Cäsar
gut, deine Hand zu spüren.«
»Was wollte der Glatzkopf?«
»Wissen, ob ich seine Einschätzung teile.«
»Und zwar?«
»Daß meine Landsleute genug haben. Den Schwanz zwischen die Beine nehmen. Sich an den heimischen Herd flüchten.«
»Und? Was meinst du?«
»Sie sind erledigt«, sagte Orgetorix. Dann brüllte er: »Erledigt!« Er wühlte in der Erde, hob mit beiden Händen Dreck auf und schmierte ihn sich ins Gesicht.
»Seltsame Art, Tränen zu trocknen. Für die du dich nicht schämen mußt. Du hast tapfer gekämpft, hörte ich.«
»Tapfer, ja.« Orgetorix betrachtete seine verdreckten Handflächen. »O wie tapfer. Mein Kopf… Ich habe den Himmel gerammt, und es war nicht gut. Das hier« - mit dem Kinn deutete er auf seine Hände - »ist gallisches Blut, geronnen und zu Dreck geworden. Tapfer habe ich die Freiheit meines Volks vernichtet.« Er zog die Knie hoch, legte die verschränkten Arme darauf und verbarg sein Gesicht.
Am folgenden Tag berief Vercingetorix eine Versammlung ein und wies darauf hin, daß er diesen Krieg nicht für sich, sondern für Galliens Freiheit unternommen habe. Für Gallien sei er nun auch zum Tod oder zur Auslieferung bereit.
Sie schickten Unterhändler zu Caesar. Er befahl, die Waffen auszuliefern und ihm die führenden Männer vorzuführen. Er selbst nahm auf der Befestigung vor dem Lager Platz. Dort erwartete er die Führer der Gallier.
Vercingetorix kam auf einem prächtigen Pferd. Dreimal ritt er um Caesar herum, der sich nicht regte und keine Miene verzog. Nach der dritten Umrundung hob Vercingetorix das Schwert; dann warf er es auf den Haufen der bereits dort liegenden Waffen, sprang vom Pferd und setzte sich schweigend auf die Erde; Caesar wandte er den Rücken zu.
Unter Schonung der Häduer und Arverner, deren Stämme er durch Vermittlung ihrer führenden Männer zu gewinnen hoffte, wies Caesar dem ganzen Heer aus den restlichen Gefangenen je einen als Beute zu.
Danach brach er zu den Häduern auf und nahm sie wieder unter seine Schutzherrschaft. Die Arverner schickten Gesandte dorthin mit der Zusage, alles zu tun, was er befehle. Er forderte die Stellung einer großen Zahl von Geiseln. Dann sandte er die Legionen in die Winterlager. Den Häduern und Arvernern gab er ungefähr zwanzigtausend Gefangene zurück.
Titus Labienus wies er an, mit zwei Legionen und der Reiterei ins Gebiet der Sequaner aufzubrechen, und gab ihm zur Unterstützung Marcus Sempronius Rutilus mit. Zwei Legionen zu den Remern, je eine Legion zu Ambivaretern, Biturigern und Rutenern. Quintus Tullius Cicero und Publius Sulpicius ließ er im Gebiet der Häduer, wo sie die Getreideversorgung sichern sollten. Er selbst beschloß, den Winter in Bibracte zu verbringen.
CHRONIK 4:
LUCULLUS UND CRASSUS
Ehe ich, o ihr Herren der Berge, Hüter der Grenze und Bezwinger der Steppe, die Rosse meines Überdrusses mit der Peitsche meines Zorns über die Wüste des Papyros hetze, daß die Tinte meiner Mühsal den Sand meines Ungemachs besudelt, will ich mit gemessenen Zeichen Klage schreiben wider die Bürde eurer Willkür. Dienerinnen mit hurtigen Füßen, ja, und mit stummem Lächeln - hat man ihnen die Zungen genommen wie den beleibten Dienern das, was sie zuvor von Eunuchen unterschied? Kein Stoß der Ermunterung von diesen, kein Wort der Erheiterung von jenen, kein Zeichen der Bekräftigung von euch. Braten, Brot und Wein, Obst und Kräuter nähren und umschweigen mich; weder weiß ich, wo ich bin, noch ahne ich, wie lange ich in diesem Tun fortzufahren mich befleißigen soll. Das Ende meiner Tage hier erschreiben, fern von Menschenwort und Meereshauch? Wortbilder toter Römer verfertigen, bis der letzte Adler an der Leber des Prometheus erstickt ist?
Gebt mir ein Zeichen! Sagt, was ihr wollt! Schreibt, wie lange ich diese leere Bürde ach wie sehr schultern soll! Raunt mir ins Ohr, wo dieser Unort ist, fern aller Gestade, seien sie nun bosporanisch, euxeinisch oder gar hyrkanisch! Seht, ein Klecks von Zähren des Zagens…
Ehe mir nicht wird, was ich begehre, sei nicht euer, was ihr wollt. Falls ihr es denn wollen mögt oder zu erheischen euch mcht zu entblöden trachtet und mir erlassen zu dürfen ihr euch getrauen müßtet. So will ich mich gemächlich sputen, mit gründlicher Weile hasten und zwei jener Männer zugleich beschreiben, die dem furchtbaren Schlächter Sulla als Unterfeldherren gedient haben: Lucullus und Crassus. Zwei, die der weitverzweigten Sippe Licinius ohne engere
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