Cäsar
Helm in den Nacken. »Hoffnungsvoll«, sagte er.
»Wie meinst du das?«
»Daß die Sache bald vorbei ist. Pompeius geflüchtet, die Straße bis Tarracina gesichert, von da ist es nicht mehr weit nach Rom. Vielleicht können wir dann ein wenig ausruhen. Und mit Glück gibt‘s ja doch keinen Krieg.«
Hermias schaute ihn von der Seite an und gluckste. »Ich habe dich nicht als Träumer kennengelernt. Aber du wirst schon sehen. Weißt du, was gleich ansteht?«
Aurelius schüttelte den Kopf.
»Ein freundschaftliches Mittagessen.« Hermias bleckte die Zähne.
»Mit wem? In welcher Sorte Freundschaft?«
»In inniger Verbundenheit. Mit Cicero.«
»Cicero? Ist der hier?«
»Hat ein Landgut außerhalb von Formiae; wußtest du das nicht?«
»Ciceros Landgüter gehören nicht zu den Dingen, über die ich viel weiß. Ich sammele, wie du siehst, Bildungslücken.«
»Eine gute alte Gepflogenheit. Du hättest einen feinen Griechen abgegeben, abgesehen vom Unglücksfall deiner römischen Geburt.«
»Was will er denn von Cicero? Der gehört doch zu den Optimaten.«
»Er braucht ihn. Oder hätte ihn gern in Rom, ob er ihn braucht oder nicht.«
»Wozu? Als Geisel?«
Hermias lachte. »Cicero als Geisel? Gefällt mir. Nein, um den Anschein von Recht und Gesetz zu wahren. Die meisten Senatoren sind abgehauen, Rom hat keine Magistrate, es müssen Wahlen durchgeführt werden, und damit er dem Volk gegenüber halbwegs gerechtfertigt ist, braucht er wenigstens zum Schein einen beschlußfähigen Senat. Cicero wäre ihm da sehr lieb.«
Aurelius pfiff leise durch die Zähne. »O die Besorgnis der Mächtigen«, sagte er dann. »Mit dem Schwert Tatsachen schaffen und dann so tun, als wäre es die ganze Zeit in der Scheide gewesen?«
»Ah ah ah. Du weißt doch, wie die Römer… wie ihr seid.
Ein Vogel fliegt aus der falschen Richtung übers Forum, dann muß die Wahl aufgeschoben werden, bis bessere Vorzeichen gesichtet werden. Man bestimmt Bewerber für Ämter, und da Soldaten in der Stadt sind, werden die Wähler zweifellos richtig abstimmen, aber abgestimmt werden muß, auch wenn‘s nichts ändert.«
Aurelius blickte nach vorn, wo Caesar offenbar mit den Schreiben fertig war und sich an einen seiner Offiziere wandte.
»Mal sehen. Ich weiß ja, daß er Vorzeichen und Vogelflug und Widderlebern für blödsinnigen Aberglauben hält. Als Pontifex Maximus weiß er wahrscheinlich genug darüber und hat am Ende sogar recht. Aber gilt das auch für die Rechte der Bürger, für Wahlen? Alles Aberglaube?«
Hermias beugte sich zu ihm herüber und berührte mit der Fingerspitze den Schwertgriff, der aus Aurelius‘ Gürtel ragte.
»Aberglaube«, murmelte er. »In der Unendlichkeit fallen die Wege der Vögel und die Spuren der Schwerter zusammen, sind nicht voneinander zu unterscheiden. Im Augenblick reden die Klingen lauter als die Wähler; meinst du, vom Olymp öder aus der fernen Zukunft hört man einen Unterschied zwischen mehreren Arten von Geraschel?«
Caesar wandte sich auf dem Pferd halb um und winkte Aurelius zu sich, was diesen aus einer philosophischen Klemme befreite. Er hätte nicht recht gewußt, was er dem Arzt antworten sollte, fand dessen Erwägungen aber arg umwegig und schludrig.
»Ave. Wie ist die Straße?« sagte Caesar. Er war blaß und hatte tiefe Falten, fast schon Kerben um Nase und Augen.
»Bis Tarracina frei. Dort habe ich eine Kohorte in die Burg gelegt.«
»Gut. Ich wußte, auf dich ist Verlaß.« Caesar schnaubte leise. »Die Feinde fliehen, die Freunde zappeln, da ist es gut, sich auf Skeptiker stützen zu können, die mißbilligen, aber das Nötige tun. Willst du einem nahrhaften Schauspiel beiwohnen?«
»Was, o Imperator, ist ein nahrhaftes Schauspiel?«
»Ein Essen mit Cicero.«
»Wenn das Essen besser ist als seine Politik…«
Caesar lachte. »Er hat einen guten Koch. Ich bezweifle aber, daß er ihn für mich mehr als das Nötigste bereiten läßt.«
»Lauschen und schweigen?«
»Es sei denn, man bäte dich um Äußerungen.«
»Unwahrscheinlich. Du weißt, daß er…«
»Ich weiß. Dein Contubernium. Eine gute Möglichkeit, ihm zu zeigen, was aus Leuten werden kann, die er wie Abfall behandelt hat.«
»Ich höre und gehorche, Herr.«
»Nicht begeistert, Aurelius?«
»Sagen wir: aufgeschlossen und bereit, mich fesseln zu lassen.«
»Hm.« Caesar schwieg einen Augenblick; dann sagte er:
»Ich weiß nicht, ob ich ihn brauche, aber es wäre gut, wenn er nach Rom käme. Die
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