Cäsar
Aber dann sagte sich Aurelius, daß er nicht gekommen war, um über Ciceros Geschäfte nachzudenken.
»Das stimmt; man muß mit allem rechnen.« Tiro kritzelte etwas auf ein Täfelchen und klatschte in die Hände. Lautlos, wie aus der Unterwelt erstanden, tauchte ein Sklave auf, der die Notiz entgegennahm und ebenso lautlos verschwand.
»Deshalb« - Tiro kniff die Augen zusammen - »wäre zu überlegen, ob eine Schiffsreise nicht sinnvoller wäre. Oder wolltest du mit einem Karren fahren? Wandern?«
Aurelius hob die Schultern. »Ein Schiff wäre schneller und teurer; aber jetzt, im Winter, gibt es wohl nicht viele, die fahren.«
»Nicht viele, das stimmt, aber einige doch.« Tiro schob Rollen hin und her, bis er einen Papyrusabriß fand, auf dem Aurelius Zahlen und Zeichen sah, die er aber von dort, wo er saß, nicht entziffern konnte. »In, uh, zehn Tagen, wenn das Wetter es erlaubt, wird ein iberischer Händler Ostia verlassen. Er könnte dich mitnehmen.«
Der Sklave erschien wieder und reichte Tiro einen Beutel, dazu die Schreibtafel. Tiro prüfte sie, nickte und entließ den Mann mit einer Handbewegung.
»Was habt ihr mit iberischen Händlern zu schaffen?« sagte Aurelius. Dabei überlegte er, was Tiro auf der Wachstafel überprüft haben mochte. Ein Beutel mit Münzen, gefüllt von einem für Geld zuständigen Diener, der auf der Tafel bestätigt hatte, daß es sich um genau den angeforderten Betrag handelte? Und was mochte es im Haus sonst noch geben, neben verborgenen Gängen, Bewaffneten, einer Geldkammer und einem Schatzmeister?
»Er hat eine Ladung hergebracht. Eingelegten Fisch und hispanisches Eisen«, sagte Tiro. »Und da er in dieser Jahreszeit keine anderen Waren fand, die nach Hispanien gebracht werden müssen, haben wir ihn billig bekommen können, um Güter nach Massilia und Narbo zu schaffen. Wirst du allein reisen?«
»Zu dritt. Eine Sklavin und ein Diener.« Der Dichter würde ihm zweifellos verzeihen, daß er, statt ihn zu verraten, einen Diener aus ihm machte.
»Drei? Ah. Eine Reise von, sagen wir, zehn Tagen? Nun ja, in dieser Jahreszeit weiß man nicht… Sagen wir, fünfzehn Tage. Drei Leute. Fünfundvierzig mal drei Sesterze. Hundertfünf unddreißig. Wir ziehen sie ab vom Inhalt des Beutels, dann bleiben…«
Aurelius lachte. »Herr, du scherzt. Wenn ihr das Schiff dieses hispanischen Händlers insgesamt für eure Waren gemietet habt, sollte ich nichts bezahlen, da Cicero wünscht, daß ich mich nach Gallien begebe. Wenn ihr aber das Schiff nur teilweise nehmt, sollte ich mit dem Kapitän feilschen.«
Tiro wackelte mit dem Kopf, als müßte er sich winden, ohne den Leib unterhalb des Halses zu bewegen. »Das ist sowohl richtig als auch falsch. Mein Herr und Freund Marcus Tullius ist an diesem Geschäft nicht beteiligt. Wie du weißt, dürfen Senatoren keine Fernhandelsgeschäfte machen.«
»Woran sie sich auch jederzeit halten.«
»Du sagst es.« Tiro blinzelte schnell. »Andererseits liegt ihm daran, daß du schnell und unbeschädigt Gallien erreichst.« Er griff zu einem Schreibhalm, tauchte ihn in das Tintentöpfchen und kritzelte etwas auf einen Papyrusabriß. »Gib das Qabil, so heißt der Hispanier. Ihr werdet allerdings mit ihm noch um eure Nahrung feilschen müssen.«
Aurelius nahm den Papyrus und überflog, was Tiro geschrieben hatte - »der Überbringer, Q. Aurelius, und seine Begleiter reisen im Auftrag von MTC« und Grußfloskeln -, öffnete dann den Beutel und zählte. Tiro sah mit einem halben Lächeln zu.
»Tausend Sesterze«, sagte Aurelius schließlich. »Gut. Und der Rest?«
»Wird eben von meinen Schreibern bearbeitet. Mehrere Ausfertigungen, du verstehst? An das Bankhaus des ehrenwerten Attalos in Massilia, dir neuntausend Sesterze oder den Gegenwert in anderen Münzen auszuzahlen.«
»Ist er verläßlich?«
»Seit mehr als zweihundert Jahren. Er und seine Vorfahren. Noch etwas? Ich hätte zu arbeiten.«
Aurelius erhob sich. »Ich werde vor deiner Tür warten, bis mir die Zahlungsanweisung ausgehändigt wird. Mein Dank ist dir gewiß, edler Tiro, ebenso wie der deines Herrn und Freundes, dessen nicht vorhandene Geschäfte du beflissen und klug verwaltest.«
Auf dem Weg vom Haus des Gorgonius zu Tiro hatte Aurelius sorgsam darauf geachtet, ob ihm jemand folgte, verstohlen oder auffällig. Er war sich einigermaßen sicher gewesen, daß keiner ihm nachschlich; als er nun Tiro verließ, fühlte er sich ebenfalls unbeobachtet. Dennoch
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