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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sollten keine Forderungen stellen, sondern den Wünschen der Gastgeber nachkommen. Ich war nicht mittellos, als ich hier eintraf, doch würde das karge Vermögen keinesfalls für eine solche Unterkunft reichen. Ein geräumiges Haus, zwei Dienerinnen, Brot und Wein, dazu Bücher und Papyros und der weite Blick über die grüne Hochebene - können Flüchtlinge mehr erhoffen? Die Herren der Festung, die in den Hügeln am Rande der Hochebene die Nordgrenze hütet, versorgen mich mit allem, dessen ich bedarf; dafür erwarten sie nichts als Aufzeichnungen, Berichte über den Feind im Westen. Zunächst jedenfalls; wer weiß, was geschieht, wenn die Aufzeichnungen abgeschlossen sind oder nicht den Wünschen genügen?
    Berichte über den Feind, seine wichtigsten Männer, die großen Einrichtungen, die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte, die unveränderlichen Grundlagen. So will ich, o ihr Herren der Festung, all das aufschreiben, was mir wesentlich erscheint - Dinge, die lange vor meiner Zeit geschahen, und anderes, was ich miterlebt habe.
    Beginnen sollte ich wohl mit einem Ende, dem Ende des Kriegs gegen Hannibal. Er brachte Rom Sieg und Unheil. Iberien, im Krieg erobert, kam nie zur Ruhe; Makedonien, im Krieg mit den Puniern verbündet, wurde in mehreren Feldzügen niedergeworfen; das große Reich der Seleukiden, deren Herrscher Antiochos dem Hannibal Zuflucht gewährte, wurde besiegt und entkräftet; im Dritten Punischen Krieg schließlich wurde Karchedon, das die Römer Karthago nannten, völlig zerstört, im selben Jahr auch das ehrwürdige Korinth, und in diesen Städten starb fast eine Million Menschen durch römisches Schwert und Feuer. In den durch Hannibals Heer, aber fast schlimmer durch römische Strafzüge verwüsteten Landen Italiens wurden zahlreiche römische Kolonien gegründet, und da viele Bauern als Soldaten gestorben waren, geriet immer mehr Boden in die Hände großer Grundherren, die ihn von Sklaven bearbeiten ließen. Dies geschah auch mit Bauernlanden, deren Besitzer den Krieg überlebten, die aber wegen ihres langen Waffendienstes den Boden nicht hatten bestellen können.
    Hinzu kam, daß nun billiges Getreide aus Sizilien, Sardinien und Afrika eingeführt wurde, so daß der Getreideanbau zumindest in den küstennahen Gebieten sich nicht mehr lohnte. Wo guter Boden verfügbar war, pflanzte man daher statt Getreide Weinstöcke und Ölbäume an - die nicht bald Erträge bringen konnten. Zu ihrer Nutzung waren viel Geld und noch mehr Zeit nötig, und beides besaßen die kleinen Bauern nicht. Daher wurden immer mehr Ländereien immer billiger verkauft und im Auftrag der Reichen von Sklaven bearbeitet.
    Diese erhielten keinen Lohn, was die Erzeugnisse billig machte, was weitere Bauern, die nicht so billig arbeiten konnten, zum Aufgeben und zur Flucht ins Elend der Städte zwang, in denen Getreide für immer mehr arbeitslose Menschen unerschwinglich wurde.
    Gewinner waren die Ritter: Männer, die über ein Vermögen von mindestens vierhunderttausend Sesterzen verfügten und es sich leisten konnten, zum Kriegsdienst ein eigenes Pferd mitzubringen. Kurz vor dem Krieg gegen Hannibal hatte man beschlossen, daß Senatoren sich nicht mit Geschäften, vor allem nicht mit dem Fernhandel, abgeben sollten. Eigentlich war dies eine kluge Entscheidung; man wollte sicherstellen, daß jene, die über Krieg und Frieden bestimmten, ihre Beschlüsse im Sinne des Gemeinwohls fällten, ohne an eigene Vorteile zu denken.
    Während des langen, furchtbaren Krieges konnten die Legionen sich nicht im Winter auflösen und sich im Sommer dann weitgehend selbst versorgen, dazu waren es zu viele, und sie waren über allzu große Gebiete verstreut. Die Soldaten mußten ausgerüstet und genährt werden; hierzu waren Heeresversorger nötig, und dies mußten Leute mit Vermögen sein. Da die Senatoren nicht in Frage kamen, übertrug man diese Aufgaben Männern aus dem Ritterstand. Sie machten ungeheure Gewinne, waren an Kriegsbeute und der folgenden Auswringung der eroberten Länder beteiligt, versorgten die Heere auch in den nächsten Kriegen, gründeten Banken, verliehen Geld zu Wucherzinsen, pachteten Staatsland und ließen es von Sklaven bebauen, die es dank all der Kriege überreichlich gab. Sklaven hatten aber keinen Kriegsdienst zu leisten; die kleinen Bauern der Nachbarschaft mußten immer wieder zu den Waffen greifen, um Ruhm und Ansehen von Senat und Volk und den Reichtum der Ritter zu mehren. Sie konnten nicht so

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