.«
»Er hat sein Geld für Feste ausgegeben, fürs Volk, und er war nicht so hochnäsig wie die meisten anderen aus den alten Sippen. Das hat ihn beliebt gemacht, und als seine Frau gestorben ist, hat er wieder eine Leichenrede gehalten, sehr gefühlvoll, und wieder Bilder von Marius aufgestellt.«
Catullus hustete, diesmal nur kurz; dann sagte er: »Du erzählst das richtig schön, aber das habe ich schon gesagt. Man hat ihn danach für einen liebevollen Mann und trauernden Witwer gehalten, und Neffe des Marius und so weiter, und da war er sehr beliebt. Furchtbar beliebt. Und einfach furchtbar.«
Orgetorix seufzte. »Darf ich mir was wünschen? Wenn ja, dann, daß du eine Weile nur hustest und nicht redest.«
Catullus hustete und grinste.
Aurelius erzählte weiter von Caesars Aufstieg, dem ersten Aufenthalt in Hispanien als Quästor des Vetus, von der zweiten Ehe mit der edlen Pompeia und von Geld.
»Früher war alles besser, sagen Cato und seine Leute. Vielleicht haben sie zumindest in dem einen Punkt sogar recht. Vielleicht hat es wirklich einmal eine Zeit gegeben, in der Männer wegen ihrer Verdienste gewählt wurden. Damals machten sie sich um die Heimat verdient, heute wollen sie möglichst viel verdienen.«
»Ahem«, sagte Catullus. »Aber das müssen sie doch. Um in ein Amt gewählt zu werden, mußt du so viel Geld ausgeben, daß dir danach nichts anderes übrigbleibt als verhungern oder plündern.«
»Ist das so?« Orgetorix blickte zwischen Catullus und Aurelius hin und her. »Um ein Amt zu bekommen, muß man reich sein? Um reich genug zu werden, muß man ein Räuber sein? Um ein Amt auszuüben, muß man redlich sein?«
Beide nickten.
»Das heißt, die Voraussetzungen für ein Amt sind so, daß sie dessen Ausübung unmöglich machen?«
Catullus lachte.
»Ich fürchte, du hast erfaßt, was Rom heute ausmacht«, sagte Aurelius. »Was es seit hundert Jahren ausmacht, auch als Caesar jünger war. Er hat ungeheure Summen ausgegeben; angeblich hatte er schon zu Beginn seiner eigentlichen Laufbahn an die sechs Millionen Denare Schulden, vierundzwanzig Millionen Sesterze. Als Ädil hat er dreihundertzwanzig Fechterpaare auftreten lassen und sich bei Aufführungen, Festzügen und öffentlichen Speisungen einen solchen Prunk geleistet, daß all seine Vorgänger dagegen wie Geizhälse wirkten. Aber das Volk war begeistert.«
»Wenn‘s was umsonst gibt, ist es das immer«, sagte Catullus. »Ich auch, übrigens.«
Aurelius ächzte leise; allmählich fand er die ewigen Unterbrechungen minder lustig denn lästig. Er berichtete von Caesars Wahl zum Obersten Priester, wobei er zugeben mußte, daß er nicht wußte, ob Caesar der jüngste Pontifex Maximus der Geschichte war.
»Dann gab es da diese Verschwörung des Catilina«, fuhr er fort. »Auch so einer, der auf das Volk gestützt an die Macht wollte. Seine größte Leistung ist es sicher gewesen, daß er dem damaligen Konsul, Cicero, die Möglichkeit gegeben hat, die Verschwörung aufzudecken und sich so als Retter des Vaterlandes zu gebärden. Ich glaube, Cicero hat seither keine große Rede mehr gehalten, in der er nicht an seine unsterblichen Verdienste erinnert hat.«
»Hatte Caesar eigentlich wirklich etwas damit zu tun?« sagte Orgetorix. »Es gab doch immer diese Gerüchte…«
»Caesar hat immer mit allem etwas zu tun.« Catullus schnaubte. Und ich glaube« - er hob die Brauen und sah Aurelius an -, »hier gehen unsere Meinungen auseinander.«
»Nur hier?« Aurelius lachte. »Aber was meinst
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