Cäsars Druide
befehlen durften? Hatte ich mich im Grunde genommen nicht zu Wandas Sklaven gemacht? Sie lebte vermutlich mit Basilus in Milos Stadthaus. Sie war nun eine Freigelassene. Vielleicht würde Milo sie sogar adoptieren und zur römischen Bürgerin machen! Vielleicht würde sie nach Rom ziehen und dort einen römischen Milliardär heiraten und eine Kohorte kleiner Patrizier auf die Welt bringen, während ich hier in diesem rattenverseuchten Lagerhaus darbte!
Eines Morgens fragte ich den Sklavenaufseher, ob ich einen Hund haben dürfte. Wenigstens einen Hund. Der Aufseher schüttelte den Kopf. Er hatte von Kretos die Anweisung, mir jede Art von Vergünstigung abzuschlagen. Ich wollte nicht darauf beharren. Kretos' Aufseher war ja selber Sklave.
An einem regnerischen Nachmittag schaute ich den Packern zu, wie sie eines von Kretos' Schiffen beluden. Wir waren fast fertig, als ich hörte, daß wir noch auf Passagiere warten würden. Sie kamen etwas verspätet, ein junger Mann und eine junge Frau. Sie trugen feine Kapuzenmäntel aus gefärbtem Wollstoff. Ich spürte gleich, daß sie mir auswichen. Das erregte meine Aufmerksamkeit. Ich sah nur die Augen der Frau. Sie hatte die breite Kapuze ihres Mantels über dem Kinn zusammengezogen. Es war Wanda. Leise flüsterte sie meinen Namen. Sie wollte noch etwas sagen, aber Tränen erstickten ihre Stimme. Fast ängstlich schaute sie ihren Begleiter an. Basilus! Er sagte, sie würden nach Rom gehen. Er wolle dort ein großer Wagenlenker werden, um mich eines Tages freizukaufen.
»In sieben Jahren«, murmelte ich. Von all den Packern gab es keinen, der zehn Jahre in diesem Lagerschuppen überlebt hatte. Es gab so vieles, das ich Wanda gerne gesagt hätte. Aber ich brachte kein Wort über die Lippen. Basilus und Wanda, wieso verhielten sie sich so seltsam? War etwas zwischen den beiden?
Ein Peitschenhieb brachte mich zu Fall. Sofort sprang Basilus dazwischen und schlug den Aufseher mit einem kräftigen Faustschlag zu Boden, ich bat Basilus, sofort mit Wanda aufs Schiff zu gehen. Bevor die Miliz kam. Verzweifelt humpelte ich zum Schuppen hinüber. Ich wollte niemandem mehr einen Vorwand liefern. Ich verdrückte mich hinter meinen Schreibtisch und kopierte Frachtbriefe. Bis in die frühen Morgenstunden. Ein Faß Weizenbier wäre nicht schlecht gewesen. Aber es gab nur dieses faulig riechende Wasser am Abend. Tagsüber ein bißchen Wein, so stark verdünnt, daß er nach abgestandenem Waschwasser schmeckte. Ja, hier in Massilia mußte man zu allem Übel auch noch nüchtern bleiben.
Noch lieber als Wein wäre mir allerdings Lucia gewesen. Mit einem Hund war das Schicksal leichter zu ertragen. Ich weiß nicht, wieso. Hunde sprechen einem nicht Mut zu, sie verdienen kein Geld und geben auch keine guten Ratschläge. Sie sind einfach da. Vielleicht ist es das. Sie sind einfach da. Und in jener Nacht wurde mir bewußt, daß ich nun allein war. Sogar die Götter hatten mich verlassen.
Eines Tages ließ mich Kretos in sein Stadthaus bringen. Ich zweifelte keinen Augenblick daran, daß er sich eine neue Bosheit ausgedacht hatte. Es war mir einerlei. Inzwischen schien mir der Tod eine freundliche Alternative. Ich freute mich auf ein Wiedersehen mit Onkel Celtillus. Vielleicht würde mein Tod Kretos so richtig ärgern.
»Du stinkst«, zischte Kretos mißmutig, als man mich in sein Arbeitszimmer brachte. Er saß hinter einem Stapel Papyrusrollen und hatte den Kopf in seiner linken Hand aufgestützt.
»Alle deine Sklaven stinken«, gab ich kühl zurück.
»Soll ich dich auspeitschen lassen«, fauchte Kretos, doch im selben Augenblick schrie er laut auf und verzog das Gesicht zu einer schmerzvollen Grimasse. Sein illyrischer Leibwächter eilte herbei. Kretos schickte ihn mit einer unwirschen Handbewegung wieder hinaus. Dabei sah ich, daß Kretos' Backe geschwollen war.
»Du hast mir doch mal so eine scheußliche Flüssigkeit gebraut, weißt du noch, als wir von Cenabum zurückritten …«
Ich schwieg. Ich hatte keine Lust, mich zu erinnern. Keine Lust zu plaudern. Kretos sollte mich ruhig auspeitschen oder hinrichten lassen. Lieber hinrichten.
»Ich habe dich gefragt, ob du dich daran erinnern kannst«, herrschte mich Kretos an.
»Ich bin ein keltischer Druide«, sagte ich unbeeindruckt, »und hause in einem Rattenloch. Wenn du den Rat eines Druiden willst, dann behandle mich wie einen Druiden. Und wenn du Hilfe von einem Druiden willst, dann bitte ihn gefälligst darum!«
Kretos verschlug
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