Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
und so rührselig war, daß er leicht in Tränen ausbrach, brachte die Macht als solche in Verruf. Daß sie den Charakter des Menschen verändert, daß sie Verblendung, Hochmut und Unmenschlichkeit erzeugt, hätten die Römer allerdings wie andere klügere Völker lange vorher begreifen können.
    Als Sulla sich nun ans Morden machte und die Stadt mit Bluttaten ohne Zahl und ohne Maß erfüllte oder, besser, durch diese leerte, wagte ein Mann bei einer Senatssitzung zu fragen, wann man ein Ende des Geschehens erwarten dürfe. »Denn«, sagte er, »wir wollen nicht um Gnade für diejenigen bitten, die du zu töten beschlossen hast, sondern nur um Befreiung von der Ungewißheit für diejenigen, welche du zu schonen beschlossen hast.« Als Sulla erwiderte, er wisse noch nicht, wen er freigeben wolle, sagte der andere: »Dann gib wenigstens bekannt, wen du bestrafen willst.«
    Das versprach Sulla, und er ächtete sofort achtzig Bürger durch öffentlichen Aushang, ohne sich mit irgendeinem der leitenden Beamten zu verständigen. Am nächsten Tag ächtete er weitere zweihundertzwanzig, am dritten eine nicht geringere Zahl. Obendrein erklärte er in einer Rede vor dem Volk, er ächte jetzt diejenigen, die ihm gerade einfielen; diejenigen, deren er sich jetzt nicht entsinne, werde er später ächten. Für den, der einen Geächteten aufnehme oder ihm zur Flucht verhelfe, setzte er den Tod als Strafe fest, ohne Bruder, ohne Sohn, ohne Eltern auszunehmen, und dem, der ihn töte, versprach er zwei Talente als Lohn für den Mord, auch wenn der Sklave den Herrn, der Sohn den Vater töte. Auch den Söhnen und Enkeln der Geächteten erkannte er das Bürgerrecht ab und zog aller Vermögen ein. Neben den Geächteten starben viele andere, die Sullas Freunden im Wege waren, und ein Flüstern, ein falscher Hinweis, eine mißgünstige Bezichtigung genügte, um jemanden auf die Liste zu setzen.
    Die Ächtungen fanden nicht nur in Rom statt, sondern in jeder Stadt Italiens, und kein Tempel, kein Herd, kein Vaterhaus blieb rein vom Blut der Ermordeten; neben ihren Ehefrauen wurden Männer, bei ihren Müttern Söhne hingeschlachtet, und die man aus Feindschaft umbrachte, waren nur wenige verglichen mit denen, die wegen Geldes ermordet wurden. Man sagte, dem habe sein großes Haus den Tod gebracht, jenem sein Garten, einem anderen seine heißen Bäder. Einer kam aufs Forum und las die Liste der Geächteten. Als er seinen Namen fand, sagte er nur: »Ich Armer! Das Landgut in den Albaner Bergen ist mein Unglück«, ging ein paar Schritte weiter und wurde von einem Verfolger niedergehauen.
    Der jüngere Marius gab sich, als er in Praeneste gefangengenommen werden sollte, selbst den Tod. Sulla kam dorthin und strafte zuerst Mann für Mann; dann ließ er, da er keine Zeit habe, alle zugleich zusammenführen - es waren zwölftausend - und niedermachen, wollte allein seinem Gastfreund das Leben schenken. Aber der erklärte ihm hochgemut, er werde niemals dem Mörder seines Vaterlandes den Dank für sein Leben schuldig sein wollen, mischte sich freiwillig unter seine Mitbürger und wurde mit ihnen erschlagen.
    Sulla zwang den Senat, ihn der Verantwortung für alles Geschehene zu entheben und ihm für die Zukunft Vollmacht zu geben, die Todesstrafe zu verhängen, Güter einzuziehen, Kolonien zu gründen oder aufzuheben und Königreiche zu nehmen und zu geben, wem er wollte.
    Die Versteigerung der eingezogenen Vermögen vollzog er auf einem Podium sitzend, wo er an schöne Dirnen, Sänger, Schauspieler und das übelste Gesindel die Ländereien von Völkern und die Einkünfte von Städten vergab.
    Lucretius Ofella wollte sich um das Konsulat bewerben; Sulla verbot es ihm zunächst. Als Ofella, von vielen Freunden unterstützt, aufs Forum kam, schickte er einen seiner Centurionen und ließ den Mann totschlagen, während er selbst auf dem Podium vor dem Castortempel saß und von oben zuschaute. Als die Menschen den Centurio ergriffen und vor Sullas Podium führten, sagte er, er selbst habe den Auftrag gegeben, und befahl, den Centurio loszulassen.
    Die von Marius und Cinna Verbannten priesen Sulla als ihren Retter und Vater, konnten sie doch durch ihn ins Vaterland zurückkehren und ihre Frauen und Kinder mitbringen.
    Als endlich alles vollendet war, gab er in einer Volksversammlung einen Bericht über seine Taten, zählte ebenso die Glücksfälle auf wie die eigenen Leistungen, und forderte sie auf, ihm den Beinamen »der Glückliche« zu geben. Und so

Weitere Kostenlose Bücher