Cäsars Druide
es die Sprache. Er schaute blitzschnell zum Eingang, als hänge sein weiteres Vorgehen davon ab, ob jemand meine Unverschämtheiten gehört hatte. Ich drehte mich ebenfalls um. Es war niemand zu sehen. Ich grinste Kretos frech ins Gesicht. Ich gebe zu, ich wollte ihn provozieren. Ich wollte eine Entscheidung. Ich wollte siegen oder sterben! Ich wollte es Cäsar gleichtun.
»Bist du eigentlich von Sinnen?« zischte Kretos leise. »Du verkennst deine Lage. Ich kann dich töten lassen.«
»Ich fürchte den Tod nicht, Kretos. Ich bin Kelte. Aber du, Kretos, du fürchtest bereits die Schmerzen …«
»Befreie mich von diesen Schmerzen«, unterbrach mich Kretos wütend, »dann reden wir weiter.«
»Nein, Kretos! Bring mich zu den Ratten zurück.«
»Was willst du von mir?« zischte Kretos wütend.
»Ich will gar nichts. Aber wenn du die Hilfe eines Druiden willst, dann behandle mich wie einen Druiden«, wiederholte ich ruhig.
»Ich habe weiter oben an der Küste ein Weingut … Ich könnte … ich könnte mir durchaus vorstellen, ich meine … ich könnte einen tüchtigen Gutsverwalter gebrauchen. Der jetzige ist bloß hinter den Sklavinnen her!«
»Du kannst es dir in Ruhe überlegen, Kretos, und mich dann wieder rufen lassen«, sagte ich desinteressiert und wandte mich dem Eingang zu.
»Sklave!« fauchte Kretos mit heiserer Stimme. »Ich habe dir soeben den Posten des Gutsverwalters versprochen, und wenn dir das noch nicht genügt, dann laß ich dich …«
»Nicht weiterreden, Kretos«, grinste ich. »Man sollte nie Drohungen aussprechen, die man nicht wahrmachen kann. Ich werde deine Schmerzen lindern, aber wenn ich morgen nicht als neuer Verwalter dein Weingut an der Küste betrete, soll dir nie mehr geholfen werden!«
»Halt jetzt den Mund, Sklave, und beeile dich!«
»Ich muß die heiligen Wälder unserer Götter aufsuchen, Kretos. Und bevor ich diese betreten darf, muß ich meinen Körper reinigen.«
Kretos hätte mich am liebsten eigenhändig umgebracht. Die Schmerzen hatten ihn bereits völlig zermürbt. Er rief nach seinem Leibwächter und befahl ihm, meine Wünsche zu erfüllen und mich anschließend in den Wald zu begleiten. »Und stich ihn einfach nieder, wenn er fliehen will. Aber hindere ihn nicht an seiner Arbeit!«
Zugegeben, ich ließ mir Zeit. Wann hatte ich das letzte Mal in einer Holzwanne gelegen? Das Badewasser war angenehm warm. Und die nubischen Sklavinnen, die anschließend meinen Körper mit wohlriechenden Ölen einrieben, kicherten in einem fort. Und verwöhnten mich.
Kretos' illyrischer Leibwächter begleitete mich in den Wald. Ich befahl ihm, am Waldrand auf mich zu warten. Der arme Kerl wußte nicht, was er tun sollte. Aber ich sprach zu ihm wie ein Herr zu seinem Sklaven. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wirksam diese Methode ist und wie klein mancher Mann wird, dem die Götter den Körper eines Helden verliehen haben.
Allein humpelte ich in den Wald hinein. Noch immer hatte ich das heitere Lachen der nubischen Sklavinnen in den Ohren und genoß es, einen reinen Körper zu haben. Ich fand die gesuchten Pflanzen sehr schnell. Ich hatte nichts verlernt. Ich hielt es für ein gutes Zeichen, daß ich um diese Jahreszeit auch das Eisenkraut fand. Ich stolperte beinahe darüber. Das Eisenkraut ist sehr mächtig. Verucloetius hatte mir auf der Reise nach Genava eine Menge darüber erzählt. Das Eisenkraut ist so mächtig, daß es schon manchen Druiden zum Sklaven gemacht hat. Ich pflückte auch die Selago. Mit nackten Füßen. Und mit der rechten Hand. Denn nur so bleiben die geheimnisvollen Kräfte der Selago erhalten. Pflückt man sie mit der linken, wählt man die Mysterien und die Schattenwelten, die die Anderswelt umgibt. Aber plötzlich warf ich die Blätter wieder fort, die ich mit der rechten Hand gepflückt hatte, und riß erneut die Blätter der Selago vom Stengel. Aber mit der linken Hand.
Bevor Kretos den Sud trank, gab er seinem illyrischen Muskelprotz den Befehl, mich zu töten, falls er an diesem Sud zugrunde gehen sollte. Darüber mußte ich lachen, denn ich hatte tatsächlich im Sinn, Verwalter eines Weinguts zu werden.
Kretos' Weingut lag an der Küste Richtung Hispania. Die Winde, die vom Meer her wehen, sind frisch und kühl, das Klima meint es gut mit den Menschen, und der Boden ist gesund und sehr fruchtbar. Kretos' Hof lag inmitten von Weinbergen. Schier endlose weiße Mauern mit rötlichen Lehmziegeln umschlossen die Anlage, seine persönliche Villa,
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