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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Vergnügen täglich mit ihrer Außenbefestigung ab? Nehmt das als Beweis dafür, daß unsere Freunde bald ankommen werden, denn die Römer sind nur aus Furcht davor Tag und Nacht bei der Arbeit.
    Was also ist mein Rat? Das zu tun, was unsere Ahnen im Krieg gegen die Kimbern und Teutonen taten. Unsere Landsleute, die unter ähnlichem Mangel litten, haben sich mit den Körpern derer am Leben gehalten, die wegen ihres Alters für den Krieg nicht mehr taugten, und sich nicht den Feinden ergeben. Und wenn wir dieses Vorbild nicht hätten, müßte man es, glaube ich, um der Freiheit willen einführen und der Nachwelt als besonders erhaben überliefern. Denn wie könnte man den damaligen Krieg mit dem gegenwärtigen vergleichen? Die Kimbern haben zwar unser Land völlig verwüstet und uns großes Unglück gebracht, aber irgendwann sind sie abgezogen und haben andere Länder aufgesucht. Unsere Verfassung, unsere Gesetze, unsere Felder, unsere Freiheit haben sie uns gelassen.
    Die Römer aber wollen nichts anderes, als sich in unserem Land festsetzen und uns in ewige Sklaverei bringen. Niemals haben sie Kriege mit einem anderen Ziel geführt. Selbst wenn ihr nicht wißt, was in weit entfernten Ländern geschieht, richtet euren Blick nur auf das angrenzende Gallien, das zur Provinz gemacht wurde, dessen Recht und Gesetz die Römer veränderten, das unterworfen in Sklaverei schmachtet.«
    Nachdem verschiedene Anträge gestellt worden waren, beschlossen die Feinde, daß die auf Grund ihrer Gesundheit oder ihres Alters kriegsuntauglichen Männer die Stadt verlassen sollten und daß sie selbst eher jedes andere Schicksal erleiden wollten, als auf den Vorschlag des Critognatus zurückzukommen. Trotzdem wollten sie sich lieber an seinen Plan halten. wenn es notwendig würde und die Hilfstruppen ausblieben als die Möglichkeit eines Aufgebens zu erwägen. Die Mandubier, die eigentlichen Bewohner der Stadt, zwangen sie, mit Frauen und Kindern auszuziehen. Als diese zu den Verschanzungen der Römer kamen, baten sie unter Tränen, sie in die Sklaverei aufzunehmen und mit Nahrung zu versorgen.
     
    Aus der Zeit des dumpfen atemlosen Schuftens erinnerte Aurelius sich später nur an diese gräßlichen Nächte. Die Tage waren Plackerei und Lärm, über dem eigenen Keuchen, dem Ächzen der Kameraden, dem Hacken, dem Hämmern und Klirren der Werkzeuge, dem Schnauben und Grunzen der Pferde und Ochsen, die Baumstämme heranschleiften, hörte man nicht viel anderes. Man wußte, aber man konnte es vergessen.
    Nachts… nachts konnte man nichts überhören. Die Wachtruppen am inneren Wall wurden gewechselt, getauscht, verlegt, und alle, die nicht benötigt wurden, suchten so weit außerhalb wie möglich ein Nachtlager. Solange die Kundschafter meldeten, daß die Heeresmassen der Gallier noch weit entfernt waren; nicht so weit außerhalb, daß man im Fall eines Angriffs von der Stadt aus nicht den Wall hätte bemannen können, aber weit genug, um nicht zu hören. Die Nachtvögel… aber es waren ja keine Nachtvögel, die da schrien, und es war nicht das Wimmern einsamer Sterne, das den Schlaf verscheuchte. Man hatte Bäche umgeleitet in die Gräben, aber in die alten Bachläufe sickerte immer noch genug Wasser, um die Qual des Verdurstens zu verlängern, bis sie in die Marter des Verhungerns mündete.
    Frauen, Kinder, Alte, Verwundete. Sie hatten gefleht und geweint, ehe sie schrien und kreischten, ehe das Kreischen zu Gewimmer wurde. Aber Caesars Befehle waren eindeutig. Aurelius haßte ihn dafür, und zugleich mußte er ihm zustimmen. Sie konnten nicht zwanzigtausend, dreißigtausend aufnehmen und ernähren, sie konnten ihnen nicht durch den innersten Graben und über die Wälle helfen, sie zum Sterben in die Wälder schicken. Den Belagerten Breschen für Ausfälle öffnen. Die Belagerten stärken, indem man ihre Schwachen übernahm. So sahen sie tagsüber zu, wie Mütter ihre Kinder töteten und sie in den Graben warfen, damit sie nicht länger litten; wie Mütter ihre Kinder zerfleischten und aßen, um selbst länger zu leiden; wie Verwundete, die irgendwie ein Messer oder eine andere Waffe aus der Stadt hatten schmuggeln können, andere, die sich noch bewegen konnten, um den Gnadenstoß baten. Weit weg, aber zu nah.
    Eben hatten sie noch über die Rede des Critognatus gesprochen, der vielleicht gar nicht wußte, wie richtig seine Annahmen über die Ziele der Römer waren. Gegrinst hatten sie und den wahrscheinlich alten Mann gelobt: »Er

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