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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Orgetorix hingegen hatte den ausdrücklichen Befehl erhalten, ohne Rüstung und ohne Waffen, allenfalls für Notfälle mit einem Messer, an Land zu versickern.
    Während die übrigen Schiffe auf Zeichen ägyptischer Hafenmeister teils an den Molen des Pharos-Damms, teils an Vorsprüngen des Kais festmachten, wurde Caesars Schiff zu einer besonderen Kaianlage geleitet: einer breiten Marmortreppe, in deren unterste Stufe - falls nicht noch eine oder zwei unter Wasser lagen - vergoldete Poller eingelassen waren. Auf der Treppe bildeten zu beiden Seiten Soldaten eine Art Ehrenreihe. Senkrecht vor sich hielten sie Speere mit goldenen oder zumindest vergoldeten Spitzen, aber abgesehen davon trugen sie die schlichten Waffen und Rüstungen der alten makedonischen Hopliten von Alexander und Ptolemaios.
    Hinter sich hörte Aurelius die Stimme von Claudius Nero.
    »Deutliches Zeichen, Imperator. Sie ehren dich und zeigen dabei die Zähne.«
    Aurelius wandte sich um. Caesar und der Quästor, der einer der alten Familien angehörte, hatten das Achterdeck verlassen, um gleich durch die Pforte in der Bordwand an Land zu gehen. Ein Manipel, knapp zweihundert Mann der Garde drängten sich auf dem überfüllten Deck; der Rest der Kohorte war auf anderen Schiffen untergebracht und würde nachkommen.
    Caesar murmelte dem obersten Centurio etwas zu; dieser brüllte Befehle. Die Soldaten verließen das Schiff und bildeten auf der Treppe vier Reihen: je eine mit dem Gesicht zu den ägyptischen Kämpfern, dazu auf jeder Seite eine mit dem Gesicht nach innen.
    Warten. Caesar stand da mit rotem Helmbusch und rotem Umhang über dem silbrig glänzenden Brustpanzer, eine Hand auf dem Schwertgriff, den Daumen der anderen in den Gürtel gehakt. Hinter ihnen knirschte Holz an Holz; eine zweite Triere legte an der Bordwand von Caesars Schiff an, der zweite Manipel der prätorianischen Kohorte stieg vom zweiten aufs erste Schiff, lief übers Deck, vorbei an Caesar, auf die Treppe und verlängerte die römischen Reihen dort.
    Caesar wartete noch immer. Oben auf der Treppe erschien ein Offizier in schlichter Rüstung, ein Römer mit den Abzeichen des Tribunen, kam die Treppe herunter, hob die Hand zum Gruß und sagte etwas. Aurelius war zu weit entfernt, um es zu verstehen; es mußte etwas mit der Verzögerung zu tun haben. Eigentlich hätten längst am oberen Ende der Treppe die höchsten Würdenträger Ägyptens, die Strategen und Berater des Königs stehen sollen, um Roms obersten Feldherrn und Machthaber zu begrüßen, den Prokonsul Gaius Iulius Caesar.
    Aurelius sah, wie der Quästor Claudius Nero das Gesicht verzog. Caesar dagegen lachte, erteilte Männern hinter ihm Befehle und ging durch die Pforte; die Offiziere schlossen sich an. Einer neben Aurelius hatte offenbar mehr gehört und sagte leise, während sie das Schiff verließen:
    »Die Barbaren haben nur die paar Soldaten geschickt. Der König und die anderen kommen nicht.«
    »Kennst du dich aus?« sagte Aurelius. »Was heißt das, und was tun wir?«
    »Das heißt, ihr blöden Römer könnt uns mal mit breitgefächerter Zunge auf der Latrine besuchen. Und wir?« Er lachte. »Die Glatze hat die anderen Truppen angefordert und geht zum Palast, statt hier zu warten.«
    Aurelius pfiff durch die Zähne. »Guter Anfang.« Er blickte zurück. Von Orgetorix war nichts zu sehen; entweder hatte er schon mit dem Versickern begonnen, oder er war irgendwo auf dem Schiff, wo die Ägypter ihn nicht sahen. Aber er bemerkte etwas anderes: eine dritte und vierte Triere lagen Bord an Bord hinter den beiden ersten statt, wie vorgesehen, an einer Mole, und weitere Soldaten kletterten von Deck zu Deck.
    ›Unguter Empfangs dachte er, ›aber mit tausend Legionären fühlt man sich gleich sicherer.‹ Er kicherte leise.
    Der Tribun, der aus der Stadt zur Treppe gekommen war, mußte der römischen Gesandtschaft angehören. Von der Aurelius nichts wußte; wie er sich ohnehin sagte, daß er von den Dingen, Zuständen, der politischen Lage Ägyptens keine Ahnung hatte oder doch nur geringe. Die Herrscher waren allesamt reinblütige Makedonen - ›reinstblütig‹, verbesserte er sich; wie er gehört hatte, war seit über hundert Jahren Ehe unter Geschwistern die Regel, die allenfalls durch Nebenfrauen, Nebenmänner oder, in Ermangelung verfügbarer Geschwister, durch Ehen mit anderen engen Verwandten durchbrochen wurde. Einer der Könige hatte sich von Sulla zu einem Testament zwingen lassen, in dem Rom

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