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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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mit einem Striegel ab und half ihm, sich zu trocknen. Nach der langen Zeit ohne Nachschub gab es weder Öl noch Salben, außer für die hohen Offiziere. Und die Frauen, die ihnen zugeführt wurden, waren die ansehnlicheren unter den Gallierinnen. Über den Verbrauch des Marcus Antonius erzählte man sich fabelhafte Geschichten.
    »Soll ich deinen Bart schaben, Herr?«
    Aurelius betastete das Gestrüpp in seinem Gesicht. »Es wäre nicht schlecht. Ehe sich jemand daran verletzt.«
    Als er schließlich gereinigt und mit frischer Kleidung ins Freie trat, war der Nachmittag schon alt, aber Aurelius fühlte sich jünger und frischer als seit vielen Tagen.
    Die Reisewagen waren zu einem offenen Viereck zusammengefahren worden; die Zugtiere - viele Pferde, aber auch einige Ochsen - hatte man auf eine hierzu eingezäunte Weide getrieben. Außerhalb des Gevierts standen zahlreiche Karren und Zelte; hier hielten sich die Diener und Versorger der besseren Leute auf. Wer sich Reisewagen leisten konnte, wollte wohl auch frische Nahrung haben - er sah Kühe, Käfige voller Geflügel, Karren mit Obst und Gemüse. In der Mitte des Wagenvierecks bereiteten Diener oder Sklaven ein großes Feuer vor. Andere zerteilten das Fleisch eines geschlachteten Kalbs und mehrerer Lämmer; Spieße lagen bereit, und zwei Männer rammten kräftige Aste mit Gabeln zur Aufnahme der Spieß« in den Boden. An mehreren Stellen brannten bereits kleinere Feuer zwischen aufgeschichteten Steinen, über die man Eisenroste gelegt hatte, und aus großen Töpfen stiegen Schwaden von Wasserdampf, durchsetzt mit dem Duft von Fleisch, Gemüse und Gewürzen. Aurelius roch Wein - richtigen Wein nicht zu Essig geworden - und Sesamöl und garum; sein Magen knurrte nicht, sondern röhrte. Hühner und Ferkel liefen frei umher, und er dachte an die elysischen Gefilde, in denen es Wein und Öl geben mußte, weiche Frauen statt gallischer Krieger, oder - je nach Geschmack - Lustknaben statt stinkender Legionäre. Frisch gebackenes Brot, in garum getaucht und zuerst abgelutscht, dann gekaut, und die Fischtunke nicht mit hageren Flußfischen und vertrockneten Kräutern bereitet, sondern mit Thunfischleber angereichert und wochenlang von südlicher Sonne zur Gärung gebracht.
    Fast kostete es ihn Mühe, nicht an Essen zu denken, sondern an sie. Zu hoffen, daß sie mitgekommen war, daß er sich nicht - bei diesem Gedanken kicherte er lautlos - vergebens gewaschen hatte.
    Kalypso hockte zwischen zwei Fackeln auf den Einstiegsstufen ihres Wagens. Sie wirkte erschöpft, war nicht geschminkt und trug nur eine befleckte, ausgeblichene Tunika. Ein paar Schritte vor ihr gossen Sklavinnen Wasser in einen großen Topf, der auf einer Feuerstelle stand. Daneben schien eine hölzerne Sitzwanne gähnend zu warten.
    Aurelius blieb außerhalb des Lichtkreises stehen. Er sah, wie Kalypso sich die Augen rieb und mit den Zehen wackelte. Die beiden Sklavinnen steckten vier mit Leinen verbundene Pfähle in den Boden; über die Leinen würden sie vermutlich Tücher hängen, hinter denen die Herrin sich entkleiden und baden konnte. Es mußte aber noch einige Zeit dauern, bis das Wasser warm genug war; er beschloß, nicht bis dahin zu warten.
    Mit drei Schritten erreichte er Kalypso und kniete vor ihr nieder ehe sie die Augen heben und ehe die Sklavinnen ihn hindern konnten.
    »Fürstin«, sagte er. Dann nahm er einen ihrer Füße und küßte jeden einzelnen Zeh.
    Er fühlte die Finger einer Hand in seinem Haar, hörte ein leises Lachen und die warme, rauhe Stimme:
    »Es ist gut, macht weiter. - Ach Aurelius, ich hatte gehofft, daß du überlebt hast. Aber müde und schmutzig bin diesmal ich.«
    Er blickte zu ihr auf. »Meine Zunge lechzt danach, sich davon zu überzeugen.«
    Sie erhob sich und streckte die Hand aus; er folgte ihr in den Wagen. Durch die halboffenen Läden der Fenster fiel genug Licht von den Feuern ringsum. Kalypso streifte die Tunika über den Kopf. Unter dem Gewand war sie überwältigend nackt.
    »Aphrodite«, murmelte er.
    »Die schmutzgeborene Aphrodite allenfalls.« Sie lächelte und zupfte an seiner Tunika. Dann sagte sie leise: »Habe ich draußen Feuchtigkeit in deinen Augen gesehen?«
    »Du mußt dich irren, Göttin.«
     
    Wenn er später Trost in Erinnerungen suchte, sagte er sich immer wieder, daß mit diesem angeblichen Irrtum die glücklichste Zeit seines Lebens begonnen hatte. Wenn er sich nicht gewaschen, sondern statt dessen den Göttern etwas geopfert

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