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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Nikaia, Antipolis, zuletzt vielleicht auch Massilia. Als sie hörten, Caesar werde nach Hispanien ziehen und dabei vermutlich Massilia sowie Narbo berühren, wichen sie aus - nicht weit, aber weit genug, auf die zu Massilia gehörenden Stoichadischen Inseln vor der Südspitze Galliens. Dort verbrachten sie in süßem Nichtstun den milden Winter.
    Im Frühjahr kehrten sie zurück aufs Festland und erlebten eine Überraschung. Der Jahreszeit nach war es Anfang März, also mußte es im römischen Kalender Anfang Mai sein. In Arelate erfuhren sie, daß Caesar die alte Stadt, die früher einmal Theline geheißen hatte, gewissermaßen neu zu gründen und dort Veteranen seiner Sechsten Legion anzusiedeln gedachte; und daß er durch den alexandrinischen Mathematiker Sosigenes die Bahnen von Sonne, Erde und Mond berechnen und einen neuen Kalender hatte verkünden lassen.
    »Wie öde«, sagte Kalypso. »Der zwanzigste März ist jetzt auch in Rom der zwanzigste März. Ist das nicht langweilig?«
    »Ich finde es im Gegenteil aufregend.« Aurelius kicherte.
    »Bisher war es doch immer so, daß wir Römer die Welt betrachtet und gesagt haben: ›Es gefällt uns nicht, wir ändern das jetzt.‹ Dieser neue Kalender bricht mit allen römischen Grundsätzen - er nimmt die Welt und die Dauer des Sonnenjahres zur Kenntnis.«
    In Massilia gingen sie an Bord eines Frachters, der nach Sizilien fuhr; der Handelsherr war bereit, sie gegen allzu gute Zahlung nach Sardinien mitzunehmen. Als sie dort an Land gingen, hörten sie, daß auch hier gekämpft worden sei: Pompeianer gegen Caesarianer. Aber wie in Hispanien war auf der Insel der Krieg vorbei. Dort, in Aurelius‘ alter Heimat, hatten Labienus und die Söhne des Pompeius noch einmal ein gewaltiges Heer zusammengebracht. Die entscheidende Schlacht wurde im Süden bei der Stadt Munda geschlagen. Caesar selbst mußte den Angriff anführen, als seine Truppen am Fuß einer Hügelkette verzagten, auf der die Pompeianer warteten. Als er das Schlachtfeld verließ, sagte er, er habe schon oft um den Sieg, aber heute zum ersten Mal um sein Leben gekämpft. Der jüngere der beiden Söhne des Pompeius entkam, der Kopf des älteren wurde Caesar einige Tage später überbracht.
    »Es müßte nun vorüber sein«, sagte Aurelius in einer Hafenschänke in Caralis. »Aber trotzdem… Hier, am Meer, sozusagen in Reichweite, fühle ich mich, tja, beobachtet?«
    »Was, meinst du, wird er nun machen?«
    »Ich weiß es nicht. Er hat jetzt alle Macht; es könnte aber sein, daß er feststellt, daß sie nutzlos ist.«
    »Wieso? Wird er sie nicht einsetzen? Nicht einsetzen können?« Dann stutzte sie und nickte. »Ich ahne, was du denkst. Er ist seit vielen Jahren ans Befehlen gewöhnt, und seine Soldaten haben gehorcht. Die Bürger und Städte und Ämter sind aber keine Legion. Sie sind eine träge Masse, in der seine Befehle wirkungslos versickern werden - ist es das?«
    Aurelius nahm ihre Hand. »Bald beginnt der Herbst, Schönste - magst du mit mir in die wilden Berge gehen und nachsehen, ob die sardischen Räuber seit den Tagen der Karthager sanfter geworden sind?«
    »Unbedingt.« Kalypsos Sternaugen leuchteten, und wieder einmal fragte er sich, ob er diesen Glanz verdiente. »Schlimmer als die römischen publicani können sardische Strauchdiebe auch nicht sein. Außerdem habe ich gehört, in einigen Dörfern der Berge züchte man Buche, nicht um sie zu essen, sondern um sie gegeneinander kämpfen zu lassen. Das möchte ich sehen.«
     
    Mit Billigung der Einheimischen hatten sie eben im unwegsamen Hinterland einen uralten Turm bezogen, während sie in der Nähe eine winterfeste Hütte bauten, als an einem Herbstnachmittag Soldaten erschienen. Der Decurio, der die Reiter anführte, glitt von seinem Pferd und lächelte, während er sich vor Aurelius verneigte.
    »Quintus Aurelius - ich freue mich, dir Grüße und einen Befehl aus Rom überbringen zu können.«
    »Und ich dachte, wir wären hier unauffindbar«, knurrte Aurelius.
    Der Decurio nickte. »Das denken viele.« Unter dem Brustpanzer zog er eine versiegelte Papyrusrolle hervor und reichte sie Aurelius.
    Es war ein Brief, ausgefertigt von einem Schreiber, aber unterzeichnet von Caesar selbst. Da nun die Kriege beendet seien, habe der Imperator und Diktator beschlossen, den tapferen Kämpfern besonderen Lohn und Dank zuteil werden zu lassen: zwanzigtausend Sesterze für Soldaten, vierzigtausend für Centurionen, achtzigtausend für Tribunen. Für

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