Cäsar
einmal fünf. Crassus ist tot. Es bleiben zwei Jahre und etwas mehr, und Caesar, Pompeius und der Senat. Er wird noch ein Jahr brauchen, um Gallien zu ordnen, Aufstände niederzuschlagen. Und dann?«
»Dann wird er dem Senat und dem Volk die Legionen zurückgeben.« Hirtius hob den Becher. »Darauf trinke ich.«
»Er wird sie nicht zurückgeben«, sagte Aurelius. »Wenn er es tut, zerrt Cato ihn vor Gericht, und Pompeius wird johlen. In zwei, höchstens drei Jahren werden wir in einen Bürgerkrieg ziehen, gegen den alles, was Marius und Sulla angefangen haben Kinderkram ist. Und dabei will ich nicht mitmachen.«
»Glaubst du das wirklich?« sagte Orgetorix. »Wenn es dazu kommt, brauchen wir hier einen neuen Vercingetorix, um uns zu befreien. Wenn ihr abgelenkt seid, beschäftigt damit, euch gegenseitig totzuschlagen.«
»Wäre das eine Aufgabe für dich, Freund?« Aurelius grinste den Gallier an.
»Dazu wird es nicht kommen«, sagte Hirtius. »Und wenn es dazu käme, wärst du mittendrin, Aurelius, ob du willst oder nicht.«
»Ich weiß.« Aurelius trank einen Schluck. »Wir alle werden kämpfen, um zu leben. Töten, um nicht zu sterben. Aber ich will nicht verantwortlich sein, verstehst du? Als Koch oder l Centurio… das ist, wie es immer war. Aber als Legat, um bei dem Vergleich zu bleiben? Und alles nur, weil die Republik verfault ist bis auf die Knochen und zwei Männer sich um den Kadaver streiten?«
Orgetorix gurgelte mit Bier. Vielleicht wollte er etwas sagen, aber dann verschluckte er sich und hustete wild.
»Kämpfen, weil du mußt«, sagte Hirtius, »und kämpfen, um zu überleben, aber nicht für den Ehrgeiz eines Mannes? Hm. Und was willst du tun? Hat nicht Cicero dich Caesar geschenkt?«
»Ja und nein.«
»Hä? Wie kann etwas sein und doch auch nicht?« sagte Orgetorix.
»Man hat mir Geld und Besitz genommen und gesagt, ich bekäme den Gegenwert zurück, wenn ich bestimmte Dinge täte. Ich bin also nicht Sklave Ciceros, sondern Sklave meines verlorenen Besitzes. Ich weiß, daß ich ihn ohnehin nicht zurückgewinnen kann. Damit bin ich frei.«
»Du hast in Arelate einen Eid abgelegt, evocatus«, sagte Hirtius.
›Von dem Caesar mich entbinden kann. Entlassen.« Hirtius gluckste. »Könnte er, ja. Und dann?«
»Werde ich durch die Welt wandern.« Aurelius lächelte.
»Oder für ihn kochen, wenn er mag.«
»Dann wärst du doch dabei.«
»Ich will doch wissen, wie‘s weitergeht.« Alle drei lachten.
Orgetorix hob den Becher und sagte: »Wenn ich mich nicht wieder verschlucke, trinke ich auf deine Wanderungen. Brauchst du, für die gallischen Teile, vielleicht einen bewanderten Mitwanderer?«
»Warum nicht? Wir werden abends am Feuer sitzen und muntere Geschichten über tote Feldherren und Fürsten erzählen.«
»Wem?« sagte Hirtius.
»Den Galliern, die uns nicht vorher umgebracht haben.«
»Es bleibt also dabei, daß ich Caesar sage, du willst nicht?«
»Ja.«
»Und den Rest soll ich verschweigen? Was, wenn er fragt?«
Aurelius hob die Brauen. »Erfinde etwas, was weder deinen noch meinen Kopf kostet.«
»So lange kennst du ihn jetzt schon und kennst ihn doch so wenig?«
»Wie meinst du das?«
Hirtius leerte den Becher und stand auf. »Er ist nicht Sulla oder Marius«, sagte er. »Er dreht keinem den Hals um, nur weil ihm eine Meinung nicht paßt. Ich wünsche euch Gedeihlichkeit.«
Als Hirtius gegangen war, räusperte sich Orgetorix. »Du willst wirklich um Entlassung bitten?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Sobald die Wege halbwegs sicher sind, will ich nach Agedincum reisen und sehen, wie es dem Huster geht. Danach? Man wird sehen.«
»Genug Zeit für lange Reden - falls er mich auch entläßt« sagte der Gallier. Er zwirbelte den Schnurrbart.
»Lange Reden worüber? Den Unsinn des Seins? Den Sinn des Nichtseins? So etwas?«
»Zum Beispiel. Du könntest mir auch über das Leben in Rom erzählen. Und über Caesar.«
»Den kennst du doch selbst.«
»Ich kenne und bewundere ihn. Hier. Er ist klug und mutig und verwegen, ein großer Männerführer. Aber ich weiß nichts.. fast nichts über sein früheres Leben.«
Aurelius gähnte. »Stoff für ein paar kurze Pausen bei der langen Wanderung. Demnächst, mein Freund.«
Die Soldaten hatten reichlich Beute gemacht. Außerdem hatte Caesar ja verkünden lassen, jeder einzelne Mann des Heeres werde einen Gefangenen als Sklaven erhalten.
Aurelius nahm an, daß die meisten ihr lebendes Beutestück gleich verkaufen würden,
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