Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
das Kinn kraule, aber er legte ihm nur die Linke auf den Kopf.
    »Ich hoffe, die Gunst der Wege hat eine nicht allzu beschwerliche Reise möglich gemacht«, sagte er.
    »Wir haben uns des milden Wetters erfreut, noch mehr jedoch der Aussicht, bald das Antlitz des großen Marcus Tullius sehen und seinen Worten lauschen zu dürfen.« Caesar bemühte sich um ein strahlendes Lächeln, und Aurelius stellte fest, daß der Feldherr und Politiker auch einen guten Schauspieler hätte abgeben können.
    »Ich habe deine Briefe mit besonderer Zuneigung gelesen.« Cicero erwiderte das Lächeln; in liebevollem Ton fuhr er fort: »Du weißt vermutlich, daß mir Cornelius Balbus Abschriften weiterer Briefe gesandt hat.«
    »Mit meiner Billigung, gewissermaßen auf meinen ausdrücklichen Wunsch. Es liegt mir viel an deinem Rat und deiner Hilfe in jeder Lage, daher war es mir wichtig, dich von allem in Kenntnis zu setzen.«
    Der Obersklave oder Hausverwalter erschien wieder und verneigte sich. Man habe, sagte er, den draußen lagernden Kriegern Brot, Käse, Früchte und Wein bringen lassen, und im Speiseraum sei nun alles bereit.
    »Erlaube, daß ich vorangehe.« Cicero löste sich widerstrebend, wie es schien, von Demosthenes und ging zu einer Tür, die von zwei Sklaven geöffnet wurde.
    Caesar stand von der Polsterbank auf und blinzelte Aurelius zu. »Achte auf sein Gesicht«, sagte er leise, »wenn ich später erwähne, daß Pompeius geschlottert hat.«
    Aurelius nickte und betrat dann als letzter den Speisesaal. Dort waren lederbespannte Klinen aufgestellt. Sklaven huschten umher und trugen Schüsseln, Schalen, Platten und Krüge zu den niedrigen Tischen zwischen ihnen.
    »Da ihr, wie ich annehme, von den Göttern nur maßvoll mit Zeit gesegnet, aber dafür reichlich von Hunger geplagt seid«, sagte Cicero, »habe ich angeordnet, auf eine förmliche Speisenfolge zu verzichten und alles zugleich aufzutragen. Es möge sich jeder nach Hunger und Geschmack bedienen. Musik? Tanz? Soll ich Sklavinnen rufen lassen?«
    »Du beschämst uns durch deine Gastfreundschaft, Vater des Vaterlandes.« Caesar ließ sich auf einer Kline neben der von Cicero nieder. »Ich zweifle nicht an der Schönheit der Mädchen noch gar an der Güte der Musik, aber wie du sagtest, das Füllhorn der Zeit… Laß uns lieber speisen und reden.«
    Neben Caesar und seinen Leuten sowie dem Gastgeber nahmen noch drei Männer am Essen teil. Cicero hatte sie Caesar vorgestellt; die anderen waren ihm offenbar nicht wichtig genug.
    Aurelius nahm an, daß es sich bei den dreien um Schreiber und Vertraute des Redners handelte. Er lauschte dem Vorgeplänkel mit halbem Ohr. Caesar wollte offenbar gleich zur Sache kommen, mitten in die Dinge; Cicero nutzte jede sich auch nur andeutungsweise bietende Gelegenheit zu ablenkenden Fragen - »Da wir eben von Senatoren sprechen, wie macht sich denn der Sohn von…?«
    Da es nichts Dringendes zu belauschen gab, genoß Aurelius die Speisen. Eingelegte Wachteleier, gekochte Saueuter auf einem Bett aus Lauch, Pilze, Austern, Eberdrüsen, in Wein und zerschnittenen Früchten gekochten Fisch, geschmorte Wildschweinlende und ein Dutzend andere Köstlichkeiten, wie er sie lange nicht mehr gegessen hatte.
    Sanft, aber unbeirrt lenkte Caesar das Gespräch auf die Verfassung, die Schwierigkeiten, die Wahlen. »Wie ich dir schrieb«, sagte er, »möchte ich dich bitten, dich in oder nahe der Stadt zur Verfügung zu halten, da ich mich wie immer deiner Ratschläge bedienen will.«
    Sanft, aber unbeirrt weigerte sich Cicero. »Es wird mir gewiß nicht deine Dankbarkeit eintragen, aber doch wohl deine Achtung, Caesar, wenn ich mich dazu nicht recht verstehen mag. Da es, wie du schriebst, dein herzlichster Wunsch ist, daß du dir treu bleibst und andere sich, wirst du gern hören, daß ich mir treu zu bleiben gedenke, um dir und dem Vaterland aufrechter dienen zu können.«
    »Sullas Vorgehen ist dir also nicht nachahmenswert?«
    »Sulla war ein Gewaltherrscher. Du, Caesar, sorgst dich doch eben um die Rechtmäßigkeit. Und es gibt rechtmäßige Konsuln. Die Wahl von Gegenkonsuln mag dem einen oder anderen nützlich erscheinen, vielleicht wäre sie sogar… handlich für die Bewältigung der anstehenden Schwierigkeiten. Aber die Verfassung, die unsere Väter uns gegeben haben, sieht derlei nicht vor.«
    Caesar nippte von seinem Wein. »Sie sieht auch die Schwierigkeiten nicht vor, in denen wir uns befinden«, sagte er. »Sie sieht nicht vor,

Weitere Kostenlose Bücher