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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Leiter ab, zumal Aurelius sie aufforderte, ihm ihren Rat, ihr Wissen und ihre Erfahrung verfügbar zu machen.
    Er hatte noch nicht alles so umgestaltet, wie er es für sinnvoll hielt, als endlich genauere Nachrichten über Pompeius eintrafen. Offenbar hatte dieser sich nach Amphipolis begeben. Caesar zögerte nicht und ordnete den sofortigen Aufbruch an; er fand, er habe ohnehin schon zuviel Zeit mit dem Aufräumen und der Neuordnung von Pharsalos und Umgebung verbracht.
    Mit dem größten Teil der Reiterei zog er los; Aurelius und zwei Schreibern wurden Pferde zugewiesen, sie ritten mit. Eine Legion folgte langsamer. Caesar glaubte, Pompeius wohin auch immer verfolgen zu müssen, damit er nicht wieder Truppen anwerben und den Krieg weiterführen könne.
    In Amphipolis erfuhren sie, daß Pompeius befohlen hatte, alle Waffenfähigen Makedoniens sollten sich stellen und den Eid auf seine Adler ablegen; aber dann war er weitergeritten, ohne das Ergebnis des Befehls abzuwarten. Caesar gliederte die jungen Römer unter denen, die angetreten waren, in sein Heer ein, ließ einige Offiziere zurück, die sich darum kümmern sollten, und ging mit den Reitern, dem Stab und der nachrückenden Legion an Bord zusammengesuchter Schiffe.
    Es begann nun eine Zeit des Nachlaufens, wie Aurelius bei sich nannte. Pompeius war vermutlich nach Lesbos gefahren, um seine Frau in Mytilene abzuholen. Als sie nach Mytilene kamen, war Pompeius zum asiatischen Festland entwichen. Dort hörten sie, er sei mit Schnellseglern nach Kilikien aufgebrochen; in Kilikien sagten Fischer, man habe ihn auf Zypern gesehen. Wie sich später herausstellte, hatte Pompeius dort Geld von den Vereinen der römischen Steuerpächter und von gewöhnlichen Bürgern aufgetrieben, einige Sklaven beschlagnahmt und bewaffnet und war dann wieder in See gegangen.
    Caesar vermutete, daß er nach Ägypten fahren wollte. Er schrieb einige Briefe, darunter an Mithridates von Pergamon, und ordnete die Einschiffung seiner Truppen an. Mit der einen Legion aus Thessalien, einer zweiten, die er aus Achaia von seinem Legaten Quintus Fufius abrufen ließ, achthundert Reitern, zehn rhodischen Kriegsschiffen und etlichen Frachtseglern brachen sie nach Alexandria auf. Als sie dort ankamen, hatte Caesar allerdings neben dem Stab und einigen Reitern nur dreitausendzweihundert Mann bei sich; die übrigen waren nicht schnell genug mitgekommen oder in die Irre gesegelt, einige auch von einem Sturm behindert worden.
    An einem der öden Tage auf See gab Caesar Aurelius einige besondere Papyri. »Mach eine Reinschrift«, sagte er. »Aber so, daß niemand etwas lesen kann. Und versiegle deinen Mund.«
    Es waren an die hundert Abrisse von Papyrusrollen mit langen Texten, geschrieben, durchgestrichen, ergänzt, mit Randbemerkungen versehen und zunächst völlig unentwirrbar. Aber je länger Aurelius las, ordnete und abschrieb, desto unbehaglicher wurde ihm, und desto besser verstand er Caesars Befehl, den Mund zu versiegeln. Was er nicht verstand: warum Caesar ihn dies überhaupt hatte sehen lassen.
    Die unwichtigsten Stücke enthielten Namen, aber auch diese Stücke bargen den Tod für einen, der den Mund nicht halten konnte. Es waren Namen hochrangiger Römer, Namen von Senatoren und Rittern, Richtern, Magistraten und Offi- zieren. Sie ergaben, entziffert und geordnet, zwei Gruppen: Männer mit Macht, denen sie zu nehmen war, und Männer ohne Macht, denen sie anvertraut werden sollte. Einige Namen tauchten auf beiden Listen auf; Aurelius schloß daraus, daß es sich bei der ersten Liste nicht um Todesurteile handelte, sondern - ja, was?
    Ferner gab es in Umrissen angedeutete Verwaltungsänderungen, die völlige Entmachtung der Steuerpächter, Überlegungen, das römische Bürgerrecht nach und nach auf alle Bewohner aller Provinzen auszudehnen und allen das Wahlrecht auch für hohe Magistrate zu geben. Und hundert weitere Überlegungen, allesamt bestens geeignet, dem Verfasser hunderttausend Mordanschläge und ausgesuchte Foltern zu beschaffen.
    Caesar schaute ihn durchdringend an, als er ihm die Reinschrift überreichte. Er saß im Heckraum der Triere; oben hörte man den Wachoffizier hin und hergehen, und neben Caesar stand ein kleiner Eisenofen, in dem ein paar Holzkohlen glommen.
    »Versiegelt?«
    Aurelius preßte sich die Faust auf die Lippen. Er gab Caesar zwei Bündel: die drei Rollen der Reinschrift und die hundert ursprünglichen Fetzen.
    »Gut.« Caesars Blick war plötzlich

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