Cäsar
den ehemaligen Präfekten Quintus Aurelius seien sechzigtausend Sesterze - fünfzehntausend Denare - im Tempel des Merkur hinterlegt worden. Caesar hatte darunter geschrieben: »Komm sofort nach Rom, Aurelius. Ich erinnere dich an dein Versprechen und fordere dessen Einlösung.«
Kalypso seufzte, als er ihr das Schreiben zeigte. Am nächsten Morgen brachen sie mit den Soldaten auf.
CHRONIK 8:
BRUTUS
So wollen wir denn also von Brutus handeln. Man sagt, er sei ein Abkömmling jenes Brutus, welcher Jahrhunderte zuvor den letzten König vertrieb und die Monarchie beendete. Eher will ich jedoch Venus als Urgroßmutter des Gaius Iulius Caesar hinnehmen, so abstoßend die Vorstellung der Liebesgöttin als runzlige Ahnfrau auch sein mag. Es ist aber die römische Göttin, nicht die meine, welche Aphrodite heißt; also mag es angehen.
Von jenem fernen Vorfahren heißt es, er habe nicht nur den letzten etruskischen König vertrieben, Tarquinius den Hochmütigen, sondern zur Sicherung der Herrschaft von Senat und Volk all jene töten lassen, die auf des Königs Seite gestanden hatten. Darunter, so sagt man, seien des Iunius Brutus eigene Söhne gewesen samt ihrer Brut.
Römer und Spartaner mögen derartige Härte preisen. Ich, in Athen geboren, zöge möglicherweise dem Kindermord einen Tyrannen vor; ferner beschleichen mich Zweifel, ob denn eine Sippe nach ihrer Ausrottung noch Nachkommen haben kann außer solchen, die durch Worte gezeugt werden. Marcus Brutus ergab sich zwar dem Studium der Redekunst wie auch der Philosophie, doch ist dies selbst bei Römern kein hinlänglicher Beweis für Gerede als Samen seiner Sippe.
Die Mutter, Servilia, war des Marcus Porcius Cato Halbschwester. Ihn bewunderte Marcus Brutus unter allen Römern am meisten, und vielleicht entsprang es dieser Bewunderung, daß er später dessen Tochter Porcia zur zweiten Frau nahm. Und wer wollte derlei tadeln? Manchen lockt des Vaters Reichtum in der Tochter Bett, warum also nicht auch des Vaters Haltung?
Brutus hatte durch philosophische Studien seinen Charakter gebildet, der allgemein als edel und gut galt. Wenn man später an der Ermordung Caesars etwas Edles und Gutes finden wollte, schrieb man es Brutus zu, alles Verwerfliche hingegen dem Cassius. Dieser war übrigens Brutus‘ Schwager. Wie treffend sagen die alten Weisen, man solle alles Wichtige in der Familie halten!
Unter den griechischen Philosophen jener Zeit gab es keinen, den Brutus nicht gehört und gekannt hätte; allerdings gab es nach Meinung vieler auch keinen, den zu kennen und zu hören der Mühe des Reisens wert gewesen wäre. Ist es nicht befriedigend festzustellen, wie sehr die Geschichte sich von der Geschichte unterscheidet, je nachdem, wer sie erzählt? Und ist es nicht eine Bereicherung, viele widersprüchliche Geschichten zu haben statt nur einer öden Wahrheit, wie sie von Gläubigen jeder Art verfochten wird?
Als nicht mehr ganz junger Mann von achtundzwanzig begleitete er seinen Oheim Cato, als dieser nach Zypern geschickt wurde, wie bereits erwähnt. Da die Römer den Ägyptern die Insel fortgenommen hatten, gab es dort keinen König mehr; daher sollte der Königsschatz zugunsten der römischen Staatskasse versteigert werden. Abgesehen davon, daß Clodius Cato für einige Zeit loswerden wollte, bot Catos Rechtschaffenheit die beste Gewähr, dem Staat auf Zypern beste Gewinne zu verschaffen. Tatsächlich brachte der Rechtschaffene siebentausend Talente mit zurück. Cato hatte allerdings zunächst noch andere Aufträge in Byzantion zu erledigen, so daß Brutus in der ersten Zeit allein zuständig war. Die anstehenden Aufgaben erledigte er wie ein wahrer Ehrenmann. Auch ersparte er zyprischen Städten, die dies wünschten, römische Besatzungstruppen, die zu unterhalten und zu ernähren gewesen wären. Hierfür war eine als Ersatz zu zahlende Summe festgesetzt, die von der Größe und Leistungsfähigkeit der Stadt abhing.
Da manche diese Summe nicht zahlen konnten, wandten sie sich an Freunde um ein Darlehen. Wer keine Freunde hatte, mußte sich an Römer wenden. Aus dieser oder einer früheren Zeit mag der in Asien verbreitete Spruch stammen: »Lieber keinen Freund als einen Römer.«
So wandten sich die Bewohner von Salamis an Brutus, der ihnen großmütig half, indem er ihnen zwölf Talente lieh - zwei-undsiebzigtausend Denare oder zweihundertachtundachtzig-tausend Sesterze. Die jährliche Gesamtsumme der zyprischen Befreiungszahlungen belief sich
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