Cäsar
redet so herabsetzend von Proprätor Marcus Antonius?«
Aurelius drehte sich um. Hinter ihm standen zwei Soldaten in voller Rüstung; zwei weitere kamen aus dem Toreingang, die Lanzen gesenkt.
»Marschpräfekt Quintus Aurelius. Willst du ausgepeitscht werden, Mann? Weg mit den Lanzen!«
Alle vier nahmen Haltung an. Der Soldat, der Aurelius gestoßen und angebrüllt hatte, war blaß um die Nase.
»Um Vergebung, Präfekt! Aber wie sollte ich…«
»Von hinten, ohne Helm und Rangabzeichen? Du solltest immer höflicher sein. Meldet uns dem edlen Antonius. Dies ist der Fürst Orgetorix.«
Die Männer waren sichtlich froh, daß Aurelius keine Strafmaßnahmen verlangte. Einer lief vom Tor zu den Stufen des Eingangs, etwa zwanzig Schritte entfernt, und sprach mit einem der dortigen Posten. Dann winkte er; die anderen ließen Aurelius und Orgetorix durchs Tor, das sie hinter ihnen wieder verschlossen.
Ein weiterer Soldat mit dem Helmbusch eines Centurios geleitete sie ins Haus. »Es kann dauern, Herr«, sagte er zu Aurelius; Orgetorix übersah er.
»Wir warten.«
Sie hatten sich eben erst auf einer Bank im weitläufigen Atrium niedergelassen, als der Centurio wieder erschien.
»Folgt mir bitte.«
Marcus Antonius war mit Papyri, Tafeln und Schreibern beschäftigt. »Keine Zeit, macht schnell«, sagte er; dabei blickte er flüchtig auf und deutete ein mageres Lächeln an.
»Ave, Herr. Werden wir gebraucht?«
Antonius rieb sich die Augen. »Ah, bah, jeder wird gebraucht. Wo wohnt ihr?«
»Wir müssen noch etwas suchen.«
»Ihr meldet, wo ihr unterkommt. Ihr bleibt auf der Soldliste als… was wart ihr zuletzt?«
»Kundschafter und Marschpräfekt.«
Antonius grinste müde. »Kundschafter? Brauchen wir hier nicht; sagen wir Auxiliardecurio. Und Marschpräfekt. Seßhafter Marschpräfekt. Teure Ränge, aber wir haben sowieso kein Geld, also ist es gleich. Melden und wegtreten.«
Als sie wieder auf der Straße waren, sagte Aurelius: »Du befehligst also jetzt dreißig gallische Reiter, Fürst? Und ich ordne den Marsch einer Legion? Üppiges Nichtstun. Laß uns eine Unterkunft suchen und darauf trinken, daß wir nicht auf den Sold angewiesen sind.«
»Noch nicht.« Orgetorix zwirbelte seinen Schnurrbart.
»Wenn wir gründlich trinken, werden wir es aber bald sein.«
Sie fanden zwei halbwegs saubere Räume in einem heruntergekommenen Mietshaus am Clivus Suburanus. Sie lagen einander gegenüber, am Ende des Hinterhofs, waren klein und kahl und kosteten je einen Denar am Tag - teuer, mehr als der Tageslohn eines Soldaten oder Arbeiters, aber für Rom beinahe billig. Neben der Tür zum Gang zwischen ihnen stand in einer Nische ein alter Eisenherd, den sie zum Kochen benutzen konnten.
»Schwelgerei«, sagte Aurelius. »Wer will schon kochen - aber wahrscheinlich treibt das den Preis hoch.«
Er überließ Orgetorix und Lugona ihren Bedürfnissen; später würden sie Decken, Strohsäcke und ein paar billige Gefäße für die Nahrungszu und -abfuhr beschaffen.
Nachdem er einem der Schreiber von Marcus Antonius mitgeteilt hatte, wo sie vorerst zu erreichen seien, machte er sich auf die Suche nach Kalypso. Natürlich hatte er, seit sie in Italien waren, immer wieder an sie gedacht. Wenn er in sich blickte, stellte er fest, daß die Wunde der jähen Trennung in über zwei Jahren vernarbt war; unter der Kruste - ›falls es in einem Gemüt Narben und über Gemütsnarben Krusten geben kann‹ dachte er - regte sich all das, was er vorher empfunden hatte: damals, so lange her. Er wollte sie sehen, sie mit Leib und Rede berühren, ihre Augen und Hände fühlen, alte Lust und vielleicht neues Leid genießen.
›Leid genießen, das hätte Catullus gefallene sagte er sich.
›Kann man Leid genießen? Habe ich nicht den Kummer genossen, seit ihrer Abreise jeden Tag an sie zu denken? ‹ Irgendwann hatte sie ihm ihr Haus beschrieben. Das Haus, das sie vermietet hatte, ehe sie Rom damals verließ. Er fand es ohne Schwierigkeiten. Ein Sklave, der eben einen stinkenden Korb auf die Straße trug, wo ein Abfallkarren stand, schüttelte den Kopf, als er nach Kalypso fragte. Das Haus sei nicht gemietet, sondern gekauft, und was aus der früheren Besitzerin geworden sei, wisse er nicht.
»Auch die Sklaven der Nachbarn wissen nichts«, sagte er abends, als sie sich in einer Garküche ein gebratenes Huhn, eingelegten Kohl und Wein teilten.
»Gib es auf und such dir eine billige schnelle Frau«, sagte Lugona. »Ein warmes Tier
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