Cäsars Druide
schickte ihm sechzehntausend Mann und die gesamte Reiterei entgegen, doch Cäsar hielt diesem Angriff stand, setzte die Befestigung des kleinen Lagers fort und rüstete es mit allem aus, was er für die bevorstehende Schlacht brauchte. Zwei Legionen ließ er in diesem Lager zurück, zwei Legionen und den Großteil der häduerischen Hilfstruppen. Die vier anderen Legionen führte er ins große Lager zurück. Dort wartete vermutlich Wanda auf meine Rückkehr. Auch ihr Überleben hing mittlerweile von Cäsars Kriegskunst und Glück ab.
Mein Überleben hing in jener Nacht von einer alten Frau ab. Diesmal schmiß die Alte mir die Asche an die Brust, kniete nieder und stocherte mit einer Astgabel im Dreck herum. Plötzlich wich sie entsetzt zurück, legte schützend ihre Hand vor die Augen und ging weg. Enttäuscht verließen die Adligen mit ihren Fackelträgern den Platz. Im Morgengrauen hörte ich, wie zwei germanische Wachen sich über die Weissagungen ihrer Seherinnen unterhielten. Sie hatten in der Nacht prophezeit, daß Ariovist erst nach Neumond erfolgreich sein könne. Vermutlich ging es in Cäsars Lager nicht anders zu. Die Römer hatten meist ihre weißen Hühner bei sich. Man deutete dann die Art und Weise, wie die Hühner ihre Körner pickten.
Am nächsten Tag rückte Cäsar mit allen Legionen gleichzeitig aus und stellte seine Soldaten zur Schlacht auf. Doch Ariovist rührte sich nicht. Cäsar war überrascht, daß dieser Barbar Taktik und strategische Positionswechsel mindestens so hoch bewertete wie Mut und Tapferkeit auf dem Schlachtfeld. Aber hätte Cäsar bei einem Barbaren, der fließend Lateinisch und Keltisch sprach, nicht damit rechnen müssen? Um die Mittagszeit führte Cäsar seine Legionen wieder in die beiden Lager zurück. Wenig später griff Ariovist überraschend das kleine Lager an, das nur von zwei Legionen verteidigt wurde. Beide Seiten kämpften verbissen, heftig und ohne Gnade. Römer und Germanen fielen übereinander her wie molossische Kampfhunde, die man zu lange an der Kette gehalten hatte. Die Schlacht artete in eine regelrechte Abschlachterei aus. Es genügte nicht, den Gegner zu töten, nein, er wurde aufgeschlitzt und verstümmelt. Bei Sonnenuntergang zogen sich die Germanen zurück. Auf beiden Seiten waren die Verluste beträchtlich.
Von Gefangenen erfuhren die Centurionen die Prophezeiung der Seherinnen. Die Götter würden den Germanen den Sieg erst nach Neumond schenken.
Daraufhin rückte Cäsar am nächsten Morgen erneut mit allen seinen Legionen aus. In beiden Lagern ließ er nur wenige Männer zurück. Vor dem kleinen Lager stellte er zum Schein seine Hilfstruppen auf und rückte dann in dreifacher Schlachtlinie auf Ariovists Stellung zu. Ariovist hatte keine Wahl. Er mußte kämpfen. Links und rechts der germanischen Schlachtreihen und auch dahinter ließ Ariovist Wagen und Karren eng aneinanderreihen, damit kein Krieger die Flucht ergreifen konnte. Auch für Ariovist galt nun die Devise: Sieg oder Tod. Unser Gefangenenwagen wurde auf der linken Seite abgestellt. Wir waren eingeklemmt zwischen Hunderten von Wagen, die sich gegenseitig behinderten. Frauen und Kinder standen aufgeregt auf den Karren und warteten auf den Beginn der Schlacht. Lucia hatte mich mittlerweile wieder gefunden, war zu mir hochgesprungen und hatte sich unter meinem Arm zusammengerollt. Sie zitterte.
Cäsar eröffnete die Schlacht auf der rechten Seite. Kräftige Tubastöße gaben das Signal zum Angriff. In makelloser Schlachtformation rückten die römischen Legionäre vor. Über ihren glitzernden Bronzehelmen wurde die Feldherrnfahne geschwungen, und kurz darauf ertönte das Angriffssignal aller ihrer Hörner und Trompeten. Die Legionäre gingen in leichten Laufschritt über und skandierten ihren Schlachtruf. Die Germanen stemmten sich in der üblichen Phalanxformation den Römern entgegen. Es war eine äußerst phantasielose Aufstellung, denn eine Mauer von aneinandergereihten Männern, die zu zehnt hintereinander standen, war unbeweglich und nicht zu manövrieren. Die römischen Legionäre hingegen rückten zwar als geschlossene Linie vor, konnten sich aber blitzschnell in wendige kleine Manipel aufteilen, die nach Bedarf dirigiert werden konnten. Die Schlacht war genauso brutal wie am Vortag. Mit unvorstellbarem Haß und unglaublicher Grausamkeit schlachteten sich die Männer gegenseitig ab. Doch die Götter waren unschlüssig, wem der Sieg zu schenken war. Während die Germanen auf der
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