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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cueni Claude
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holte ich aus meinem Zelt die nötigen Kräuter und überlegte. Hatten die Götter die Entscheidung über Cäsars Leben in meine Hand gelegt?
    Ich versuchte mich an die Kräutermischung zu erinnern, die ich seinerzeit Fumix zubereitet hatte. Fumix? Ja, Fumix. Das war gar nicht so einfach, denn entscheidend war nicht nur der Anteil eines einzelnen Krautes am Ganzen, sondern auch die Dauer, die ein Kraut im heißen Wasser verbrachte. Auch ob ein Kraut kaltem, warmem oder kochendem Wasser zugesetzt wurde, war von wesentlicher Bedeutung. Je nach Dosierung und Zubereitung konnte ein heilendes Kraut töten und ein tödliches Kraut heilen. Wenn ich ganz ehrlich bin, muß ich gestehen, daß ich mich an die genaue Zubereitung nicht mehr erinnerte. Man mag sich wundern, wieso ich nach all den druidischen Mißerfolgen der letzten Monate erneut den Zauberlehrling spielte. Ich gebe zu, das ist schwer zu verstehen. Aber etwas in mir drängte mich dazu. Und insgeheim war ich sicher, daß es die Götter waren, die mich drängten, und daß die Götter meine Hände leiten würden. Die Götter sollten entscheiden, ob Cäsar leben oder sterben sollte.
    Ich gab die Kräuter in das kochende Wasser und bat die Prätorianer, auf meine Rückkehr zu warten. Wanda überredete ich dazu, den Kräuterkessel zu überwachen. Ich wollte nicht, daß mir jemand ins Handwerk pfuschte.
    Allein ritt ich nun hinaus zu den uralten Wäldern, die sich westlich von unserem Lager über die Hügel ausbreiteten. An einem Fluß wusch ich Hände und Füße und ritt dann langsam und andächtig in die Tiefe des Waldes hinein, vorbei an bizarr geformten Felsen und knorrigen alten Bäumen. Ich hörte den Ruf der Elster, den Flügelschlag des schwarzen Falken und den Schrei der Eule. Im Dickicht verharrten drei Hirsche. Ich weiß nicht, ob es eine Sinnestäuschung war, denn als ich wieder hinüberschaute, waren sie verschwunden. Dieser Wald war anders als der abgestorbene mit dem toten Geäst am Boden. Es war ein lebendiger Wald, der mich wie einen Triumphator empfing, freudig und heiter. Als ich die drei Hirsche wieder sah, hörte ich das Plätschern einer Quelle. Ich stieg ab und näherte mich mit demütig gesenktem Kopf dem heiligen Ort. Ich spürte, wie eine heiße Kraft meinen Körper durchflutete. Im hellgrünen Moos kniete ich nieder und streckte meine Hände in das frische, glasklare Quellwasser, das gleichmäßig aus dem Erdboden sprudelte, um das Licht der Sonne zu empfangen. Dann tat ich etwas, was nur wenige Menschen vor mir getan haben. Ich, Korisios, Druidenlehrling aus dem Stamme der Rauriker, erflehte die Hilfe der Erdmutter-Göttin. »Du, Allmutter Natur, Beherrscherin der Elemente, erstgeborenes Kind der Zeit, Höchste der Gottheiten, Königin der Seelen, Erste der Himmlischen, du, die vereint die Gestalten aller Götter und Göttinnen, ergreife meine Hände, damit sie besiegeln das Schicksal unseres Volkes.« Und während ich ihre Hilfe erflehte, mehr in Gedanken als in Worten, schloß ich die Augen und öffnete den Mund, so daß ich vom heiligen Quellwasser, das aus ihrer Scham sprudelte, trinken konnte. Ich bot ihr mein Leben zum Tausch für Cäsars Tod! Denn bei uns Kelten gilt auch im Religiösen das Prinzip der Gegenseitigkeit. Wer mit den Göttern Tauschhandel betreiben will, muß fair sein. Wer einen Todkranken retten will, muß einen Kerngesunden opfern. Aber dieser Tausch sollte nicht ein Tausch zwischen Mensch und Gott sein, sondern ein Tausch zwischen den Göttern, die Cäsar beschützten, und jenen, die sich zu meinen Gunsten vereint hatten. Deshalb bot ich mein Leben an, damit beide Seiten den gleichen Einsatz hatten. Ich mußte lächeln, als ich die kleinen Pilze sah, die auf dem feuchten Moos am Rande der Quelle wuchsen. Santonix hatte mir davon erzählt. Wenn die Götter den Dialog aufnehmen, hat plötzlich alles seine Richtigkeit. Mit der linken Hand griff ich nach einem Pilz und aß ihn. Dann nahm ich noch einen Schluck des heiligen Wassers und bedankte mich für ihre Liebe. Ich spürte, wie mich die Göttin in ihre Arme schloß, und hörte ihr Lachen, als ich in dem Weiher untertauchte, der sich unter der Quelle gebildet hatte.
    Als ich wieder ins Lager zurückritt, fühlte ich mich so, als hätte ich zuviel Rotwein getrunken. Nur: Mund und Gaumen waren weder trocken noch pelzig. Ich hatte auch keinen Durst. In meiner Hand hielt ich frische Kräuter. Ich weiß nicht, wie ich dazu gekommen bin. Die Druiden behaupten, daß die

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