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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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was?«
    »Wo hat‘s dich erwischt?«
    »Gleich am Anfang, gegen die Helvetier. Hatte noch keine Gelegenheit, Beute zu machen, und das Entlassungsgeld…« Er rümpfte die Nase.
    Aurelius kratzte sich den Kopf. »Komm«, sagte er nach kurzem Zögern, »wir leeren einen Becher und bereden zwei oder drei Dinge.«
    Spurius betrachtete ihn mißtrauisch. »Du zahlst?«
    »Natürlich.«
    Er folgte Spurius in eine schmierige Schänke in einer der nächsten Nebengassen. Dort, gestützt auf den Steinsims, hinter dem der Wirt seine verschiedenen Sorten Essig hütete, die er als Wein ausgab, versank der alte Soldat in Erinnerungen. Aurelius lauschte geduldig. Einen Teil der Geschichte kannte er, weil es eine Geschichte war, die sich immer und immer wiederholt und in der er sich ebenfalls getummelt hatte. Spurius stammte aus einem Dorf am Ostufer der nördlichen Adria, aus Histrien, und hatte mit seiner in Aquileia befindlichen Legion Norditalien gegen Angriffe aus dem Osten verteidigen sollen, gegen Dalmatier und Illyrer. Als Caesar die Zuständigkeit für beide Gallien - das »diesseits der Alpen«, Norditalien, und das »jenseits«, das eigentliche - erhielt, waren die drei um Aquileia liegenden Legionen sofort in Eilmärschen nach Westen geführt worden, über die Hügel an der ligurischen Küste, um im südlichen Gallien mit der aus Narbo kommenden Zehnten Legion Caesars Heer zu bilden. Dann nach Norden, in die Berge, gegen die Helvetier, die durch das Land römischer Bundesgenossen ziehen wollten.
    »Warum bist du nach der Entlassung nicht zurück in deine Heimat gegangen?«
    »Als einarmiger Bauer oder Fischer?« Spurius leerte seinen zweiten Becher und blickte halb fragend, halb verlangend; Aurelius gab dem Wirt ein Zeichen, den Becher abermals zu füllen.
    »Also Rom, weil hier mehr los ist?«
    »Hatte ich gedacht. War ein Fehler. Aber immerhin…« Er trank und wischte sich mit der einen Hand Tropfen aus den Bartstoppeln. »In der Gasse da hinten bin ich der einzige, der lesen und schreiben kann. Fließend, meine ich; ein paar Zeichen kann ja jeder enträtseln.«
    Aurelius lauschte geduldig den Darlegungen. Spurius schien als alter Soldat und Schreibkundiger eine Art Obmann zu sein, an den sich die Leute des Viertels wandten, wenn es Dinge mit den Behörden zu regeln gab oder überhaupt Schwierigkeiten außerhalb des Gewöhnlichen zu beheben waren.
    »Du kennst also genug Leute hier«, sagte Aurelius schließlich. »Du bist der richtige Mann. Gibt es außer dir noch mehr alte Krieger?«
    Spurius gluckste. »Wie viele brauchst du? Eine Legion aus Versehrten?«
    »Ich muß morgen - und vielleicht ein paar Tage später noch einmal - etwas erledigen, wobei mich vielleicht jemand behindern möchte. Zehn Männer, die mit Messern und Knüppeln umgehen können, morgen mittag am Rand des Forums, wo die Argiletum beginnt. Wenn die Arbeit getan ist, kriegt jeder einen Sesterz. Und du, wenn du die richtigen Männer zusammensuchst, außerdem einen Denar.«
    »Wen sollen wir umbringen?«
    »Vielleicht gar niemanden. Vielleicht reicht eure bloße Anwesenheit aus, um den anderen dumme Gedanken auszutreiben.«
     
    Er war erschöpft. Seit ihm vor fast drei Jahren ein gallisches Schwert die Achillessehne durchtrennt hatte, war er nie mehr so viel gegangen.
    Und er war zufrieden; bis in der Erschöpfung die Gedanken zu schweifen begannen und sich mit den Niederlagen befaßten. Er war überzeugt, für den nächsten Tag einigermaßen vorgesorgt zu haben - falls Gorgonius der Schurke war, für den er ihn hielt. Es war ihm gelungen, mit Tiro zu sprechen und das verheißene Geld tatsächlich zu bekommen; er hoffte, daß es im Tempel des Merkur bis auf weiteres sicher war.
    Aber die Niederlage blieb, der Verlust. Die hohen Herren, allen voran Cicero, hatten ihm und den anderen die Heimat genommen, ohne dafür auch nur die Hälfte des Werts zu zahlen. Gezwungen, bezwungen.
    Je länger er darüber nachdachte, desto weniger gelang es ihm, die erreichten Dinge als Gewinn zu sehen. Er hatte Geld für den Dichter eingetrieben, aber nur einen Teil. Er hatte Geld von Tiro erhalten, ebenfalls nur einen Teil, und das Ganze wäre immer noch zuwenig. Er hatte mit Tiros Hilfe - wahrscheinlich - eine Schiffahrt nach Massilia gesichert, aber was war daran gut, da er doch eigentlich gar nicht nach Massilia wollte? Nach Massilia, nach Gallien, zu Caesar. Besser, mit dem Schiff dorthin zu gelangen als zu Fuß oder auf einem langsamen Ochsenkarren durchs

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