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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cueni Claude
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das Haus des Verwalters und der Arbeiter, die Keller und Lagerhäuser. Es war Herbst. Sklaven zerstampften in einem großen Steintrog barfüßig die frisch gepflückten Trauben, um den Saft auszupressen.
    Das Leben auf dem Land war wesentlich angenehmer. Die Leute waren gesünder und zufriedener. Es wurde mehr gelacht. Kretos mochte seinen Gutsverwalter nicht entlassen. Vielleicht war der Vorwurf, er stelle den Sklavinnen nach, auch nicht wahr. Auf jeden Fall schlug Kretos vor, mich zur rechten Hand des Gutsverwalters zu machen. Zuerst solle ich den Betrieb etwas kennenlernen. Den Gutsverwalter lobte er öffentlich für seine bisherige Arbeit und sagte, er habe es redlich verdient, Entlastung zu erhalten. Für den finanziellen und administrativen Bereich sei ich in Zukunft zuständig. Der Gutsverwalter könne sich somit vermehrt den praktischen Seiten des Betriebes widmen. Ich glaube, einige kicherten bei diesen Worten.
    Im Konsulatsjahr des Marcus Claudius Marcellus hörte ich von einem fahrenden Händler, daß in Rom Cäsars sieben Bücher über den gallischen Krieg erschienen waren. In Rom waren alle begeistert. Oder fast alle. Cato erklärte den gallischen Krieg für beendet und forderte die Entlassung des siegreichen Heeres. Einige forderten die Entlassung Cäsars. Etliche erinnerten daran, daß es nun an der Zeit sei, Cäsars Vergehen vor Beginn des gallischen Abenteuers zu untersuchen. Und jene, die von Cäsars Privatkrieg zuwenig profitiert hatten, verlangten, man möge auch seine Verbrechen in Gallien zur Sprache bringen. Man wollte ihm also seine Truppen wegnehmen, seine Immunität aufheben und ihm dann den Prozeß machen. Man wollte den Julier dem politischen Untergang preisgeben. Als ich diese Geschichten hörte, war mir sofort klar, daß Cäsar sich das nie gefallen lassen würde. Er würde neues Unrecht begehen, um den Strafen für altes Unrecht entgehen zu können. Selbst wenn die römische Republik daran zugrunde gehen sollte.
    Im Frühling des darauffolgenden Jahres hatte Kretos wieder Zahnschmerzen. Er ließ mich in sein Stadthaus rufen. Ich braute ihm den Sud und erlöste ihn für kurze Zeit von den Schmerzen. Aber mir schien, als habe sich unter dem Zahnfleisch Eiter gebildet. Das war gefährlich. Ich gab ihm darauf noch mehr von diesem Sud. Mit einem im Feuer gehärteten Skalpell schnitt ich die prallgefüllten Eitertaschen auf und erlöste ihn schließlich nach tagelanger Behandlung von seinen Schmerzen. Es dauerte knapp zwei Wochen, bis Kretos schmerzfrei war. Im Grunde genommen mußte ich einfach die Schmerzen betäuben, bis der Zahn abgestorben war. Es war mir egal, ob er seine Zähne oder sein Leben bei der Behandlung verlor. Einsamkeit und Entbehrungen hatten mich abgehärtet und verbittert. Noch verging kaum eine Nacht, in der ich im Traum nicht jenem Handelsschiff nachsah, das im Hafen von Massilia den Anker lichtete und an der Küste entlang nach Ostia fuhr. Ich sehe noch den grau verhangenen Himmel und höre, wie der Regen in den wogenden Wellen aufschlägt.
    Kaum war ich auf das Weingut zurückgekehrt, ließ Kretos mich erneut rufen. Es war in den frühen Morgenstunden, als ich wieder in Massilia ankam. Kretos lag in seinem Speisezimmer und ließ sich gerade ein üppiges Frühstück bringen. Eier in allen Variationen, frisches Brot, Käse und geräucherte Würste. Er ließ sich nicht beim Essen stören. Er dachte nicht einmal daran, mich an den Tisch zu bitten.
    »Korisios, seit du dich auf meinem Weingut um die Finanzen kümmerst, wirft es mehr Gewinn ab. Ich habe die Monatszahlen mit den Erträgen vom letzten Jahr verglichen. Womit machen wir mehr Gewinne?«
    »Mit mir«, grinste ich frech. »Du verdienst zwar keine einzige Sesterze mehr, aber es wird nichts mehr unterschlagen. Wenn ein Freigelassener Wein will, muß er dafür bezahlen!«
    Kretos grinste und bat mich, ihm einen Sud zu brauen.
    »Hast du wieder Schmerzen?« fragte ich.
    »Nein, Korisios, aber ich möchte dennoch, daß du mir diesen göttlichen Sud braust.«
    Mir war offen gestanden nicht ganz wohl dabei. Besonders weil er den Sud plötzlich ›göttlich‹ nannte. Aber ich wollte Kretos' Bitte nicht abschlagen.
    »Schenkst du mir dafür die Freiheit?« fragte ich ohne Umschweife. Kretos hatte soeben in ein hartgekochtes Ei gebissen. Er schaute langsam hoch und schüttelte den Kopf. Dann erzählte er, wie er damals allein auf diesem struppigen Esel das römische Lager verlassen habe. Er erzählte, wie hart jener Winter

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