Cäsars Druide
nicht.«
Den Abend verbrachte ich mit Basilus im Freien. Wir spielten mit den herumstreunenden Hunden und erzählten uns nochmals alle Details des Germanenangriffs, die wir unserer Meinung nach zuwenig ausgeschmückt hatten. Wir erwogen alle möglichen Entwicklungen. Was wäre geschehen, wenn … Es war ein faszinierendes Spiel. Natürlich lästerten wir auch über diesen griesgrämigen Druiden Diviciatus, schmiedeten Pläne, sprachen über Massilia und Rom, und Basilus fragte mich, ob ich mit Wanda schlafe. Ich antwortete ihm, daß Wanda meine Sklavin sei. Nicht mehr und nicht weniger.
Wir übernachteten im Langhaus des Bronzegießers Curtix. Divicos Töchter hatten Wanda derart vornehm eingekleidet, daß es mir fast ein bißchen schwerfiel, sie weiter wie eine Sklavin zu behandeln. Aber hatte ich Divico nicht erzählt, sie sei meine Frau? Deshalb wurde ihr auch der Schlafplatz neben mir zugeteilt, so daß ich zum Einschlafen ihre Füße an meinem Kopf hatte. Basilus wiederum hatte meine Füße an seinem Kopf. Kelten schlafen nicht nebeneinander, sondern entlang der mit Fell bedeckten Erdpodeste an den Wänden. In den frühen Morgenstunden drehte sich Wanda schließlich um, so daß wir Kopf an Kopf schliefen. Sie fragte, ob ich schon wach sei. Sie fragte derart häufig, daß ich schließlich mit einem ärgerlichen »Nein« antwortete.
»Bist du wütend, Herr, weil ich jetzt deine Frau bin?« kicherte sie leise. Offenbar hatte sie mit Divicos Töchtern einen vergnügten Tag verbracht. »Herr, wenn du im heroischen Zweikampf einen germanischen Fürsten besiegen kannst, kann ich doch wohl deine Frau sein?« Sie kicherte wieder.
»Was willst du damit sagen?« fauchte ich. »Daß beides erstunken und erlogen ist?«
»Nein, Herr«, log Wanda. »Es tut mir leid, wenn ich dich gekränkt habe. Verzeih mir.«
»Noch dieses eine Mal. Aber das nächste Mal lasse ich dich auspeitschen und verkaufen.«
Sie schwieg. Ich nehme an, daß sie breit grinste. Denn wie wollte ein geschäftstüchtiger Mensch eine Sklavin verkaufen, die er kurz zuvor ausgepeitscht hatte? Auch Basilus lachte. Ich bin sicher, daß er kein Auge zumachte, solange noch irgend jemand irgend etwas erzählte. Er war süchtig nach Geschichten. Genau wie ich.
Am nächsten Morgen saßen wir mit Divico und seiner Familie bei Fladenbrot und frischer Ziegenmilch. Wie unter Kelten, die sich besonders schätzen, üblich, wollte mir Divico zum Abschied eine besondere Freude machen.
»Korisios, du solltest deiner Sklavin Wanda die Freiheit schenken. Als Adelige sieht sie viel besser aus.« Divicos Töchter und Enkelkinder lachten vergnügt, und es war mir peinlich, obwohl solche Lügen bei uns Kelten nichts Anrüchiges haben. Das ist unsere Art zu scherzen. Für Außenstehende wie Wanda war das schwer zu verstehen.
»Ich glaube«, begann ich zögerlich, ohne eigentlich zu wissen, worauf ich hinauswollte, »ich habe Wanda gestern zu meiner Frau gemacht, weil sie mir sonst jeder hätte abkaufen wollen.«
Wieder lachten alle vergnügt. Nur Basilus schien besorgt. Auch er hatte die Angewohnheit, alles bis zu seinem schlechtestmöglichen Ende zu denken. Wenn er den Kampf nicht so geliebt hätte, wäre er bestimmt Barde geworden.
Divico erwiderte schmunzelnd: »Das war sehr klug von dir, Korisios. Ich hätte dir bestimmt ein Angebot gemacht. Jetzt, wo ich das weiß, biete ich dir für Wanda ein Tauschgeschäft an.«
Er zeigte auf den römischen Sklaven, der uns gestern den Wein eingeschenkt hatte.
»Das ist Severus. Seinen Vater habe ich vor fünfzig Jahren an der Garumna unter dem Joch hindurchgetrieben. Severus ist zwar schon dreißig, aber stark, zäh und gesund, und obwohl er ein Römer ist, ist er nicht ganz dumm.«
Wieder lachten alle, bis auf Basilus. Ich bekam allmählich ein flaues Gefühl in der Magengegend. Denn obwohl Divico mich wegen meiner Lüge nicht tadeln konnte, hatte er nun das Recht, das Spiel auf die Spitze zu treiben. Das war ein gesellschaftliches Ritual, und war es einmal eröffnet, mußte es mit Anstand und Würde zu Ende gebracht werden. Wanda spürte bereits, daß unsere Stunden als Ehepaar gezählt waren. Ich bedankte mich, wie es sich nun mal gehört, für Divicos Angebot.
»Dein Angebot ist sehr großzügig, Divico. Aber nur dem heldenhaften Bezwinger der römischen Legion an der Garumna gebührt es, seinen Haushalt mit einem lebendigen römischen Sklaven zu schmücken. Ich habe ihn genauso wenig verdient wie die römischen
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